Drohende Sperren auf Amazon, eBay, Otto, Kaufland und Co. durch neues Verpackungsgesetz

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Am 14.06.2021 wurde das neue Verpackungsgesetz im Bundesgesetzblatt verkündet, welches für Händler nicht nur erheblichen bürokratischen Mehraufwand bedeutet, sondern auch hohe Abmahnrisiken mit sich bringt. Das Gesetz wird in insgesamt 4 Stufen in Kraft treten. Eine Übersicht der wichtigsten Änderungen und der größten Abmahnfallen finden Sie in unserem Artikel „Abmahnfallen durch neues Verpackungsgesetz“. Dieser Artikel beschäftigt sich mit denen ab dem 01.07.2022 geltenden neuen Prüfpflichten und Vertriebsverbote für Händler, Online-Marktplätze und Fulfillment-Dienstleister, die nicht nur große Abmahnrisiken mit sich bringen, sondern auch eine große Gefahr von Sperren auf Online-Markplätze, wie Amazon, eBay, Otto oder Kaufland mit sich bringen.

Das sind die wichtigsten Neuerungen, die Online-Händler in diesem Zusammenhang unbedingt kennen und auf die Sie sich bereits jetzt vorbereiten sollten:

1. Eigene Prüfplichten der Händler

Durch § 7 Abs. 7 VerpackG gilt ab dem 01.07.2022 ein sogenanntes erweitertes Vertriebsverbot für Verpackung die am Entsorgungssystem zu beteiligen wären, hieran tatsächlich aber nicht beteiligt sind. Hiervon erfasst sind ab dem 01.07.2022 nahezu alle Verpackungsarten (siehe hierzu auch unsere Ausführungen in unserem Artikel „Abmahnfallen durch neues Verpackungsgesetz“). Hersteller dürfen diese Verpackungen dann ab dem 01.07.2022 nicht mehr ohne eine Registrierung im LUCID-Register in Verkehr bringen. Allerdings beschränkt sich dieses Verbot nicht nur auf die Hersteller im Sinne des Verpackungsgesetzes. Sie gilt nach § 7 Abs. 7 S. 2 Fall 1 VerpackG auch für alle nachfolgenden Vertreiber, also für alle Händler auf jeder Vertriebsstufe. Bringt der Händler entgegen  § 7 Abs. 7 S. 2 Fall 1 VerpackG eine Verpackung in den Verkehr, die nicht am Entsorgungssystem beteiligt ist, aber hieran hätte beteiligt werden müssen, stellt dies nicht nur nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 VerpackG eine Ordnungswidrigkeit dar, sondern auch einen Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3a UWG, der wiederum auch durch Mitbewerber abgemahnt werden kann.

Eine der Hauptanwendungsfälle soll nach der Gesetzesbegründung derjenige sein, dass ein im Ausland sitzender Onlinehändler Produkte nach Deutschland anbietet, ohne dass seine Verpackung am Entsorgungssystem beteiligt ist (S. 63 BT-Drs. 19/27634). Dagegen soll Vertriebsverbot nach § 7 Abs. 7 Verpack für Hersteller und Händler dann nicht greifen, wenn ein Hersteller anstelle der Systembeteiligung eine Branchenlösung nach § 8 VerpackG betreibt, weil in diesem Fall die Pflicht zur Systembeteiligung gemäß § 7 Abs. 1 VerpackG entfällt (S. 64 BT-Drs. 19/27634). Unternehmen sollten sich daher auch noch einmal zusätzlich bei Ihren Branchenverbänden informieren, ob und welche Branchenlösungen angeboten werden können.

Daneben gilt für Händler außerdem auch die Prüfpflicht nach § 9 Abs. 5 S. 2 VerpackG. Danach darf ein Vertreiber systembeteiligungspflichtige Verpackungen nicht zum Verkauf anbieten, wenn die Hersteller dieser Verpackungen entgegen § 9 Abs. 1 VerpackG nicht oder nicht ordnungsgemäß registriert sind.

Praktisch bedeutet dies für den Händler, dass er jede Verpackung, die er weiter vertreiben möchte, zunächst mit dem Verpackungsregister LUCID abgleichen sollte, ob die entsprechende Verpackung dort registriert ist. Das Ergebnis des Abgleichs sollte durch den Händler dokumentiert werden. Ist die Verpackung dort nicht, bzw. falsch registriert, sollte die Händler seinen Vorlieferanten auffordern einen entsprechenden Nachweis über die Beteiligung an dem Entsorgungssystem und die ordnungsgemäße Registrierung der Verpackung zur Verfügung zu stellen. Kann der Händler eine Systembeteiligung der Verpackung nicht sicherstellen oder ist die Registerlage unklar, sollte er darauf verzichten, entsprechende Produkte in dieser Verpackung zu vertreiben.

2. Eigene Prüfplichten der Marktplätze 

Ab dem 01.07.2022 greift außerdem eine eigene Verpflichtung für Onlinemarktplatz-Betreiber, dass die bereits das Anbieten von Waren mit nicht am System beteiligten Verpackungen und unregistrierten Verpackungen unterbinden müssen. Danach dürfen Betreiber von elektronischen Marktplätzen gemäß § 7 Abs. 7 S. 2 Fall 2 VerpackG das Anbieten von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen zum Verkauf nicht ermöglichen, wenn sich die Hersteller mit diesen Verpackungen nicht gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 VerpackG an einem System beteiligt haben. Zudem wird das Vertriebsverbot nach § 9 Abs. 5 S. 2 VerpackG für nicht registrierte, bzw. nicht ordnungsgemäß registrierte Verpackungen ausgeweitet. Denn danach dürfen Betreiber von Online-Marktplätzen das Anbieten von Verpackungen zum Verkaufen nicht ermöglichen, wenn der Hersteller die Verpackung nicht oder nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 9 Abs. 1 VerpackG beim Verpackungsregister LUCID registriert hat.

In der Umsetzung dürften die Marktplatz-Betreiber von den Händlern verlangen, dass diese, bevor sie ein neues Produkt einstellen, Angaben zum Hersteller der Verpackung, zur Systembeteiligung der Verpackung und zur Registrierung beim Verpackungsregister LUCID, für das jeweilige Angebot hinterlegen. Diese Informationen werden dann anhand eines Algorithmus mit dem Verpackungsregister LUCID abgeglichen und erst nachdem eine Übereinstimmung vorliegt, freigeschaltet. Zu Problemen dürfte diese Regelung insbesondere dann führen, wenn es zu widersprüchlichen Angaben in den jeweiligen Angaben zu einem Angebot auf einem Markplatz und den im Verpackungsregister hinterlegten Angaben kommt. Denn auch bereits das ermöglichen eines Anbietens einer nicht ordnungsgemäß registrierten Verpackung ist nach der neuen Regelung des § 9 Abs. 5 S. 2 VerpackG unzulässig. Händler sollten hier auch bestehende Angebote rechtzeitig auf eine ordnungsgemäße Registrierung der Verpackung überprüfen. Denn kommt es innerhalb des Algorithmus des Marktplatz-Betreibers zu Unklarheiten, bzw. kann eine entsprechende Registrierung im Verpackungsregister LUCID nicht gefunden werden, steht zu befürchten, dass die Marktplatz-Betreiber die entsprechenden Angebote kurzerhand sperren werden, bzw. einen Anbieter von einer ASIN entfernen werden. Ein solches Angebot wieder freigeschaltet zu bekommen, kann nicht nur erheblichen Aufwand, sondern auch eine geraume Zeitspanne in Anspruch nehmen, wodurch erhebliche Umsatzverluste und ggf. zusätzliche Kosten für Anwälte, etc. entstehen können.

Eine Gefahr für Händler besteht auch dann, wenn Marktplätze entsprechende Beschwerde-Tools für Mitbewerber und Verbraucher einrichten, über welche auch Verstöße gegen das Verpackungsgesetz gemeldet werden können. Denn aufgrund der eigenen Haftung der Marktplätze ist zu befürchten, dass diese, wenn sie eine entsprechende Meldung über einen Verstoß erhalten, das entsprechende Angebot, bzw. den jeweiligen Anbieter zunächst einmal sperren werden und den von der Sperre betroffenen Anbieter dazu auffordern werden, einen Nachweis über die Systembeteiligung sowie die ordnungsgemäße Registrierung der Verpackung des betroffenen Produkts zu erbringen. Bei derartigen Tools kann schnell die Gefahr entstehen, dass diese missbräuchlich durch Mitbewerber verwendet werden, um den Konkurrenten zunächst einmal zu „blockieren“, wodurch er selbst besser, bzw. über einen Marktplatz im Besten Fall sogar „exklusiv“ verkaufen kann.

3. Eigene Prüfplichten der Fulfillment-Dienstleister

Ferner gilt ab dem 01.07.2022 eine eigene Prüfpflicht zur Systembeteiligung der Verpackung und über die Registrierung der Verpackung durch Fulfillment-Dienstleister. Fulfillment-Dienstleister ist nach § 3 Abs. 14c S. 1 VerpackG jede natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft, die im Rahmen einer Geschäftstätigkeit mindestens zwei der folgenden Dienstleistungen für Vertreiber im Geltungsbereich dies Verpackungsgesetzes anbietet:

-Lagerhaltung

-Verpacken

- Adressieren und Versand von Waren, an denen sie kein Eigentumsrecht hat.

Post-, Paketzustell-oder sonstige Frachtverkehrsdienstleister gelten nach § 3 Abs. 14c S. 2 VerpackG nicht als Fulfilment-Dienstleister.

Fulfillment-Dienstleister dürfen gemäß § 7 Abs. 7 S. 3 HS. 1 VerpackG keine dieser oben genannten Tätigkeiten (also Lagerhaltung, Verpacken, Adressieren und Versand von Waren) in Bezug auf systembeteiligungspflichtige Verpackungen erbringen, wenn sich die Hersteller mit diesen Verpackungen nicht gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 VerpackG an einem System beteiligt haben. Das Gleiche gilt, wenn der Hersteller dieser Verpackungen nicht oder nicht ordnungsgemäß nach § 9 Abs. 1 VerpackG registriert ist (§ 9 Abs. 5 S. 3 VerpackG).

Insbesondere „FBA-Händler“ sollten daher rechtzeitig sicherstellen, dass die Verpackung von Produkten die etwa im FBA-Lager eingelagert sind, rechtzeitig und ordnungsgemäß registriert werden, um entsprechende Sperren sowie das Auslagern der eigenen Produkte zu vermeiden.

Sollten Sie wegen eines Verstoßes gegen das Verpackungsgesetz abgemahnt oder gesperrt worden sein, bzw. möchten eine Abmahnung oder Sperre vermeiden, lassen Sie hierzu sich am besten fachkundig beraten.

Gerne helfen wir Ihnen bei Ihren Fragen im Wettbewerbsrecht weiter.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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