Die Erwachsenen Adoption- probates Mittel der Reduzierung eines Pflichtteils bzw. der Erbschaftsteuerersparnis?

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Ein Beitrag von Rechtsanwältin, Steuerberaterin und Fachberaterin für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.) Elisa Roggendorff 


Im Hinblick auf die geringen erb- und schenkungssteuerlichen Freibeträge für entfernte Verwandte bzw. nicht Verwandte oder auch aus dem Wunsch heraus Pflichtteilsansprüche zu reduzieren, entstehen Planungen zu einer sogenannten Erwachsenen Adoption. Die Adoption von Erwachsenen ist gegenüber der Adoption von Kindern deutlich seltener. Dabei hängt die Frage, ob eine Erwachsenenadoption stattfinden soll, nicht allein von dem Wunsch der beteiligten Personen ab. Die Gerichte haben vielmehr die gesetzlichen Voraussetzungen zu prüfen. Hier ist ein strenger Maßstab anzulegen, wie zuletzt der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg entschieden hat.


1. Überblick Annahme eines Volljährigen als Kind


1.1     Ein Volljähriger kann als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist, § 1767 BGB. Das ist insbesondere anzunehmen, wenn zwischen der bzw. dem Annehmenden und der bzw. dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist.


1.2     Die Annahme eines Volljährigen als Kind (Adoption) wird auf Antrag der bzw. des Annehmenden und der bzw. des Anzunehmenden vom Familiengericht ausgesprochen. Zuständig ist regelmäßig das Amtsgericht-Familiengericht, in dessen Bezirk die bzw. der Annehmende seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.


1.3      Die Volljährigen-Adoption ist grundsätzlich als Adoption mit schwachen Wirkungen ausgestaltet, d. h. die verwandtschaftlichen Beziehungen der bzw. des Anzunehmenden zu seiner leiblichen Familie werden nicht vollständig gekappt.


2. Voraussetzungen


2.1    Die Annahme als Kind muss grundsätzlich dem Kindeswohl dienen, § 1741 Abs. 1 S.1 BGB. Hierüber entscheidet der Anzunehmende in der Regel durch seinen Adoptionsantrag selbst.


2.2      Weitere entscheidende Voraussetzung der Adoption eines Volljährigen ist gem. § 1767 Abs. 1 Hs. 1 BGB, dass diese sittlich gerechtfertigt ist. Eine sittliche Rechtfertigung der Annahme ist gemäß § 1767 Abs. 1 Hs. 2 BGB insbesondere anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist. Das Eltern-Kind-Verhältnis muss zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Hierzu findet im Adoptionsverfahren im Regelfall eine Anhörung statt.


2.3      Ist das Eltern-Kind-Verhältnis noch nicht entstanden, sind die Motive der Beteiligten eingehend zu würdigen. Die Annahme ist nur dann sittlich gerechtfertigt, wenn die Gründe, die für die Entstehung einer Eltern-Kind-Beziehung sprechen, deutlich überwiegen. Erforderlich ist insoweit eine objektive Erwartung. Verbleiben begründete Zweifel, ist die Adoption durch das Familiengericht abzulehnen. Nebenzwecke, die die Beteiligten verfolgen, schaden jedoch nicht.


2.4  Mit einem Eltern-Kind-Verhältnis unvereinbar sind geschlechtliche Beziehungen. Auch wirtschaftliche Interessen allein sind nicht ausreichend. Bilden diese jedoch einen Nebenzweck der Annahme - wie etwa Ersparnis von Erbschaftsteuer - schaden sie zunächst nicht. Nicht ausreichend sind allein freundschaftliche Beziehungen, das Bestehen einer Hausgemeinschaft, Sicherung der Namensfolge oder das Motiv, den Annehmenden, der Pflegeleistungen erbringt, zu binden. Ebenso kann ein geringer oder ein zu hoher Altersunterschied gegen die Annahme sprechen. Im konkreten Falle, der der Entscheidung des OLG Oldenburg zugrunde lag, wollte ein Ehepaar ihren Urenkel adoptieren. Die leibliche Mutter des Urenkels hatte dem auch zugestimmt. Das OLG entschied- wie das Amtsgericht- gegen den Antrag: Eine Adoption müsse sittlich gerechtfertigt sein. Zunächst sei eine starke innere Verbundenheit im Sinne eines Eltern-Kind-Verhältnisses erforderlich, sowie eine gegenseitige Verpflichtung, dauerhaft füreinander einzustehen. Dies sei hier zwar gegeben. Gegen ein Eltern-Kind-Verhältnis spreche im vorliegenden Falle aber der erhebliche Altersunterschied und das intakte Verhältnis des Urenkels zu seiner leiblichen Mutter. Eine gegenseitige Unterstützung könne auch aus dem bereits bestehenden natürlichen Verwandtschaftsverhältnis erfolgen. Es gebe zudem Anhaltspunkte dafür, dass es vorwiegend um eine günstige Regelung des Nachlasses gehen solle. Bei bestehenden Restzweifeln an einer sittlichen Rechtfertigung sei eine Erwachsenenadoption in der Regel abzulehnen.


3. Verfahrensablauf und benötigte Unterlagen


3.1    Der Antrag der bzw. des Annehmenden und der bzw. des Anzunehmenden muss notariell beurkundet werden. Es sind ferner die notariell beurkundeten Einwilligungserklärungen von folgenden Personen erforderlich:


•           Annehmenden (Adoptiveltern)

•           Angenommenen

•           Ehepartner oder Ehepartnerin des oder der Annehmenden

•           Ehepartner oder Ehepartnerin des oder der Angenommenen, § 1767 Abs. 2 S. 2 BGB


Auch wenn die oder der Anzunehmende selbst Kinder hat, prüft das Gericht, ob deren überwiegende Interessen der Annahme entgegenstehen. Deshalb haben die Kinder beider Parteien ein Anhörungsrecht. Wenn überwiegende Interessen der Kinder von Annehmendem und Anzunehmenden entgegenstehen, darf die Annahme nicht ausgesprochen werden, § 1769 BGB. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn Unterhalts- oder erbrechtliche Ansprüche unangemessen geschmälert werden.


3.2      Dem Familiengericht sind zusammen mit den Ausfertigungen (nicht beglaubigte Abschriften) der Urkunden, die den Antrag sowie die erforderlichen Einwilligungs- bzw. Zustimmungserklärungen enthalten, die nachfolgenden Unterlagen einzureichen:


•           Geburtsurkunden der Annehmenden;

•           Eheurkunde bzw. Lebenspartnerschaftsurkunde der Annehmenden;

•           Staatsangehörigkeitsnachweis der Annehmenden;

•           polizeiliche Führungszeugnisse der Annehmenden;

•           amtsärztliche Gesundheitszeugnisse der Annehmenden;

•           Geburtsurkunde des anzunehmenden Kindes;

•           Staatsangehörigkeitsnachweis des anzunehmenden Kindes;

•           amtsärztliches Gesundheitszeugnis des anzunehmenden Kindes;

•           ggf. Eheurkunde bzw. Lebenspartnerschaftsurkunde des anzunehmenden Kindes.


3.3      Ist der Anzunehmende verheiratet, bedarf es darüber hinaus der Einwilligung seines Ehegatten gemäß § 1749 Abs. 2 BGB. Die Eltern des Anzunehmenden sind anzuhören, wenn die Adoption als sogenannte Erwachsenen-Adoption mit starker Wirkung ausgestaltet werden soll.


3.4  Neben den Notarkosten entstehen in dem Zusammenhang Gerichtskosten für das Adoptionsverfahren.


4. Rechtsfolgen


4.1     Die Annahme eines Volljährigen ist im Gegensatz zur Annahme eines Minderjährigen im Regelfall nach den §§ 1767 ff. BGB mit schwachen Wirkungen ausgestaltet. Der Antrag muss ausdrücklich auf Ausspruch der Volladoption gerichtet sein.


4.2   Der Angenommene scheidet bei einer schwachen Adoption gemäß § 1770 Abs 2 BGB grundsätzlich nicht aus seiner Herkunftsfamilie aus. Soweit das Gesetz nichts anderes vorschreibt, bleiben die Rechte und Pflichten aus dem Verwandtschaftsverhältnis des Angenommenen und seiner Kinder zu ihren Ver-wandten trotz der Adoption bestehen. Das umfasst Unterhaltspflichten aber auch erbschaftsteuerrechtliche Freibeträge.


4.3      Mit der Annahme wird der Angenommene Kind des Annehmenden (§ 1754 BGB). Die Kinder des Angenommenen werden Enkelkinder des Annehmenden, dies gilt sowohl für bereits geborene als auch für noch nicht geborene Kinder des Angenommenen. Im Übrigen beschränken sich die rechtlichen Wirkungen der Adoption nur auf die unmittelbar beteiligten Personen und nicht auf die Verwandten des Annehmenden (§ 1770 Abs. 1 S. 1 BGB).


Fazit

Soweit Sie eine Erwachsenen Adoption erwägen, ist dieser Schritt sorgfältig zu prüfen und die Antragstellung gründlich vorzubereiten. LFR Wirtschaftsanwälte sind Ihr Partner bei Erb-, Unternehmens- und Vermögensnachfolge. Unsere Anwälte beraten seit über 20 Jahren Unternehmer, Erblasser, Erben, Pflichtteilsberechtigte, Testamentsvollstrecker bei allen Fragen der Erbauseinandersetzung, Erbschaftskonflikten wie auch der einvernehmlichen Gestaltung von Testamenten Erbverträgen und anderen Formen der Vermögensübertragung bzw. der vorausplanenden Vermögensnachfolge.

Als qualifizierte Fachanwälte und Fachberater vertreten wir Sie in allen Fragen rund um Erb-, Vermögens- und Unternehmensnachfolge.

Foto(s): https://unsplash.com/de/fotos/OQMZwNd3ThU

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