Erbengemeinschaft und Erbauseinandersetzung – Wie funktioniert die Aufteilung des Erbes?

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Wenn ein Erblasser mehrere Erben hinterlässt, erben diese den Nachlass zunächst gemeinschaftlich, und müssen diesen gemeinschaftlich verwalten und den gesetzlichen bzw. testamentarischen Verfügungen gemäß aufteilen. Dies wird Erbauseinandersetzung genannt. Erst wenn der Nachlass komplett aufgeteilt ist, kann die Erbengemeinschaft aufgelöst werden und jeder Miterbe über sein Erbteil frei verfügen.

Die Thematik Erbengemeinschaft und Erbauseinandersetzung ist eine ziemlich komplizierte Angelegenheit und birgt das größte Streitpotential und den Hauptgrund für Familienstreit als Folge eines Erbfalles. Im vorliegenden Rechtstipp erfahren Sie in aller Kürze das Wichtigste zu diesem Thema.

Ausführlichere Informationen erhalten Sie hier: → Erbengemeinschaft ; → Erbauseinandersetzung


  • Wie funktioniert eine Erbengemeinschaft?

  • Welche Rechte und Pflichten haben die Miterben?

  • Wie funktioniert die Erbauseinandersetzung?

  • Welche Arten der Nachlassteilung gibt es?

  • Ist eine Erbauseinandersetzung zwingend nötig?

  • Was kostet eine Erbauseinandersetzung?

  • Was passiert, wenn die Erbengemeinschaft sich nicht einigen kann?


Wie funktioniert eine Erbengemeinschaft?


Im Erbfall fällt das Erbe (also das Vermögen, Eigentum, aber auch Vertragsbindungen und Schulden des Erblassers) automatisch an die Rechtsnachfolger des Erblassers, und muss anschließend geordnet, verwaltet, und gemäß gesetzlicher oder testamentarischer Bestimmungen verteilt werden.

Daher bilden die gesetzlichen oder testamentarisch eingesetzten Erben zunächst einmal gemäß § 2032 BGB eine Erbengemeinschaft. Diese hat die Rechtsform einer „Gesamthandsgemeinschaft“, das bedeutet, dass bis zur abschließenden Aufteilung „alles allen gehört“. 

Die Erbengemeinschaft hat die Aufgabe, den Nachlass zu katalogisieren (Nachlassverzeichnis), zu verwalten, Nachlassverbindlichkeiten zu begleichen, und den Nachlass unter sich aufzuteilen.

Alle Entscheidungen bezüglich des Nachlasses sind per Abstimmung zu fällen. Das Gewicht der Stimmen einzelner Miterben richtet sich nach ihrer Erbquote, also ihrem prozentualen Anteil am Erbe gemäß Testament. Alle Beschlüsse sollten schriftlich festgehalten werden. Jeder Miterbe ist zur Mitwirkung verpflichtet. Verstößt ein Miterbe gegen gemeinschaftliche Beschlüsse, kann dagegen geklagt werden.


Welche Rechte und Pflichten haben die Miterben?

Rechte

  • Jeder Miterbe hat einen Auskunftsanspruch gegen Miterben, Banken, Gläubiger und Hausgenossen des Erblassers. Dieser kann eingeklagt werden.

  • Miterben können über den Nachlass nicht frei verfügen, aber nach Mehrheitsbeschluss einzelne Nachlassgegenstände (ggf. gegen Entschädigung) nutzen.

  • Jeder Erbe kann binnen 6 Wochen nach Kenntnisnahme des Erbfalls sein Erbe ausschlagen, und von der Erbengemeinschaft seinen Pflichtteil verlangen.

  • Wenn ein Erbe durch den Erblasser besonders begünstigt wurde, (zB. Durch Schenkungen) haben die Miterben evtl. Ausgleichsansprüche.

  • Auch haben Miterben, die den Erblasser unentgeltlich gepflegt haben, gegenüber der Erbengemeinschaft Ausgleichsansprüche.

  • Ein Erbe kann sein Erbteil an Miterben oder Dritte verkaufen. Miterben haben ein Vorkaufsrecht.

  • Miterben können Ansprüche gegenüber Nachlassgläubigern alleine im Namen der Erbengemeinschaft geltend machen.

Pflichten

  • Jeder Erbe ist gegenüber Miterben, Vermächtnisnehmern, Nacherben, Pflichtteilsberechtigten, Nachlassgläubigern, und gegebenenfalls Testamentsvollstreckern zur Auskunft verpflichtet.

  • Sofern der Erblasser nicht eine Testamentsvollstreckung angeordnet hat,

    obliegt die Nachlassverwaltung den Miterben.

  • Jeder Miterbe ist zur Zahlung der Erbschaftssteuer verpflichtet.

  • Um den Nachlass teilbar zu machen, müssen Nachlassverbindlichkeiten beglichen werden.

  • Alle Erben haften als Gesamtschuldner für Nachlassverbindlichkeiten, haben dann aber Anspruch auf Ausgleichszahlungen vonseiten der Miterben.

Wie funktioniert die Erbauseinandersetzung


Die Erbauseinandersetzung (also Aufteilung des Nachlasses auf die Miterben) erfolgt entweder gemäß der gesetzlichen Erbfolge oder gemäß der testamentarischen Bestimmungen des Erblassers. Nur durch einstimmigen Beschluss kann die Erbengemeinschaft den Wüschen des Erblassers zuwiderhandeln.

Als Erstes muss der Nachlass teilungsreif gemacht werden. Dazu muss ein Nachlassverzeichnis erstellt werden, dass alle Posten des Nachlasses in Aktiva und Passiva auflistet. Nachlassverbindlichkeiten sind zu begleichen, wofür eventuell Nachlassgegenstände verkauft werden müssen.

Nach Begleichung aller Rechnungen ist für den übrigen Nachlass ein Teilungsplan zu erstellen. Dieser richtet sich entweder nach den testamentarischen Bestimmungen oder nach neuen, einstimmig beschlossenen Teilungsvorstellungen der Erbengemeinschaft. Über diese Teilung wird dann ein Erbauseindersetzungsvertrag aufgesetzt, der, wenn Unternehmen oder Immobilien geteilt werden müssen, notariell beglaubigt werden muss.

Ist die Nachlassteilung erfolgt, erhält jeder Miterbe sein Erbteil und die Erbengemeinschaft löst sich damit auf.


Welche Arten der Nachlassteilung gibt es?


Jeder Nachlass besteht aus Geldwerten und Gegenständen, die für die Teilbarkeit zu einem Nachlassgesamtwert zusammengerechnet werden müssen. Je nachdem, wie der Nachlass konkret aussieht, gibt es hierfür verschiedene Methoden:


a) Liquidation (Gegenstände werden verkauft, sodass nur Geld übrig ist)


b) Realteilung (Miterben erhalten, ungeachtet ihrer Erbquote, die Gegenstände ihrer Wahl, und zahlen ggf. eine Ausgleichszahlung)


c) Naturalteilung (Miterben erhalten Gegenstände ihrer Wahl bis ihre Erbquote erreicht oder knapp unterschritten ist und erhalten den Rest als Geldwert)


d) Aufkauf (Ein Erbe kauft allen Miterben ihr Erbteil ab)


Ist eine Erbauseinandersetzung zwingend nötig?


Die Notwendigkeit einer Erbauseinandersetzung liegt in der Entscheidungsgewalt des Erblassers.

Wenn er einen Alleinerben einsetzt, gibt es nichts zu teilen. Zwei Erben bilden jedoch bereits eine Erbengemeinschaft. Durch minutiöses Zuteilen jedes Nachlassgegenstandes und frühzeitiges Durchplanen der Nachlassverbindlichkeiten kann der Erblasser der Erbengemeinschaft natürlich viel Arbeit und Konfliktpotential abnehmen. Der Erblasser kann theoretisch auch die Erbaufteilung verbieten, was allerdings in den seltensten Fällen sinnvoll ist.

Ansonsten lässt sich eine Erbauseinandersetzung nur vermeiden, wenn alle Miterben sich dagegen entscheiden, und beispielsweise ein Erbe alle Erbteile aufkauft.


Was kostet eine Erbauseinandersetzung?


Die Kosten der Erbauseinandersetzung richten sich nach Ablauf und Dauer derselben. Die zügige und friedliche Auseinandersetzung eines überschaubaren Nachlasses kostet nichts.

Wenn für ein Nachlassverzeichnis ein Gutachter bestellt werden muss, kann dies an die 700€ kosten. Notarkosten belaufen sich auf mindestens 75€.

Im Falle eines Erbenstreites und einer Klage können sich Anwalts- und Gerichtskosten rasch in schwindelnde Höhen auftürmen.

Alle Kosten der Erbauseinandersetzung werden aus dem Nachlass beglichen. Je kostspieliger diese also wird, umso weniger ist am Ende zum Teilen übrig. Im schlimmsten Falle wird der Nachlass komplett aufgezehrt und die Erben müssen draufzahlen.


Was passiert, wenn die Erbengemeinschaft sich nicht einigen kann?


Eine Erbauseinandersetzung bietet endloses Konfliktpotential. Gerade, wenn es um unteilbare Nachlassgegenstände wie Immobilien geht, kann sich die Erbengemeinschaft mangels Entscheidungsfähigkeit vollkommen festfahren.

Als Miterbe hat man dann einige Optionen. Ein Erbe kann sein Erbteil einfach verkaufen und damit aus der Erbengemeinschaft ausscheiden. Das schont nicht nur dessen Nerven, sondern macht, wenn ein anderer Miterbe sein Vorkaufsrecht nutzt, die Erbengemeinschaft auch kleiner, und so eventuell handlungsfähiger. Alternativ gibt es die Möglichkeit, das eigene Erbteil gegen Abfindung an die Erbengemeinschaft insgesamt zur Aufteilung abzugeben (sog. Abschichtung). Hierbei bleibt man allerdings Mitschuldner für Nachlassverbindlichkeiten.

Andere Optionen sind die Beantragung einer Zwangsversteigerung (zu der jeder Miterbe ohne Mehrheitsbeschluss berechtigt ist), oder das letzte Mittel der Klage beim Nachlassgericht. Hierfür muss der Kläger einen Teilungsplan seiner Wahl vorlegen, den das Gericht dann bestätigen oder ablehnen kann. Im Falle einer Bestätigung ist damit die Erbengemeinschaft überstimmt und der Plan wird umgesetzt. Im Falle einer Ablehnung trägt der Kläger die Kosten für nichts.


Bevor man den Klageweg beschreitet, lohnt es sich in jedem Fall, einen Fachanwalt für Erbrecht zu kontaktieren und sich in der Erbauseinandersetzung beraten lassen.

In manchen Fällen kann ein Anwalt auch als Vermittler zwischen den Miterben fungieren, und Lösungsvorschläge für eine festgefahrene Erbauseinandersetzung anbieten.


Wenn Sie in einer solchen Lage sind, oder aber bei Ihrer eigenen Erbplanung fachlichen Rat einholen wollen, berate ich Sie gerne.


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