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Dienstunfähigkeit im Justizvollzugsdienst

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Das Dienstrecht der Landesbeamten regeln die Länder eigenständig nach den Vorgaben des Beamtenstatusgesetzes. Die Definition der Dienstunfähigkeit bei Justizvollzugsbeamten ist deshalb nicht einheitlich.

Dienstunfähigkeit als Rechtsbegriff

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Dienstunfähigkeit kein rein medizinischer Begriff, sondern eine Rechtsfrage ist. Allgemein wird unter Dienstunfähigkeit verstanden, dass der Beamte wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen  die Anforderungen seines abstrakt-funktionellen Amtes nicht mehr erfüllen kann. Das Amt im funktionellen Sinne bezieht sich auf die dienstlichen Aufgaben des Beamten. Das abstrakt-funktionelle Amt meint in diesem Zusammenhang den Aufgabenkreis, der einem statusrechtlichen Amt entspricht und einem Inhaber dieses Statusamtes bei einer bestimmten Behörde auf Dauer zugewiesen ist.

Zum Amtsbegriff: Bundesverwaltungsgericht - Urteil vom 22.06.2006 - 2 C 26.05

Zum Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit: Bundesverwaltungsgericht – Urteil vom 05.06.2014 – 2 C 22.13

Weiterverwendung vor Zurruhesetzung

Für die Feststellung einer Dienstunfähigkeit reicht es daher nicht aus, dass ein Beamter die Anforderungen seines Dienstpostens nicht mehr erfüllen kann. Solange es in der Beschäftigungsbehörde noch einen Dienstposten gibt, der frei oder demnächst besetzbar ist, der außerdem dem Statusamt des Beamten entspricht und dessen Anforderungen der Beamte erfüllen kann, ist er nicht dienstunfähig. Daraus folgt zunächst, dass die Dienstunfähigkeit nicht vom Amtsarzt, sondern vom Dienstherrn festzustellen ist. Der Amtsarzt ist nur Zuarbeiter. Er stellt die ggf. vorliegenden gesundheitlichen Einschränkungen fest. Der Dienstherr muss auf dieser Basis dann prüfen, ob und inwieweit der Beamte trotz der ärztlich festgestellten Einschränkungen noch einsetzbar ist. Hier sind alle Dienstposten im Geschäftsbereich der Behörde in den Blick zu nehmen. Für Behörden mit mehreren Standorten bedeutet dies, dass der Beamte ggf. auch an einem anderen Dienstort eingesetzt werden kann, wenn seine Gesundheit dies zulässt.

Justizvollzugsdienstunfähigkeit

Diese Regel gilt in den meisten Ländern auch für den Justizvollzug. In einigen Ländern gelten aber Ausnahmen.

Berlin

§ 107 des Landesbeamtengesetzes erklärt die Bestimmungen über die Polizeidienstfähigkeit in § 105 LBG für entsprechend anwendbar. Das bedeutet: „Dienstunfähigkeit liegt vor, wenn die Justizvollzugskraft den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Justizvollzugsdienst nicht mehr genügt und nicht zu erwarten ist, dass sie ihre volle Verwendungsfähigkeit innerhalb zweier Jahre wiedererlangt (Justizvollzugsdienstunfähigkeit), es sei denn, die auszuübende Funktion erfordert bei Beamten auf Lebenszeit diese besonderen gesundheitlichen Anforderungen auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt (funktionsbezogene Dienstfähigkeit).“

Brandenburg, Bremen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen

Übereinstimmende Regelungen gelten auch in Brandenburg (§ 118 LBG), Bremen (§ 114 BremBG, mit dem besonderen Zusatz, dass die besonderen gesundheitlichen Anforderungen an den Justizvollzugsdienst durch die oberste Dienstbehörde zu bestimmen sind), Hessen (§ 114 HBG, wobei in Hessen zur Erstattung von amtsärztlichen Gutachten auch die hierzu von der obersten Dienstbehörde bestimmten Ärztinnen und Ärzte in den Justizvollzugsbehörden sowie die Ärztinnen und Ärzte der Ämter für Versorgung und Soziales befugt sind), Rheinland-Pfalz (§ 118), Saarland (§ 132 SBG, wobei hier auf die dienstlichen Anforderungen der Berufsfeuerwehr in § 131 Abs. 1 SBG verwiesen wird), Schleswig-Holstein (§ 114 mit folgendem Wortlaut: „Beamtinnen und Beamte des Straf- und Abschiebungshaftvollzugs: Auf die Beamtinnen und Beamten der Fachrichtung Justiz in der Laufbahngruppe 1 mit dem zweiten Einstiegsamt in den Laufbahnzweigen allgemeiner Vollzugsdienst, Werkdienst und Abschiebungshaftvollzug finden die §§ 108 und 109 entsprechende Anwendung. Gleiches gilt für Vollzugsdienstleiterinnen und Vollzugsdienstleiter sowie Werkdienstleiterinnen und Werkdienstleiter, die der Fachrichtung Justiz in der Laufbahngruppe 2 mit dem ersten Einstiegsamt angehören“ wobei die Bezugnahme auf § 109 eine entsprechende Anwendung der Polizeidienstunfähigkeit bedeutet), und Thüringen (§ 108).

Nordrhein-Westfalen

In NRW gelten die allgemeinen Regeln, für die ärztliche Untersuchung gilt allerdings ähnlich wie in Hessen, dass vor der Zurruhesetzung von Beamtinnen und Beamten bei Justizvollzugsanstalten wegen Dienstunfähigkeit die ärztliche Untersuchung auch durch ein Gutachten einer oder eines vom Justizministerium bestellten beamteten Vollzugsärztin oder Vollzugsarztes erfolgen kann (§ 117 Abs. 3 LBG).

Übrige Bundesländer

Die anderen Bundesländer enthalten für den Maßstab zur Feststellung der Dienstunfähigkeit keine Sonderbestimmungen. Das bedeutet für das konkrete Verfahren, dass der Dienstherr vor der Entscheidung über die Versetzung in den Ruhestand prüfen muss, ob nicht eine anderweitige Verwendung im gesamten Bereich des Dienstherren, zumindest aber im gesamten Bereich der Justizverwaltung prüfen muss. Zum Umfang der entsprechenden Suchpflicht hat das VG Hannover in einem Urteil vom  19.12.2017 (13 A 2682/16) Stellung genommen, vgl.

Beamtenrecht – Erfolgreiche Klage gegen Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit (hier: Justizvollzug)


Dieser Beitrag dient zur allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Eine individuelle Beratung wird dadurch nicht ersetzt. Jeder einzelne Fall erfordert fachbezogenen Rat unter Berücksichtigung seiner konkreten Umstände. Ohne detaillierte Beratung kann keine Haftung für die Richtigkeit übernommen werden. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit schriftlicher Genehmigung des Verfassers.


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