Die Verjährung von Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen bei ärztlichen Behandlungsfehlern

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Hört man im täglichen Sprachgebrauch von Schadensersatzansprüchen aufgrund eines ärztlichen Kunstfehlers, denkt man zunächst an Horrorgeschichten mit offensichtlichen Fehlern der behandelnden Ärzte.

Die Realität zeigt jedoch, dass viele Behandlungsfehler teilweise erst sehr spät oder manchmal auch gar nicht entdeckt werden. Treten nach einer Operation Schmerzen auf, gelten diese oftmals als natürliche Folge des schweren Eingriffs, als Eigenart der Krankheit oder schlichtweg als schicksalhaft.

Während es dem medizinischen Laien dabei unmöglich ist, einen Behandlungsfehler zu erkennen, ist ein Auftreten von Schmerzen nach einer Operation allerdings auch für Mediziner kein unbedingtes Indiz für einen ärztlichen Kunstfehler. Somit bleibt der Patient über einen möglichen Anspruch auf Schadensersatz im Dunkeln. Tritt die Fehlerhaftigkeit des ärztlichen Tuns erst spät zu Tage und wird erst spät ein Anspruch geltend gemacht, wird dem oftmals die Verjährung entgegen gehalten.

Im deutschen bürgerlichen Recht sind Ansprüche in aller Regel nach 3 Jahren verjährt. Gemäß § 199 Absatz 1 BGB beginnt die Verjährung am Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

Im Falle des ärztlichen Behandlungsfehlers wird also nicht nur auf das Datum der Behandlung selbst abgestellt, sondern zusätzlich darauf, dass der Geschädigte von dem Behandlungsfehler Kenntnis hat oder es grob fahrlässig unterließ, über den Behandlungsfehler Kenntnis zu erlangen.

Für den medizinischen Laien soll jedoch daraus kein Schaden erwachsen, dass ihm die Fachkenntnis fehlt. Daher sind sowohl an die Kenntnis über einen Behandlungsfehler als auch an die grob fahrlässige Unkenntnis hohe Anforderungen zu stellen. Der BGH sieht hierbei selbst dann keine grobe fahrlässige Unkenntnis, wenn nach der Operation offensichtlich Schmerzen auftraten, diese aber erst nach Jahren von einem behandelnden Arzt als Ergebnis eines Behandlungsfehlers erkannt werden.

In BGH NJW-RR 2010, 681 führte der BGH aus: 

„In Arzthaftungssachen ist bei der Prüfung, ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt, zu Gunsten des Patienten zu berücksichtigen, dass dieser nicht ohne Weiteres aus einer Verletzungshandlung, die zu einem Schaden geführt hat, auf einen schuldhaften Behandlungs- oder Aufklärungsfehler zu schließen braucht. Deshalb führt allein der negative Ausgang einer Behandlung ohne weitere sich aufdrängende Anhaltspunkte für ein behandlungsfehlerhaftes Geschehen nicht dazu, dass der Patient zur Vermeidung der Verjährung seiner Ansprüche Initiative zur Aufklärung des Behandlungsgeschehens entfalten müsste (vgl. Grothe, in: MünchKomm, § 199 Rdnrn. 30, 39; […]). Denn das Ausbleiben des Erfolgs ärztlicher Maßnahmen muss nicht in der Unzulänglichkeit ärztlicher Bemühungen seinen Grund haben, sondern kann schicksalhaft und auf die Eigenart der Erkrankung zurückzuführen sein.“ 

In dem betreffenden Fall litt eine Frau an Schmerzen, die ihr als unglückliche Folge einer Geburt erschienen. Erst sieben Jahre später erkannte eine Ärztin einen Behandlungsfehler als Ursache. Somit begann die Verjährung auch erst ab diesem Zeitpunkt zu laufen, da sie nun die Kenntnis über den ärztlichen Kunstfehler hatte.

In der Praxis bedeutet das:

Solange es nicht vollends abwegig ist, dass die Schmerzen eine natürliche Folge des Eingriffs oder der aufgetretenen Krankheit sind, bedarf es stets der Einschätzung eines Mediziners selbst, damit von einer Kenntnis des Schadensersatzanspruchs ausgegangen werden kann. Und selbst ob die Natürlichkeit der Schmerzen abwegig ist, bleibt dem medizinischen Laien verborgen, sodass selbst dafür ein Arzt herangezogen werden muss.

Es ist also seltten zu spät für einen Schadensersatz- oder Schmerzensgeldanspruch, wenn erst nach vielen Jahren überraschend einen Behandlungsfehler als Ursache für die auftretenden Schmerzen nach einer Operation erkannt wird.

Sollte bei Ihnen der Verdacht eines ärztlichen Behandlungsfehlers bestehen, beraten und betreuen wir Sie gerne um ihre Behandlung begutachten zu lassen und bei der Geltendmachung des Schadens gegenüber Ihrem Schädiger.


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