Elektro- und Elektronikgeräte-Stoff-Verordnung (ElektroStoffV) auch auf Medizinprodukte anwendbar

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Mit Datum vom 09.05.2013 ist die Verordnung zur Beschränkung der Verwendung gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten (ElektrostoffV) in Kraft getreten. Die Verordnung setzt die Vorgaben der RoHS 2-Richtlinie 2011/65/EU[1] um. Das Kürzel RoHS steht dabei für „Restriction of Hazardous Substances“. Schon mit der RoHS 1-Richtlinie 2002/95/EG[2] sollte mit Wirkung ab dem 1. Juni 2006 die Verwendung bestimmter Stoffe wie Blei, Quecksilber oder giftige Flammschutzmittel, die die Umwelt und die menschliche Gesundheit gefährden können, in elektrischen und elektronischen Geräten beschränkt werden. Die RoHS-Richtlinien fügen sich dabei in ein Konzept der EU-Gesetzgebung (sog. Extended Producer Responsibility – EPR) ein, das den gesamten Produktzyklus eines Produkts betrachtet und den Hersteller verstärkt in die Pflicht nimmt, wobei die EU bei den Elektro- und Elektronikaltgeräten den größten Handlungsbedarf sah. Ziel dieser Maßnahmen ist, u.a. durch produktbezogene Stoffverbote oder -beschränkungen Einfluss auf den Herstellungsprozess und damit auf die Abfallvermeidung zu nehmen.

Die Richtlinie 2002/95 EG, die bisher medizinische Geräte nicht umfasste, wurde durch die neue Richtlinie 2011/65/EU aufgehoben. Die Richtlinie 2011/65/EU umfasst nunmehr nach Art. 4 Abs. 3 ausdrücklich auch medizinische Geräte, die ab dem 22.07.2014 in den Verkehr gebracht wurden und gilt für In-vitro-Diagnostika, die ab dem 22.07.2016 in den Verkehr gebrachten werden. Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 S. 1 i.V.m. S. 2 Nr. 8 ElektroStoffV sind von der Verordnung auch medizinische Geräte und somit Medizingeräte i.S. des § 3 Nr. 1 MPG umfasst, sofern es sich um Elektro- und Elektronikgeräte im Sinne des § 2 Nr. 1 ElektroStoffV handelt. Um ein solches Elektro- und Elektronikgerät handelt es sich, wenn es für einen Betrieb mit Wechselstrom von höchstens 1.000 Volt oder für den Betrieb mit Gleichstrom von höchstens 1.500 Volt ausgelegt ist und das entweder zu seinem ordnungsgemäßen Betrieb von elektrischen Strömen oder elektromagnetischen Feldern abhängig ist oder der Erzeugung, Übertragung und Messung solcher Felder und Ströme dient. Erfasst werden von der Verordnung nur neue Geräte, sodass gebrauchte Geräte von Anfang an nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen.

Nach § 3 Abs. 1 ElektroStoffV dürfen Elektro- und Elektronikgeräte (einschließlich Kabel- und Ersatzteile) nur in den Verkehr gebracht werden, wenn die in der Vorschrift genannten Höchstkonzentrationen an Blei, Quecksilber, sechswertigem Chrom, polybromiertem Biphenyl (PBB), polybromierten Diphenylethern (PBDE) oder Cadmium nicht überschritten werden. Die Stoffbeschränkungen beziehen sich dabei aber nicht auf das Medizinprodukt als Ganzes, sondern auf dessen homogene Werkstoffe, die in § 2 Nr. 19 ElektroStoffV legaldefiniert sind. Von der ElektroStoffV gem. § 1 Abs. 2 Nr. 8 bisher (noch) ausgenommen sind aktive, implantierbare medizinische Geräte. Es kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass zukünftig auch diese Medizinproduktkategorie in die Verordnung aufgenommen wird. Ebenfalls von den Stoffbeschränkungen ausgenommen sind gem. § 3 Abs. 3 ElektroStoffV einige medizinische Geräte, die im Anhang IV der Richtlinie aufgeführt sind.

Nur wenn das entsprechende Gerät den Stoffbeschränkungen nach § 3 Abs. 1 ElektroStoffV entspricht und

  • alle erforderlichen technischen Unterlagen erstellt wurden und vorliegen (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1),
  • durch eine interne Fertigungskontrolle der Nachweis für die Einhaltung der Stoffbeschränkungen erbracht wurde (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2) sowie
  • eine EU-Konformitätsbescheinigung gem. § 11 ElektroStoffV ausgestellt (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3) und
  • das CE-Kennzeichen angebracht wurde (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 4),

darf das Gerät in den Verkehr gebracht werden. Mit der CE-Kennzeichnung versehen, kann der Hersteller für seine Geräte die (widerlegbare) Konformitätsvermutung, dass die Geräte den Anforderungen der Verordnung entsprechen, in Anspruch nehmen.

Eine Legaldefinition des Herstellers findet sich in § 2 Nr. 5 ElektroStoffV. Neben der Erfüllung der Anforderungen nach § 3 ElektroStoffV muss der Hersteller auch bestimmte Informations- und Kennzeichnungspflichten erfüllen. Diese sind in § 5 ElektroStoffV geregelt.

Darüber hinaus treffen den Importeuer gem. den Regelungen in § 7 Abs. 1 S. 1 ElektroStoffV bestimmte (Prüf -)Pflichten, insbesondere hinsichtlich:

  • der Einhaltung der Anforderungen an die Geräte nach § 3 Abs. 1,
  • dem Vorliegen der technischen Unterlagen nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1,
  • dem Vorliegen des anbringen des CE-Kennzeichens nach § 12 und
  • der Erfüllung der Kennzeichnungs- und Informationspflichten durch den Hersteller gem. § 5 Abs. 1 und 2.

Hat er hieran Zweifel, darf er das Gerät solange nicht in den Verkehr bringen, bis die Konformität hergestellt wurde. Hierüber muss er sowohl den Hersteller als auch die Behörden informieren (§ 7 Abs. 1 S. 2 ElektroStoffV ) Stellt sich die Nichtkonformität eines Geräts zu einem Zeitpunkt heraus, zu dem sich das Gerät schon auf dem Markt befindet, muss er gem. § 7 Abs. 2 ElektroStoffV durch Maßnahmen sicherstellen, dass die Konformität hergestellt wird, ggf. muss er das Gerät auch vom Markt nehmen oder zurückrufen. Hierüber sind sowohl der Hersteller als auch die Behörden zu informieren.

Auch den Vertreiber treffen gem. § 8 ElektroStoffV entsprechende (Prüf-)Pflichten, die sicherstellen sollen, dass nur konforme und mit CE-Kennzeichen versehene Geräte vertrieben werden. Dabei beschränkt sich die Prüfung darauf, ob das Gerät mit dem CE-Kennzeichen (§ 12 ElektroStoffV) versehen ist und ob die Kennzeichnungspflichten des Herstellers erfüllt wurden. Besteht auch hier der Verdacht, dass das Gerät nicht konform mit den Anforderungen der Verordnung ist, darf der Vertreiber es nicht auf dem Markt bereitstellen (§ 8 Abs. 1 S. 3 ElektroStoffV). Stellt sich auch hier zu einem späteren Zeitpunkt heraus, dass das Gerät nicht den Anforderungen des § 3 ElektroStoffV genügt, muss er gem. § 8 Abs. 2 ElektroStoffV durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass die Konformität des Geräts hergestellt wird oder sogar – wenn dies nicht erfolgt - das Gerät zurücknehmen oder zurückrufen.

Bei nichtkonformen Geräten, obliegt somit dem Hersteller und/oder dem Importeuer und/oder dem Vertreiber die Pflicht, die Konformität durch geeignete Maßnahmen herzustellen oder – erforderlichenfalls – das Gerät vom Markt zu nehmen oder es zurückzurufen. Da eine Rücknahme oder ein Rückruf von Geräten vom Markt einerseits mit einem nicht unerheblichen Aufwand und auch mit einem Imageschaden verbunden sein und andererseits nicht unerhebliche (und vor allem unverhältnismäßig hohe) Kosten verursachen kann, wird man bei solchen Maßnahmen unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes den Pflichtenkanon bestimmen müssen. Eine Rücknahme oder ein Rückruf der Geräte vom Markt muss daher unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfolgen und sollte als letztes Mittel in Betracht kommen. Dies gilt insbesondere dann, wenn von einem nichtkonformen Gerät keine Gefährdung ausgeht.

Die Nichteinhaltung von Pflichten nach der ElektroStoffV kann zu Sanktionen gem. § 14 ElektroStoffV führen. Sie stellen Ordnungswidrigkeiten dar, die mit entsprechenden Bußgeldern mit einer maximalen Höhe bis zu 100.000 Euro belegt werden können. Dies betrifft insbesondere Verstöße gegen § 3 Abs. 1 und 2 ElektroStoffV sowie gegen Kennzeichnungs- und Informationspflichten gem. § 5 Abs. 1 und Abs. 2 ElektroStoffV.

[1] Richtlinie 2011/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten (ABl. L 174 v. 1.07.2011, S. 88)

[2] Richtlinie 2002/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.01.2003 zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten (ABl. L 37 v. 13.02.2003, S. 17)


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