Drei Wege, der Beitragslast in der PKV zu entgehen

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Welche Möglichkeiten bestehen, um PKV-Beitragserhöhungen effizient abzuwehren?


Was können Privatkrankenversicherte zur Dämpfung der Beitragsentwicklung tun?

Privatkrankenversicherte sehen sich mit einem Dilemma konfrontiert: Auf der einen Seite genießen sie bessere Leistungen als in der gesetzlichen Krankenversicherung, auf der anderen Seite steigen die Beiträge regelmäßig an. Aktuell liegt die Inflation bei + 8,7 % (Inflationsrate), bei + 17,6 % bei den Erzeugerpreisen gewerblicher Produkte. Eine Abkühlung dieses Effekts ist nicht absehbar.

Auch private Krankenversicherer erhöhen regelmäßig die Beiträge. Gegenüber dem Vorjahresmonat März 2021 ist der Beitrag in der privaten Krankenversicherung zwar im Durchschnitt nur um 5,3 % gestiegen. Allerdings betreffen die Beitragserhöhungen nicht alle Privatversicherten und nicht alle Tarife. Einzelne Erhöhungen mit 20 % Beitragsaufschlag und mehr sind bei vielen Gesellschaften an der Tagesordnung.

Für manchen Privatversicherten entwickelt sich die private Krankheitskostenversicherung somit nicht nur zum Luxus, sondern teilweise zu einer wirtschaftlichen Belastung bis hin zur Existenzgefährdung.


Ein Beispiel: Ein heute 35-jähriger Mann, der aktuell einen Versicherungsbeitrag von 500,00 € bezahlt, würde bei einer durchschnittlichen jährlichen Steigerung der Versicherungsprämien um 5 % (also in Fortschreibung der aktuellen Teuerungsrate) zum Zeitpunkt der Erreichung des 65. Lebensjahres einen Versicherungsbeitrag von 2.160,97 € bezahlen. Das entspricht einer Steigerung von 432,19 %.

Wenn der Trend der Inflation und der Teuerung der Prämien weitergeht, dann könnte auch eine 10 %ige jährliche Erhöhung denkbar sein. Mit Zinseszinseffekt könnte hier eine Betragserhöhung bis zum 65. Lebensjahr von 1.744,8 % eintreten.

Was die PKV-Beiträge anbelangt, gibt es im Wesentlichen drei Strategien, diese zu dämpfen:

1. Weg: Abwehr der PKV-Beitragserhöhung gem. §§ 812 BGB, 203 VVG

Grundsätzlich handelt es sich bei dem Krankheitskostenversicherungsvertrag um einen Vertrag. Dieser kann nicht ohne weiteres einseitig geändert werden. Da es sich um ein sehr langfristiges Vertragsverhältnis handelt, hat der Gesetzgeber den privaten Krankheitskostenversicherern mit § 203 VVG die Möglichkeit eröffnet, einseitig die Prämien anzupassen. Der Preis dafür ist die Einhaltung hoher formaler und materiell rechtlicher Anforderungen. Diese waren in der Vergangenheit oft von privaten Krankheitskostenversicherern nicht eingehalten worden. In den letzten Jahren hat sich auch wiederholt der Bundesgerichtshof mit der Frage der Wirksamkeit von PKV-Beitragserhöhungen beschäftigt.

Rechtsprechung zu Beitragserhöhung

Zusammenfassende lässt sich festhalten, dass zwar die sogenannte Unabhängigkeit des Treuhänders nicht überprüft werden kann, wie der BGH 2018 entschieden hat, alle anderen formalen und materiell rechtlichen Voraussetzungen aber der Überprüfung unterliegen. Die Überprüfung von Beitragserhöhungen hat sich zum Massenphänomen entwickelt. Das hat wiederum bei der Versicherungswirtschaft, deren Anwälten aber auch bei Gerichten zu Abwehrstrategien geführt. Am erfolgreichsten ist der Einwand aus dem materiellen Recht, dass der Versicherer entweder nicht die vorgeschriebenen Unterlagen dem sogenannten Aktuar (dem Versicherungsmathematiker, der die Beitragserhöhung gemäß § 203 VVG überprüfen muss) zu übergeben hat oder das die darin enthaltenen Zahlen nicht stimmen oder aber das der Aktuar sich die Unterlagen nicht richtig angesehen hat. Da es sich um der Geheimhaltung unterliegende Unterlagen handelt, erfolgt die Vorlage dieser Informationen nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Verfahren sind oft langwierig und zäh.

Dennoch sind viele Beitragserhöhungen unwirksam und über formale und materiell rechtliche Einwendungen angreifbar. Falls Sie dazu Fragen haben, kommen Sie gerne auf uns zu.


2. Weg: Tarifwechsel innerhalb der Gesellschaft gem. § 204 VVG

Es gibt aber noch einen weiteren, eleganten Weg, um die Prämien nachhaltig zu reduzieren. 

Der Gesetzgeber hat erkannt, dass gerade im Alter die Belastungen mit PKV-Beiträgen enorm und existenzgefährdend sein können. Daher ist die Vorschrift des § 204 VVG geschaffen worden. Nach dieser Vorschrift kann ein Versicherungsnehmer durch einseitige Erklärung in einen anderen Tarif der gleichen Versicherungsgesellschaft wechseln. In der Regel erfolgt dies ohne Leistungseinbußen und ohne gesonderte Gesundheitsprüfung.

Es handelt sich bei diesem Recht um eine sog. Holschuld, das heißt der Versicherungsnehmer muss grundsätzlich von sich aus aktiv werden. Wenn der Versicherungsnehmer sich selbst an die Versicherung wendet, wird nach meiner Erfahrung nicht der optimale Tarif vom Versicherer angeboten. Gesetzlich verpflichtet ist der Versicherer nach § 204 VVG nur, geeignete Tarife oder Wechselmöglichkeiten aufzuzeigen. Das kann ein anderer Versicherungstarif, wo auch eine Anpassung der Leistungen sein, etwa Verzicht auf bestimmte Leistungselemente, Schlechterstellung (etwa Einbett- auf Zweibettzimmer oder Mehrbettzimmer umzustellen) oder eine Erhöhung der Selbstbeteiligung sein. Damit ist in der Regel nicht viel gewonnen.

Eine echte Tarifoptimierung findet nur dann statt, wenn ein unabhängiger Berater den optimalen Tarif ermittelt bzw. den optimalen Versicherungsschutz bei möglichst niedrigem Beitrag.

Dabei werden auch Tarife in den Vergleich einbezogen, die vom Versicherer bereits geschlossen worden sind, denn auch in diese kann unter Umständen gewechselt werden. Wir bieten eine solche Beratung an. Dabei wird Ihre aktuelle Versicherungssituation erfasst und unter Berücksichtigung Ihrer persönlichen Bedürfnisse die Möglichkeit eines Tarifwechsels innerhalb der Gesellschaft oder einer ansprechenden Anpassung des Tarifs geprüft. Das Prüfungsergebnis teilen wir Ihnen mit. Parallel dazu würden wir uns an Ihren privaten Krankheitskostenversicherer wenden, um von ihm alternative Angebote einzuholen. In manchen Fällen decken sich hier unsere Ermittlungen mit den Feststellungen oder Angeboten des Versicherers. In vielen Fällen ist aber durch eine unabhängige Beratung mehr zu erreichen, als der Versicherer freiwillig preisgibt.

3. Weg: Wechsel zurück in die GKV

Eine weitere Möglichkeit ist der Wechsel zurück in die gesetzliche Krankenversicherung. Der Weg ist vom Gesetzgeber steinig gestaltet, aber nicht unmöglich. Wir beraten Sie gerne über die Möglichkeiten, den Weg zurück zu finden. 

Berechnung Prämie PKV gegenüber GKV

Erschwerend kommt hinzu, dass die Beiträge in der privaten Krankenversicherung statisch berechnet werden. Das heißt, dass es im Zeitpunkt des Renteneintritts zwar zu einer in der Regel deutlichen Reduzierung des Einkommens bei der Umstellung auf Rente kommt, der PKV-Beitrag aber statisch bleibt. Zwar ist durch sogenannte Altersrückstellungen ein Dämpfungseffekt vorgesehen, der sich aber oft nicht nachhaltig entlastend auswirkt. Anders ist das in der gesetzlichen Krankenversicherung, bei der der Beitrag sich prozentual am Einkommen ausrichtet. Sinkt das Einkommen, etwa durch Verberentung, dann sinkt auch der GKV-Beitrag.

Eine Möglichkeit ist tatsächlich der Wechsel von der privaten Krankenversicherung in die gesetzliche Krankenversicherung. Der Weg ist hier steinig, aber nicht ganz ungangbar. Es gibt verschiedene Lösungsansätze, die den Wechsel ermöglichen. Es gibt auch Wege, wie man vermeiden kann, auf die gewohnte PKV-Versorgung ganz zu verzichten. Man kann nämlich den PKV-Beitrag auf eine Zusatzversicherung umstellen und damit mit einem Bruchteil des bisherigen Beitrages das gleiche Leistungsniveau aufrechterhalten. Falls Sie hierzu Beratung wünschen, kommen Sie gerne auf mich zu.

Haben wir Ihr Interesse geweckt?

Gerne beraten wir Sie unabhängig über die Möglichkeiten, Beitragserhöhungen in der PKV erfolgreich abzuwenden. Eine Erstberatung können wir Ihnen kostenfrei zur Verfügung stellen.

Nehmen Sie gerne Kontakt auf.

Foto(s): @canva.com

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