Erweiterte Akteneinsicht: Wenn die Behörde 'nachsitzen' muss...

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Auch in Ordnungswidrigkeitenverfahren kommt es für eine erfolgversprechende, zielgerichtete Verteidigung des Öfteren auf die Kenntnis von Unterlagen an, die sich nicht der Behördenakte entnehmen lassen, sondern anderweitig (nur) für die Behörde abrufbar sind.  

So mancher Sachbearbeiter gibt sich bei der Anforderung derartiger Unterlagen durch die Verteidigung 'zugeknöpft', verweigert die ihm möglicherweise als Zumutung erscheinende Mehrarbeit, ignoriert den Antrag der Verteidigung und reicht seine Akte kurzerhand an das Gericht weiter. 

Dass das so nicht geht, stellte nun das Amtsgericht Oldenburg klar.

Die Überzeugung nämlich, dass der Verteidiger ein vollumfängliches Einsichtsrecht auch von möglicherweise bei der Behörde (noch) nicht vorliegenden, jedoch bei Dritten abrufbaren Unterlagen hat (auch Rechtsprechung des BVerfG - u. a. BVerfGE vom 12.11.2020 - 2 BvR 1616/18), setzt sich bei immer mehr Amtsgerichten durch:

"In der Bußgeldsache

Verteidiger: 

Rechtsanwalt Kurt Spangenberg, Osterstr. 12, 49661 Cloppenburg

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit  

wird  die  Sache  gemäß  § 69  Abs. 5  des  Gesetzes  über  Ordnungswidrigkeiten  an die Verwaltungsbehörde – Stadt Oldenburg – zur weiteren Sachverhaltsaufklärung mit Zustimmung  der Staatsanwaltschaft Oldenburg zurückverwiesen. 

Gründe:

Der Sacherhalt ist nicht genügend aufgeklärt: 

Der Akte ist nicht zu entnehmen, inwieweit sich die Verwaltungsbehörde mit dem Schriftsatz des Verteidigers vom 25.03.2022 (Blatt 35 der VerwA) auseinandergesetzt  hat  und inwieweit  die  Verwaltungsbehörde  zudem dem geforderten Nachweis zur begutachtenden Stelle bzw. dem ansonsten gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung nachgekommen ist.

Nach Abschluss dieser Ermittlungen wird die Verwaltungsbehörde im Zwischenverfahren nach § 69 OWiG erneut über den Vorwurf zu entscheiden haben."

AG Oldenburg, Beschluss vom 12.05.22 (29 OWi 440 Js 26483/22 (252/22).

Foto(s): Kurt Spangenberg

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