Die elektronische Signatur im Arbeitsrecht

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Immer wieder werden wir von Arbeitgebern bezüglich der Verwendung von "digitalen Unterschriften" kontaktiert. Gerne klären wir dazu auf.

I. Welche elektronischen Signaturen gibt es?

Der Begriff der elektronischen Signatur ist seit Inkrafttreten der EU-Verordnung Nr. 910/2014 (sog. eIDAS-VO) europaweit einheitlich neu geregelt worden. Diese gilt aufgrund des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs (Art. 288 Abs. 2 S. 2 AEUV) ohne weitere Umsetzung des deutschen Gesetzgebers unmittelbar. Mit Wirkung zum 29.07.2017 hat der Gesetzgeber zur besseren Durchführbarkeit das Vertrauensdienstegesetz (VDG) implementiert.

Hinsichtlich der Signaturarten wird zwischen der

  • (einfachen) elektronischen Signatur,
  • der fortgeschrittenen elektronischen Signatur und
  • der qualifizierten elektronischen Signatur

unterschieden.

Die Anforderungen, die an die jeweilige Signatur gestellt werden, ergeben sich aus der EU-Verordnung Nr. 910/2014 (sog. eIDAS-VO).

Bei einer „elektronischen Signatur“ handelt es sich demnach um Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden und die der Unterzeichner zum Unterzeichnen verwendet (Art. 3 Nr. 10 eIDAS-VO). Auch eingescannte Unterschriften sollen hiervon umfasst sein (Baumgärtel / Laumen / Prütting, Handbuch der Beweislast, 4. Auflage 2019, § 126a BGB, Rn. 4).

Eine „Fortgeschrittene elektronische Signatur“ ist nach Art. 3 Nr. 11 eIDAS-VO eine elektronische Signatur, die die Anforderungen des Artikels 26 der eIDAS-VO erfüllen muss.

„Qualifizierte elektronische Signatur“ ist eine fortgeschrittene elektronische Signatur, die von einer qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit erstellt wurde und auf einem qualifizierten Zertifikat für elektronische Signaturen beruht (Art. 3 Nr. 12, 15 und 23 eIDAS-VO).

II. Was bedeutet dies für das Arbeitsrecht?

Im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz der Formfreiheit, d.h. arbeitsrechtliche Verträge können sowohl mündlich als auch schriftlich, ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten abgeschlossen werden (ErfK/ Preis 21. Auflage 2021, § 611a BGB, Rn. 314). Ebenso sind einseitige Erklärungen formfrei möglich und bindend.

Daher ist es auch im Arbeitsrecht – vorbehaltlich der nachfolgenden Ausnahmen– möglich, (einfache) elektronische Signaturen zu verwenden, um wirksame Verträge abzuschließen, sowie verbindliche Erklärungen abzugeben.

Demnach reichen selbst gescannte Unterschriften aus, um rechtlich verpflichtende Bindungen einzugehen.

III. Gibt es Ausnahmen vom Grundsatz der Formfreiheit?

Schreibt das Gesetz die Schriftform – also die eigenhändige Unterschrift vor – kann diese allenfalls durch die qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden (126 Abs. 3 BGB). Denn nur die qualifizierte elektronische Signatur erfüllt die Anforderungen an die sog. elektronische Form nach § 126a Abs. 1 BGB.

Ausschluss der elektronischen Ersetzung

Diese Ersetzung der Schriftform ist jedoch dann nicht möglich, wenn sich aus den gesetzlichen Vorschriften etwas anderes ergibt (§ 126 Abs. 3 2. HS BGB).

Also ist stets dann Vorsicht geboten, wenn das Gesetz für den abzuschließenden Vertrag oder die abzugebende Erklärung die sog. Schriftform verlangt und die Ersetzung der Schriftform durch die sog. elektronische Form ausschließt.

Der Gesetzgeber hat den Anwendungsbereich der elektronischen Form nach §§ 126 Abs. 3, 126a BGB im Arbeitsrecht an verschiedenen Stellen eingeschränkt.

So finden sich u.a. Ersetzungsverbote im Individualarbeitsrecht bei

  • Kündigungen und Aufhebungsverträge, die gemäß 623 BGB der Schriftform bedürfen und wo die Anwendung des § 126a BGB ausgeschlossen ist (BGBl I, S. 1542),
  • bei der Zeugniserteilung (§109 Abs. 3 GewO, § 630 S. 3 BGB, § 16 Abs. 1 S. 2 BBiG)) und
  • dem Nachweis der wesentlichen Arbeitsvertragsbedingungen (§ 2 Abs. 1 S. 3 NachwG; § 11 Abs. 1 S. 1 BBiG; § 11 Abs. 1 S. 1 AÜG iVm. § 2 Abs. 1 S.3 NachwG).

Vor dem Hintergrund, dass das Nachweisgesetz (NachwG) verlangt, dass der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederlegt, die Niederschrift unterzeichnet und dem Arbeitnehmer aushändigt (§ 2 Abs. 1 S. 1 NachwG) ergeben sich bisweilen - noch durch die Rechtsprechung entschiedene - Folgeprobleme.

Da der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in elektronischer Form ausgeschlossen ist (vgl. § 2 Abs. 1 S. 3 NachwG) genügt also die elektronische Form als Schriftformersatz nicht. Die Nachweispflicht entfällt in der Regel dann, wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag mit allen notwendigen Angaben geschlossen wurde. Bei Verwendung der elektronischen Form des Arbeitsvertrages hingegen entfällt der schriftliche Nachweis hingegen nicht.

Die Nachweiserbringung dient dazu, dem Arbeitnehmer eine verlässliche Auskunft über die Arbeitsbedingungen zu geben. Unterlässt der Arbeitgeber die Nachweiserbringung, bleibt hiervon die Wirksamkeit des Arbeitsverhältnisses unberührt. Denkbar wären allenfalls Schadensersatzansprüche, welche jedoch in der Praxis theoretischer Natur bleiben dürften.

Allerdings wären für die Praxis die Rechtsfolgen – nämlich die Nichtigkeit nach § 125 BGB - bei einem Formverstoß gegen das NachwG in den Fällen der Befristungsabrede und der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes schwerwiegend.

Eine Befristungsvereinbarung sollte auch in elektronischer Form nach § 126a BGB getroffen werden können, da § 14 Abs. 4 TzBfG – anders als § 623 BGB für die Kündigung und den Aufhebungsvertrag – die elektronische Form nicht ausschließt (§ 126 Abs. 3 BGB). 

Damit ist vom Gesetzeswortlaut grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, die sog. elektronische Form zu verwenden und damit auf die qualifizierte elektronische Signatur zurückzugreifen. In der Literatur werden jedoch auch gegenteilige Auffassungen vertreten unter Bezugnahme auf den Nachweis der Dauer des Arbeitsverhältnisses gem. § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 NachwG. Sollte das Bundesarbeitsgericht dieser Auffassung folgen, so wäre ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu Stande gekommen.

Bei Vereinbarungen über nachvertragliche Wettbewerbsverbote, die gemäß 74 Abs. 1 HGB der Schriftform bedürfen, ist die elektronische Form ebenfalls nicht explizit ausgeschlossen. Es wird jedoch auch hier von Teilen der Literatur vertreten, dass die elektronische Form nicht genügen soll, um ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot zu begründen.

IV. Fazit

Elektronische Signaturprozesse sind grundsätzlich auch in der Arbeitsrechtswelt möglich umsetzen. Dennoch gibt es weiterhin Ausnahmen von dieser Regel, die unbedingt beachtet werden müssen. Auch bei befristeten Arbeitsverträgen und Vereinbarungen über nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind Arbeitgeber derzeit gut beraten, weiterhin auf Dokumente in Schriftform setzen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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