Fahrradverbot wegen Alkohol

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Die Behörden dürfen einem Fahrradfahrer bei hoher Alkoholisierung die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Frage seiner Fahreignung auferlegen. Wird dieses Gutachten nicht vorgelegt, so kann dem Radfahrer das Führen nicht nur von Fahrrädern, sondern jeder Art von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr wirksam verboten werden.

 

Eine derartige Entscheidung hat am 12.8.2020 das Verwaltungsgericht Neustadt ausdrücklich bestätigt. Der Radfahrer war im Straßenverkehr mit einer über 1,6 Promille liegenden Blutalkoholkonzentration angetroffen worden. Die einschlägigen Vorschriften der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) regeln, dass die Fahrerlaubnisbehörde dann, wenn ein Fahrzeug (nicht etwa Kraftfahrzeug) mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr geführt wurde, u. a. zur Vorbereitung von etwaigen Entscheidungen über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen, die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen soll (§ 13 Nr. 2c FeV). ein Ermessen der Behörde ist hier nicht vorgesehen. Diese Gutachtenanordnung hatte die Behörde getroffen, der betroffene Fahrradfahrer jedoch kein Gutachten vorgelegt. Die Behörde untersagte ihm daraufhin die Nutzung jeglicher fahrerlaubnisfreien Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr, also insbesondere auch des Fahrrads.

 

Der Betroffene klagte gegen die Entscheidung und verwies unter anderem darauf, dass er sich ein solches Gutachten nicht leisten könne. Weiterhin machte er nachvollziehbare Ausführungen dazu, weshalb die Nutzung eines Fahrrads für ihn von existenzieller Bedeutung sei.

 

Das Verwaltungsgericht bestätigte jedoch das von der Fahrerlaubnisbehörde ausgesprochene Verbot der Nutzung des Fahrrades und anderer fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr unter Hinweis auf die eindeutige gesetzliche Regelung. Das Gericht stellte heraus, dass die Anordnung der medizinisch-psychologischen Untersuchung und die sich gegebenenfalls anschließende Untersagung der Nutzung des Fahrrades auch unter Rücksichtnahme auf die Einzelfallumstände zulässig und nicht unverhältnismäßig sei, denn den (als durchaus beachtlich angesehenen) Argumenten des Klägers stehe das ebenfalls sehr hoch zu bewertende öffentliche Interesse entgegen, die allgemeine Sicherheit des Straßenverkehrs für die anderen Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten, welche durch die Verkehrsteilnahme eines alkoholbedingt ungeeigneten Fahrradfahrers gefährdet würden, dessen (alkoholisierte) Verkehrsteilnahme auch zu schwerwiegenden Schadensereignissen führen könnte. In einer Gesamtabwägung sei daher die Untersagung der Nutzung des Fahrrads rechtlich nicht zu beanstanden.

 

(VG Neustadt vom 12.8.2020, 1 K 48/20)

 

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass nicht nur Kraftfahrer, sondern letztlich alle Fahrer irgendwelcher Fahrzeuge im Falle einer erheblichen Alkoholisierung mit erheblichen Konsequenzen rechnen müssen. Die von einem alkohol- oder drogenbedingt nicht fahrtauglichen Fahrer ausgehende Gefahr für die anderen Verkehrsteilnehmer wird meist als so schwerwiegend angesehen, dass selbst erhebliche, ja existenzielle Härten, die sich aus der Untersagung des Führens von Fahrzeugen im Straßenverkehr ergeben, in einer Gesamtabwägung dahinter zurückstehen müssen. Ist dies für den Einzelnen auch naturgemäß extrem hart, so wird man doch auch im Auge behalten müssen, dass ein derart hoher Alkoholspiegel im Blut im Normalfall nur mit einer erheblichen Alkoholgewöhnung erreicht werden kann. Der Grenzwert von 1,6 Promille für die zwingende Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung ist so festgelegt, weil aus medizinischer Sicht spätestens ab diesem Wert eine Alkoholproblematik möglich erscheint, insbesondere wenn die betroffene Person trotz der hohen Alkoholisierung überhaupt noch in der Lage ist ein Fahrzeug zur Fortbewegung zu bedienen, und sei es mehr schlecht als recht.


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