Ende des Arbeitsverhältnisses vor einem vereinbarten Stichtag – Entfällt der Anspruch auf eine vereinbarte Sonderzahlung?

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In vielen Arbeitsverhältnissen haben die Parteien eine Sonderzahlung (zum Beispiel 13. Gehalt, Boni, Tantieme oder Prämien) für den Arbeitnehmer vereinbart, vorausgesetzt, dass das Arbeitsverhältnis noch zu einem bestimmten Zeitpunkt besteht. In der Praxis sieht man regelmäßig Vereinbarungen, nach denen zum Beispiel der Arbeitnehmer eine Sonderzahlung für ein Geschäftsjahr (Bezugszeitraum) erhalten soll, sofern das Arbeitsverhältnis über den 31.03. des Folgejahres hinaus fortbesteht. Sofern die Voraussetzungen für die Sonderzahlung, zum Beispiel Erreichung eines bestimmten Zieles, gegeben sind, soll nach der Vereinbarung der Anspruch auf die Sonderzahlung aufgrund der Stichtagsregelung dennoch entfallen. Grundsätzlich sind folgenden Faktoren bei der rechtlichen Bewertung maßgebend:

  • Wo ist die Vereinbarung geregelt (Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung)?
  • Ist die Sonderzahlung ausschließlich eine Belohnung für die Arbeitsleistung oder zumindest teilweise auch eine Belohnung für die Arbeitsleistung (sogenannte Sonderzahlung mit Mischcharakter) oder besteht kein Bezug zur Arbeitsleistung?
  • Liegt der Stichtag innerhalb oder außerhalb des Bezugszeitraums?

Ob eine solche Stichtagsregelung wirksam ist, hängt stets von der individuellen Regelung ab. Die Rechtsprechung hat jedoch verschiedene sich aus diesen Faktoren ergebende Konstellationen bereits entschieden:

1. Regelung direkt im Arbeitsvertrag

In einem Arbeitsvertrag vereinbarte Stichtagsregelungen für Sonderzahlungen, die auch oder nur die Arbeitsleistung belohnen, sind stets unwirksam, unabhängig davon, ob der Stichtag innerhalb oder außerhalb des Bezugszeitraumes liegt. Nur Sonderzahlungen, die keine – auch nicht teilweise – Belohnung der Arbeitsleistung darstellen, können wirksam mit einer Stichtagsregelung verknüpft werden. Sofern die Stichtagsregelung unwirksam ist und die Sonderzahlung zum Stichtag bereits ausgezahlt wurde, ist eine im Arbeitsvertrag vereinbarte Rückzahlungsklausel ebenso unwirksam.

2. Regelung in einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag

Sofern die Regelung jedoch in einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag enthalten ist, ist diese grundsätzlich wirksam, sofern es sich nicht um eine Sonderzahlung handelt, die ausschließlich die Arbeitsleistung belohnen soll. Stichtagsregelungen für Sonderzahlungen ohne Bezug zur Arbeitsleistung oder Sonderzahlungen mit Mischcharakter sind demnach grundsätzlich wirksam, jedenfalls sofern die Kündigung vom Arbeitnehmer ausgesprochen wurde. Nach der Rechtsprechung entscheiden die Tarifvertragsparteien (Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände/Arbeitgeber) aufgrund der ihnen über das Grundgesetz zugewiesenen Normsetzungsbefugnis selbst über die Vergütung in Tarifverträgen. Entsprechend sind sie auch berechtigt, Bedingungen für den Anspruch auf (Sonder-) Vergütung festzulegen.

3. Regelung in einer Betriebsvereinbarung

Stichtagsregelungen, die in einer Betriebsvereinbarung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber enthalten sind, werden als unwirksam angesehen, sofern die Sonderzahlung zumindest auch teilweise die Arbeitsleistung belohnen soll und der Stichtag außerhalb des Bezugszeitraums liegt. Auch bei der Frage der Wirksamkeit von Stichtagsregelungen, die zumindest auch teilweise die Arbeitsleistung belohnen und bei denen der Stichtag innerhalb des Bezugsraumes liegt, sprechen gute Argumente für eine Unwirksamkeit der Regelung. Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes hierzu steht jedoch aus.

Praxistipp:

Sonderzahlungen können für beide Vertragsparteien eine Win-Win-Situation darstellen. Die Details sind jedoch für beide Seiten komplex und teilweise von hoher finanzieller Tragweite.

Als Arbeitnehmer ist es wichtig, etwaige Ausschlussfristen (zum Beispiel: Geltendmachung innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit) für die Geltendmachung des Anspruches auf Sonderzahlung zu wahren. Ausschlussfristen können im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung enthalten sein. Die Nichteinhaltung einer wirksamen Ausschlussfrist lässt Ihren Anspruch auf Sonderzahlung entfallen.   

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