Ehescheidung mit oder ohne Trennungsjahr

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Grundsatz

Leben die Ehegatten mindestens ein Jahr voneinander getrennt, entscheidet das Gericht auf Antrag eines oder beider Ehegatten über die Scheidung der Ehe. Voraussetzung für die Ehescheidung ist, dass die Ehegatten ein Jahr voneinander getrennt gelebt haben. Dies bedeutet, dass die eheliche Lebensgemeinschaft zwischen ihnen aufgehoben ist oder nicht mehr besteht und für die Zukunft nicht mehr erwartet werden kann, dass die Ehegatten die Lebensgemeinschaft wieder aufnehmen.

Mit dem Trennungsjahr will der Gesetzgeber voreiligen Ehescheidungen entgegenwirken. Die Eheleute sollen sich in Abstand und ausreichender Dauer überlegen können, an der Ehe festzuhalten oder nicht und diese wieder aufnehmen können.

Voneinander getrennt leben

Voneinander getrennt leben bedeutet, dass die Eheleute mit dem Willen, sich scheiden zu lassen und nach entsprechender Mitteilung dieser Absicht an den anderen Ehegatten, getrennt leben. Getrennt leben bedeutet weiter, dass zwischen den Ehegatten keine häusliche Gemeinschaft bzw. keine wirtschaftliche und eheliche/intime Gemeinschaft mehr besteht. Das alles muss nach außen hin auch erkennbar sein. Am einfachsten ist ein getrenntes Leben in verschiedenen Wohnungen, in der jeder der Ehegatten seinen eigenen Haushalt führt sowie für sich finanziell selbstständig wirtschaftet und sorgt.

Stehen getrennte Wohnungen so einfach oder schnell nicht zur Verfügung, kann das Trennungsjahr auch innerhalb der Ehewohnung absolviert werden. Voneinander getrennt leben innerhalb der gemeinsamen Wohnung setzt ebenfalls voraus, dass man von Tisch und Bett getrennt lebt. So müssen die Ehegatten in verschiedenen Zimmern schlafen, dürfen nichts miteinander unternehmen, jeder sorgt für sich und auch nach außen hin erkennbar dürfen keine gemeinsamen Unternehmungen – wie bei Eheleuten üblich – stattfinden.

Sofern gemeinsame Kinder im Haus leben und sich gemeinsame Tagesabläufe oder Unternehmungen nicht vermeiden lassen, sollten diese auf ein Mindestmaß reduziert werden.

Dokumentation der Trennung nach außen

Will einer der Ehegatten an der Ehe festhalten und sich nicht scheiden lassen, wird dieser im Scheidungsverfahren einwenden, dass ein Trennungsjahr entweder überhaupt nicht begonnen hat oder nicht abgelaufen ist. Um dem entgegenzutreten, hat es der antragstellende Ehegatte schwer, dann den Nachweis zu führen, wenn nach außen hin keine Trennung ersichtlich ist oder Dritten gar nicht aufgefallen bzw. bekannt ist dass die Eheleute ein Jahr getrennt gelebt haben. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens muss ein Richter überprüfen und gegebenenfalls darüber Beweis erheben, dass die Ehegatten getrennt gelebt haben, um dann nach Ablauf des Trennungsjahres im Scheidungsverfahren eine Entscheidung zu treffen.

Scheidung ohne Trennungsjahr

Unter besonderen Voraussetzungen ist eine Härtescheidung möglich. Das Gericht entscheidet bei dieser über die Ehescheidung auch dann, wenn die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt leben. Voraussetzung hierfür sind besondere Gründe, die für den Antragsteller die Fortsetzung der Ehe aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen. Die unzumutbare Härte liegt immer in den Gründen aufseiten des anderen Ehegatten.

Hierbei handelt es sich um eine absolute Ausnahme und es werden strenge Maßstäbe verlangt. Die unzumutbare Härte muss sich auf das Eheband, d.h. das „weiter miteinander verheiratet sein“ richten, nicht bloß auf die Unzumutbarkeit und Fortsetzung des ehelichen Zusammenlebens. Gründe sind z. B. Misshandlungen des anderen Ehegatten und von Familienmitgliedern, schwere Beleidigungen, grobe Ehrverletzungen und demütigende Beschimpfungen sowie zum Beispiel ein Tötungsverdacht der Eltern.

Nicht ausreichend sind dagegen die Aufnahme von außerehelichen Beziehungen, die Verletzung von ehelichen Treuepflichten oder der Geschlechtsverkehr mit der Stieftochter bzw. ein Verhältnis mit Schwager und Schwägerin. Ebenso wenig ausreichend ist, dass einer der Ehegatten eine schnelle Heirat mit seinem neuen Partner beabsichtigt.

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Rechtsanwältin Anett Wetterney-Richter

Fachanwältin für Familienrecht


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