Diesel-Abgasskandal: nicht auf die EU-Sammelklage warten

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Im Diesel-Abgasskandal kann es demnächst zu Sammelklagen kommen, damit Verbraucherorganisationen künftig vor Gericht Verbraucherklagen gegen unlautere Händler bündeln können. Betroffene Verbraucher sollten dennoch den Weg der Einzelklage gehen, um ihre Ansprüche durchzusetzen, sagt der Mönchengladbacher Dieselanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.

Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten haben sich vor rund einer Woche auf die EU-weite Einführung von Sammelklagen geeinigt. Verbraucher in der EU können ihre Rechte künftig besser gegen große Firmen durchsetzen, heißt es in dem Umfeld. Dadurch wird des Verbraucherschutzorganisationen ermöglicht, grundsätzlich überall in der EU Klagen mehrerer Verbraucher aus demselben Grund und gegen dasselbe Unternehmen zu bündeln. Der französische Christdemokrat und Verhandlungsführer des Parlaments, Geoffroy Didier, betonte, es sei gelungen, ein Gleichgewicht zwischen Verbraucherschutz und juristischer Sicherheit für Unternehmen zu schaffen. EU-Justizkommissar Didier Reynders begrüßte die Einigung.

Die EU-Kommission hatte die Möglichkeit für europäische Verbraucher, gemeinsam juristisch gegen Konzerne vorzugehen, im April 2018 als Reaktion auf den VW-Abgasskandal vorgeschlagen. Die nun vereinbarten Regeln ermöglichten ein „repräsentatives Vorgehen“ in allen Mitgliedstaaten und beinhalteten gleichzeitig „angemessene Garantien vor missbräuchlichen Klagen“, erklärte das Parlament. Im Gegensatz zur in Deutschland zulässigen Musterfeststellungsklage können Verbraucher bei den EU-Kollektivklagen direkt entschädigt werden. Bei der Musterfeststellungsklage wird nämlich nur geklärt, ob die Konsumenten, die sich der Klage angeschlossen haben, überhaupt Anspruch auf Entschädigung haben.

„Das klingt zunächst nach einer interessanten Lösung für betroffene Verbraucher im Diesel-Abgasskandal. Aber zum einen haben die EU-Staaten nach Inkrafttreten der Richtlinie zwei Jahre Zeit, die Regelung in nationales Recht umzusetzen, und weitere sechs Monate um sie anzuwenden. Es dauert also noch eine geraume Zeit, bis Verbraucherschutzorganisationen für Geschädigte gebündelt vorgehen können“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.

„Zum anderen bedeutet die Sammelklage nicht, dass geschädigte Verbraucher im Diesel-Abgasskandal individuell entschädigt werden. Vielmehr steht zu erwarten, dass ihnen allgemein verhandelter Schadensersatz zugesprochen wird, der ihrem individuellen Sachverhalt nicht zwingend gerecht wird“, betont Dr. Gerrit W. Hartung. Er weist daher auf den Weg der Einzel-Betrugshaftungsklage hin. Die deutschen Gerichten urteilen immer wieder sehr verbraucherfreundlich und sprechen den Geschädigten hohe Kompensationen bei Diesel-Abgasmanipulationen zu. „Sie erhalten den Kaufpreis zuzüglich deliktischer Verzugszinsen und müssen sich nur eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen. Dies setzen wir regelmäßig durch. Es ist zu bezweifeln, dass diese Summen auch bei Sammelklagen möglich sind.“

Zumal Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung den zeitlichen Aspekt herausstellt. Er ruft aktuell insbesondere Eigentümer älterer Fahrzeuge, die mit dem Dieselmotor EA 189 ausgestattet sind, dazu auf, sich zügig auf den Klageweg zu begeben. „Wer nicht bis 31. Dezember 2019 geklagt oder sich der Musterfeststellungsklage gegen Volkswagen angeschlossen hat, muss auf die Verjährung beim EA 189 achten. Es könnte zu einer Verjährung der Ansprüche gegen Volkswagen Ende des Jahres 2020 kommen. Diese Zeit sollten betroffene Verbraucher auf jeden Fall nutzen, um für ihren EA 189-Diesel noch Schadensersatz zu erhalten.“ Die Möglichkeit der Sammelklage kann dafür zu spät kommen.



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