Faktencheck: 7 Missverständnisse zum neuen Nachweisgesetz - Welche Pflichten Sie als Arbeitgeber wirklich haben

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Am 1.8.2022 ist ein neues Nachweisgesetz in Kraft getreten. Die vom Bundestag beschlossene Neufassung erfolgte aufgrund einer verpflichtenden europäischen Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen aus dem Jahr 2019. Das Gesetz regelt ausführlich, wie der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer zu den im Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen informieren muss. Im Zuge der Berichterstattung zu der Neufassung des Gesetzes sind teilweise viele Missverständnisse über die tatsächlichen Pflichten aufgekommen, die das Gesetz für Arbeitgeber mit sich bringt.


7 Missverständnisse über die Neuerungen aus Arbeitgebersicht


Missverständnis 1:
„Arbeitsverträge nur noch schriftlich“


Das ist falsch! Auch nach dem neuen Gesetz können Sie jemanden einstellen, ohne einen schriftlichen Vertrag mit ihm zu schließen. Die mündliche Einigung über die Einstellung bleibt möglich und ist genauso verbindlich wie ein schriftlicher Vertrag. Ohne schriftlichen Vertrag geschlossene Arbeitsverhältnisse bleiben gültig. (Aus Beweisgründen sind schriftliche Verträge aber auch für den Arbeitgeber zu empfehlen.)


Missverständnis 2:
„Der Arbeitsvertrag muss all die Informationen enthalten, die das Gesetz aufzählt.“


Auch das ist falsch. Wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen wird, kann man dort durchaus nur wenige wichtige Modalitäten wie Arbeitsaufnahme, Arbeitszeit und Vergütung hineinschreiben und alle andere Angaben zunächst weglassen. Wichtige Unterscheidung: Arbeitsvertrag und Nachweis über die Arbeitsbedingungen sind nicht dasselbe. Das Nachweisgesetz enthält keinerlei Vorschriften für den Arbeitsvertrag, also das Schriftstück, das beide Seiten unterschreiben müssen. Der Nachweis über die Arbeitsbedingungen wird dagegen nur vom Arbeitgeber unterschrieben, und nur für diesen Nachweis gelten die Vorgaben des Nachweisgesetzes. Und auch im Nachweis müssen nur die Punkte des Gesetzes angesprochen werden, die im Arbeitsverhältnis auch tatsächlich eine Rolle spielen. Wo es beispielsweise keine Befristung oder keine Schichtarbeit gibt, brauchen diese Punkte auch nicht erwähnt zu werden.


Missverständnis 3:
„Bestehende Arbeitsverträge müssen umfassend ergänzt oder sogar neu geschrieben werden.“


Das ist größtenteils falsch. Für vor dem 01.08.2022 schon bestehende Arbeitsverhältnisse sind keinerlei Änderungen an den schriftlichen Verträgen nötig, sondern der Arbeitgeber muss lediglich einen Nachweis über die Arbeitsbedingungen ausstellen, wenn der Mitarbeiter es verlangt. Wenn der Nachweis nicht verlangt wird, droht später auch kein Bußgeld, wenn kein Nachweis erstellt wurde. (Bei Neueinstellungen ab 01.08.2022 ist es anders, s.u. Nr. 5.)


Missverständnis 4:
„Nachweis in jedem Fall“


Ebenfalls falsch! Wenn es bereits einen schriftlichen Arbeitsvertrag gibt, in dem alle erforderlichen Angaben stehen, muss der Arbeitgeber keinen zusätzlichen Nachweis über die Arbeitsbedingungen ausstellen.



Missverständnis 5:
„Alle Angaben sofort“
 


Falsch! Bei Neueinstellungen ab dem 01.08.2022 muss zwar auch ohne Verlangen der gesetzliche Nachweis erstellt werden, aber in zeitlich abgestufter Form: Spätestens am ersten Arbeitstag muss der Mitarbeiter einen Nachweis über Name und Anschrift der Vertragsparteien, das Arbeitsentgelt und die Arbeitszeit erhalten. Für den Nachweis über das Datum des Arbeitsbeginns, einer Befristung, den Arbeitsort, die Art der Tätigkeit und die Dauer einer Probezeit hat der Arbeitgeber bis zum 7. Kalendertag nach Arbeitsbeginn Zeit. Und der Nachweis über alle übrigen Angaben nach dem Nachweisgesetz muss erst bis Ende eines Monats nach Arbeitsbeginn vorliegen. (Allerdings dürfte übersichtlicher sein, gleich vor Arbeitsbeginn einen vollständigen Arbeitsvertrag oder Nachweis mit allen notwendigen Angaben zu erstellen.) 


Missverständnis 6:

„Angaben auch bei tariflichen Regelungen“


Stimmt so auch nicht. Das Nachweisgesetz gestattet ausdrücklich, auf geltende Gesetze oder Tarifverträge zu verweisen. Wenn also der tarifliche Urlaub gewährt werden soll, reicht es, im Arbeitsvertrag zum Thema Urlaub auf den Tarifvertrag zu verweisen. 


Missverständnis 7:

„Einstellungen ohne gesetzmäßigen Nachweis sind ungültig“

Das ist grundfalsch. Die Einhaltung der Vorgaben des Nachweisgesetzes haben überhaupt keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des geschlossenen mündlichen oder schriftlichen Arbeitsvertrags. Eingestellt bleibt eingestellt! Bei Missachtung der Vorgaben droht dem Arbeitgeber „nur“ ein Bußgeld, wenn das Gewerbeaufsichtsamt davon erfährt. Deshalb und um Anschwärzungen Dritter oder gar missliebiger Ex-Mitarbeiter vorzubeugen, sollte der Arbeitgeber auf eine genaue Einhaltung der Nachweispflichten achten.

Die Neuerungen sind also bei Weitem nicht so bedrohlich und bedeuten nicht den riesigen bürokratischen Aufwand, der mancherorts an die Wand gemalt wurde.

Wenn Sie gleichwohl sichergehen wollen bei der Umsetzung der gesetzlichen Regelungen und der Ausgestaltung Ihrer Arbeitsverträge, um künftige Probleme mit den Behörden und Mitarbeitern zu vermeiden, helfen wir Ihnen bei Jordan Fuhr Meyer gerne. Rufen Sie uns an.


Foto(s): Jordan Fuhr Meyer

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