Eigenhändiges Testament trotz Parkinson-Erkrankung?

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Eine Parkinson-Erkrankung führt häufig zu signifikanten feinmotorischen Beeinträchtigungen, die das Schriftbild der Betroffenen stark verändern können. Die Frage, die sich dabei oft stellt, ist, inwiefern solche körperlichen Einschränkungen die Fähigkeit, ein eigenhändiges Testament zu erstellen, beeinflussen oder gar eine Testierunfähigkeit begründen.

Fallbeispiel: Eigenhändiges Testament eines Parkinson-Patienten

Ein markantes Beispiel hierzu liefert ein Fall, der kürzlich vor dem Kammergericht Berlin verhandelt wurde (Beschluss vom 9.5.2023, Az. 6 W 48/22). Ein kinderloser Mann, der seit 2015 an Parkinson litt, verfasste im Jahr 2020 ein eigenhändiges Testament, in dem er seinen Nachbarn als Alleinerben bestimmte. Einige Monate später fügte er hinzu, dass dessen Sohn Ersatzerbe sein solle. Nach seinem Tod im Jahr 2021 entbrannte ein Erbschaftsstreit, als eine Nichte des Verstorbenen, die ein älteres Testament zu ihren Gunsten geltend machte, die Gültigkeit des späteren Testaments anzweifelte.

Parkinson und Testierfähigkeit

Das Gericht stellte klar, dass eine Parkinson-Erkrankung nicht automatisch zu Testierunfähigkeit führt. Obwohl die Krankheit die feinmotorischen Fähigkeiten beeinträchtigt, was sich in Zittern und einer Verlangsamung der Bewegungsabläufe manifestiert, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass die betroffene Person nicht mehr in der Lage ist, ein Testament eigenhändig zu verfassen. Sofern die Person noch schreiben kann und das Gericht die Authentizität der Handschrift anhand von Vergleichen feststellen kann, ist für den Nachweis der Echtheit nicht einmal ein Gutachten eines Schriftsachverständigen erforderlich.

Die rechtliche Einschätzung konzentriert sich auf die kognitive Fähigkeit des Testierenden, die Auswirkungen seiner Entscheidungen zu verstehen und diese frei von krankheitsbedingten Einschränkungen der geistigen Fähigkeiten zu treffen. Parkinson ist eine chronisch fortschreitende, neurodegenerative Erkrankung mit einem variablen Verlauf, die nicht notwendigerweise mit einer Beeinträchtigung der geistigen Fähigkeiten einhergeht. Daher bleibt, sofern keine spezifischen Anzeichen einer Einschränkung der freien Willensbestimmung vorliegen, die gesetzliche Vermutung der Testierfähigkeit bestehen.

Fazit

Dieser Fall verdeutlicht, dass physische Erkrankungen wie Parkinson nicht pauschal zur Annahme von Testierunfähigkeit führen. Vielmehr ist eine differenzierte Betrachtung jedes Einzelfalles erforderlich, um festzustellen, ob die Erkrankung tatsächlich die testamentsrechtlichen Fähigkeiten des Betroffenen beeinträchtigt hat.

Als Fachanwältin für Erbrecht stehe ich Ihnen zur Verfügung, um komplexe Fragen der Testierfähigkeit und andere erbrechtliche Themen kompetent zu adressieren.

Foto(s): @orlowa

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