Diesel: Verdacht der Abgasmanipulation auch bei Daimler

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Rückruf wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen

Jetzt muss auch Daimler massenhaft Dieselfahrzeuge in die Werkstätten zurückrufen. Eine entsprechende Anordnung hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer erlassen. Grund ist eine unzulässige Abschaltvorrichtung in der Abgasreinigung. Der Rückruf betrifft fast 240.000 Fahrzeuge in Deutschland, neben dem Vito insbesondere die Mercedes-Volumen-Modelle GLC 220d und C 220d. Insgesamt sollen in Europa 774.000 Mercedes-Fahrzeuge betroffen sein.

Wie andere Hersteller auch nutzt Daimler eine Harnstofflösung, um die Abgase zu reinigen – das sogenannte AdBlue. Allerdings verschlechtert sich laut Kraftfahrtbundesamt (KBA) der Wirkungsgrad ohne erklärbaren Grund, sobald der Motor nach dem Start eine bestimmte Menge Stickoxide ausgestoßen hat. Außerdem soll bei einer anderen Softwarefunktion die Motorsteuerung nach etwa 20 Minuten in einen „schmutzigen“ Abgasmodus wechseln. Bei neueren Modellen passiert das offenbar erst nach etwas mehr als einer halben Stunde. Das KBA verdächtigt den Stuttgarter Premiumhersteller, dass die Software-Funktionen in einem Großteil der neueren Euro-6-Diesel-Flotte von Daimler eingesetzt werden.

Schadensersatz von Daimler?

Daimler könnte jetzt – wie schon Volkswagen – eine Klagewelle drohen. Wegen der Abgasmanipulationen des Volkswagen-Konzerns reichten inzwischen zahlreiche Kunden Klage auf Schadensersatz und Rückabwicklung vor etlichen Gerichten in ganz Deutschland ein. Weil Volkswagen eine unzulässige Abschalteinrichtung einsetzte, sprachen diverse Gerichte VW-Kunden mittlerweile aus unterschiedlichen Rechtsgründen Schadenersatz zu. Bei der Beurteilung des VW-Skandals finden die Gerichte – gerade auch im Bremer Umland – teilweise deutliche Worte. Das Landgericht Verden verurteilte Volkswagen Anfang des Jahres zu Schadensersatz wegen Betruges. Das Landgericht Oldenburg warf dem Wolfsburger Autobauer jüngst in Hinweisen ein arglistiges Inverkehrbringen eines mangelhaften Fahrzeugs beziehungsweise Motors vor, dessen Typgenehmigung durch gezielte Manipulation erschlichen worden sei. Sollte sich der Verdacht des KBA bestätigen, dass auch Daimler unzulässige Abschaltfunktionen verwendet hat, wird die inzwischen gegen Volkswagen ergangene Rechtsprechung voraussichtlich übertragbar sein.

Bei unzulässigen Abschaltvorrichtungen: Rückabwicklung

Zudem können auch Gewährleistungsansprüche gegen Autohändler auf Rückabwicklung infrage kommen. Das heißt: Rückgabe des Fahrzeugs gegen Kaufpreiserstattung, wobei die Nutzung anzurechnen ist. Kunden, die einen Neuwagen erworben haben, können ggf. sogar die Lieferung eines neuen Autos verlangen – ohne Nutzungsentschädigung. Auch diesbezüglich gibt es bereits entsprechende Gerichtsentscheidungen.

Probleme nach Software-Update

Es gibt zahlreiche Berichte, wonach die ursprünglich abgasmanipulierten Fahrzeuge von Volkswagen auch nach dem Software-Update die gesetzlichen Emissionsgrenzwerte im Straßenverkehr noch immer nicht einhalten. Außerdem wird über Mehrverbrauch oder höheren Verschleiß berichtet. Vor dem Hintergrund, dass inzwischen viele Kfz-Experten der Ansicht sind, dass das Update die Haltbarkeit des Fahrzeugs reduziert, klagen bereits viele Halter von Diesel-Fahrzeugen auf Schadensersatz und Rückabwicklung.

Fahrzeug-Finanzierung widerrufen

Obendrein sind viele Autofinanzierungen, die mit Verbrauchern abgeschlossen wurden, wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrungen bis heute widerruflich. Unabhängig davon, ob eine Manipulation vorliegt, kann bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung im Regelfall auch nach Jahren noch der Widerruf der Finanzierung erklärt werden. Dann muss der gesamte Fahrzeugkauf rückabgewickelt werden.

Bisher keine „Sammelklagen“ im Abgas-Skandal

Ansprüche im Zusammenhang mit dem Dieselskandal können in Deutschland – noch – nicht in einer Sammelklage geltend gemacht werden. Die Bundesregierung hat allerdings unter dem Eindruck der Abgasaffäre die Einführung einer sogenannten Musterfeststellungsklage auf den Weg gebracht. Sollte diese Möglichkeit geschaffen werden, bleibt abzuwarten, ob das betroffenen Kfz-Haltern in der Praxis tatsächlich hilft. Das aus dem Kapitalmarktrecht bekannte, ähnliche Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz, kurz KapMuG, das dort „Sammelklagen“ ermöglicht, kann zu einer extrem langen Verfahrensdauer führen. Eine „Sammelklage“ nach dem Vorbild des KapMuG wäre für die Halter abgasmanipulierter Fahrzeuge demnach eher „Steine statt Brot“. Deshalb rät die Kanzlei Dr. Ehlers ihren Mandanten, die ihre Ansprüche geltend machen wollen, recht bald eine Klage auf den Weg zu bringen.



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