Ermittlungsverfahren

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Das Ermittlungsverfahren dient der Aufklärung und Verfolgung von Straftaten. Hierbei handelt die Staatsanwaltschaft sowohl als Ermittlungsbehörde als auch als Anklagebehörde und wird in ihrem Wirken durch verschiedene Gesetze, insbesondere durch die Strafprozessordnung (StPO), geleitet.

  1. Einleitung des Ermittlungsverfahrens: Das Verfahren beginnt in der Regel mit dem Verdacht einer Straftat. Dieser Verdacht kann durch eine Strafanzeige, einen Strafantrag, im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle oder durch Ermittlungen der Staatsanwaltschaft selbst entstehen. Gemäß § 152 Abs. 2 StPO ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, bei zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Straftat ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.

  2. Ermittlungstätigkeiten: Die Staatsanwaltschaft leitet die Ermittlungen und kann dabei auf die Unterstützung der Polizei zurückgreifen. Die Ermittlungshandlungen umfassen eine Vielzahl möglicher Maßnahmen wie Zeugenbefragungen, Durchsuchungen (§ 102 ff. StPO), Beschlagnahme (§ 94 ff. StPO), Überwachungsmaßnahmen und weitere. Ziel ist die Sammlung von Beweismitteln zur Aufklärung des Sachverhalts.

  3. Entscheidung über das weitere Vorgehen: Nach Abschluss der Ermittlungen muss die Staatsanwaltschaft entscheiden, wie weiter verfahren wird. Dies hängt vom Ergebnis der Ermittlungen ab. Mögliche Entscheidungen sind:

    • Einstellung des Verfahrens bei fehlendem Tatnachweis oder aus anderen Gründen (§§ 170 Abs. 2, 153, 153a StPO),

    • Erlass eines Strafbefehls bei minderschweren Delikten (§ 407 StPO),

    • Anklageerhebung bei ausreichendem Tatverdacht und Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung, was zur Hauptverhandlung vor dem zuständigen Gericht führt (§ 170 Abs. 1 StPO).

  4. Zwischenverfahren: Nach Erhebung der Anklage prüft das Gericht, ob es die Anklage zur Hauptverhandlung zulässt (§ 199 StPO). Dieses Stadium wird als Zwischenverfahren bezeichnet.

  5. Hauptverfahren: Bei Zulassung der Anklage folgt das Hauptverfahren. Dieses ist durch die mündliche Verhandlung vor Gericht charakterisiert, in der die erhobenen Beweise präsentiert und geprüft werden. Es endet mit einem Urteil.

Das Ermittlungsverfahren ist somit ein komplexer Prozess, der sowohl die Rechte des Beschuldigten als auch das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung berücksichtigt. Es wird durch die StPO und andere relevante Gesetze sowie durch die Rechtsprechung geprägt.

Die Beiziehung eines Anwalts durch den Beschuldigten im Ermittlungsverfahren ist aus mehreren Gründen empfehlenswert und rechtlich von großer Bedeutung:

  1. Rechtliche Beratung und Vertretung: Ein Anwalt kann den Beschuldigten umfassend über seine Rechte und Pflichten im Ermittlungsverfahren informieren. Er gewährleistet, dass der Beschuldigte keine Aussagen macht oder Handlungen vornimmt, die seine rechtliche Position verschlechtern könnten. Der Anwalt stellt sicher, dass die Rechte des Beschuldigten, wie das Recht zu schweigen, gewahrt bleiben.

  2. Kenntnis des Strafprozessrechts: Ein Rechtsanwalt besitzt fundierte Kenntnisse des Strafprozessrechts und der geltenden Verfahrensregeln. Er kann daher die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der Polizei kritisch begleiten und gegebenenfalls rechtliche Einwände erheben, etwa bei Verstößen gegen Verfahrensvorschriften.

  3. Schutz vor Selbstbelastung: Der Grundsatz "nemo tenetur se ipsum accusare" (niemand ist verpflichtet, sich selbst zu belasten) ist ein wesentliches Prinzip im Strafverfahren. Ein Anwalt kann den Beschuldigten beraten, wann und in welchem Umfang es ratsam ist, eine Aussage zu machen.

  4. Einsicht in die Ermittlungsakte: Der Verteidiger hat das Recht, Einsicht in die Ermittlungsakten zu nehmen (§ 147 StPO). So kann er sich ein umfassendes Bild vom Stand der Ermittlungen machen und die Verteidigungsstrategie entsprechend ausrichten.

  5. Kommunikation mit Behörden: Ein Anwalt kann im Namen des Beschuldigten mit den Ermittlungsbehörden kommunizieren. Dies verhindert, dass der Beschuldigte unter Druck unbedachte Äußerungen macht oder sich in Widersprüche verstrickt.

  6. Vermeidung von Nachteilen: In Ermittlungsverfahren können auch vorläufige Maßnahmen wie Untersuchungshaft oder Beschlagnahme angeordnet werden. Ein Anwalt kann frühzeitig darauf hinwirken, dass solche Maßnahmen vermieden oder abgemildert werden.

  7. Vorbereitung einer effektiven Verteidigung: Schließlich dient die frühzeitige Einbindung eines Anwalts der sorgfältigen Vorbereitung einer effektiven Verteidigung, sei es im Ermittlungsverfahren selbst oder im nachfolgenden Hauptverfahren.

Kontaktieren Sie uns deshalb unbedingt bereits im Ermittlungsverfahren, um Ihre Rechte zu sichern.


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