Die neue CoronaBetrVO ab 15.08.2021

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Die alte CoronaBetrVo für NRW galt noch bis zum 14.08.2021. Pünktlich zum Schulstart am 18.08.2021 gibt es nun seit heute die neue CoronaBetrVO, gültig ab dem 15.08.2021:

https://www.mags.nrw/.../210813_coronabetrvo_vom_13.08...

Was ist neu und was bleibt wie es ist?

Zunächst einmal hat man die VO redaktionell komplett überarbeitet. Die Dinge sind nun wieder etwas übersichtlicher einsortiert und nicht in angehängten Normen untergebracht. Doch das macht eine gute Verordnung nicht aus. Auf den Inhalt kommt es an.

Die "gute Nachricht" zuerst: An der Testpflicht ändert sich nichts. Zwar liegt mir noch nicht die Begründung zur VO vor, doch hat sich am Diktus des entsprechenden Abschnitts nichts geändert. Nach wie vor gilt, dass eine fehlende Testung zum Ausschluss von der schulischen Nutzung führt. Sanktionen, wie man sie in Baden-Württemberg eingeführt hat, sind nicht zu finden. So wird man wohl auch weiterhin auf die Rechtsprechung zur alten CoronaBetrVO zurückgreifen können, wollte ein/e Schüler/in den Test verweigern.

Was indes einigermaßen Kopfzerbrechen bereitet ist der § 2 in dem die Maskenpflicht, oder besser: Was davon übrig ist, geregelt wird.

Ganz besonders fallen unter anderem die Nrn. 2 und 5 in den Fokus. So soll es nach Nr. 2 bis Klasse 8 bei nicht passender medizinischer Maske ausreichend sein, im Notfall sogar einen Schal zu tragen. Außerdem kann mit Nr. 5 der Lehrer entscheiden, dass die Masken "aus pädagogischen Gründen" ganz abgesetzt werden.

Dann kann man es mit dem Maskenschutz in der Schule eigentlich auch gleich lassen. Bei allem anderen als einer medizinischen Maske wissen wir nicht erst seit heute, dass solche Gesichtsbedeckungen absolut keinen Nutzen haben außer das Atmen zu erschweren. Aus pandemischer Sicht ist ein Schal im Gesicht bedeutungslos. Und die Regelung in Nr. 5 ist im Grunde ein Freibrief für alle Pädagogen und Pädagoginnen, die ohnehin der Maskenpflicht kritisch gegenüber stehen, während ihres Unterrichts auf die Masken gänzlich zu verzichten. Irgendein pädagogischer Grund wird sich schon finden lassen. Und welches Schulkind wird sich der Anordnung des Lehrers/in widersetzen, wenn alle anderen die Maske abnehmen.

Angesichts meines letzten Artikels zum Thema Schule in Zeiten der Pandemie (https://www.facebook.com/martin.becker.5055/posts/4137138726323799) sehe ich eigentlich bei diesen Lockerungen angesichts der Delta-Variante und den alarmierenden Zahlen an Infektionen in der Altersklasse der Jugend und dem Umstand, dass andernorts keine Intensivbetten für erkrankte Kinder mehr zur Verfügung stehen, meinen Verdacht als bestätigt.

Außerdem geht mir die neue CoronaBetrVO insoweit nicht weit genug, als dass die Präsenzpflicht nicht aufgehoben wird. Diese Möglichkeit ist, seitdem Baden-Württemberg es vorgemacht hatte, gänzlich aus den Köpfen der Verantwortlichen gestrichen, so scheint es. Dabei würde man damit wenigsten den Kindern eine Chance einräumen, sich nicht einem Ansteckungsrisiko in der Schule aussetzen zu müssen, bei denen der Distanzunterricht in der Vergangenheit gut funktioniert hat, das Elternhaus in der Lage ist, eine vernünftige Lernatmosphäre zu bieten, und die Leistungen dieses auch widerspiegeln. Das wäre gelebter Infektionsschutz. Doch ich befürchte, wie gesagt, dass man diesen an sich gar nicht erreichen will.

Die Bestätigung meiner Theorie kam heute von unerwarteter Stelle: Frau Ministerin Karin Prien (SH) erklärte wörtlich, dass die Maßnahmen an Schulen nicht dem Infektionsschutz der Kinder, sondern ausschließlich deren Angehörigen, also den Erwachsenen, gedient hätten. Da nun aber jeder Erwachsene ein Impfangebot erhalten habe, sei es nicht mehr nötig, diese Bevölkerungsgruppe zu schützen. Abgesehen davon, dass kaum wirklich jeder, insbesondere die 12 bis 17-Jährigen dank der unsäglichen STIKO-Empfehlung, bis heute niemals doppelt geimpft sein können und damit gerade nicht den für Delta so dringend erforderlichen vollen Impfschutz besitzen, und die Aussage damit nur als zynisch zu beschreiben ist, offenbart diese ungewollte Ehrlichkeit, worum es wirklich geht: Die Kinder ungeschützt in den Unterricht zu bringen. Infektionsschutz für die Kinder ist hier tatsächlich nicht das Ziel. Also genau genommen muss man damit vermuten, dass die Maßnahmen letztendlich doch nur den erwachsenen Mitarbeitern der Schule dienen sollen. Und sich daher auch nur daran messen lassen müssen.

Das ist so nicht mehr hinnehmbar. Ich bin mir absolut sicher, dass diese CoronaBetrVO angesichts Delta deutlich hinter dem zurück bleibt, was nach § 28a IfSG umzusetzen gewesen wäre.

Wie ich höre, planen politische Kräfte in Baden-Württemberg, auf die Wiedereinführung der Aufhebung der Präsenzpflicht zu klagen. Das ist insoweit gut, als dass eine Partei hier eher und auf ganz anderer Ebene tätig werden kann, als der Bürger. Diesem bleibt nur das Normenkontrollverfahren um die Vereinbarkeit der jeweiligen Schutzverordnung mit dem IfSG und der Landesverfassung bzw. dem Grundgesetz überprüfen zu lassen. Und das auf eigene Kosten.Mich beschleicht ja das Gefühl, dass man das irgendwie auch einkalkuliert hat.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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