Falsche Widerrufsbelehrung im Jahr 2010 erteilt! Gericht verurteilt Versicherer zur Rückabwicklung

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Lebensversicherungsverträge ab 2008

Bereits hinreichend bekannt ist die Möglichkeit, Versicherungsverträge aus dem Zeitraum 1994 bis einschließlich 2007 widerrufen zu können. Wenig Beachtung hat bisher allerdings die Möglichkeit gefunden, auch Verträge mit Abschlussdatum ab dem 01.01.2008 rückabwickeln  zu können. Und dies, obwohl die Rechtsfolgen einer erfolgreichen Rückabwicklung in vielen Fällen wirtschaftlich sogar noch interessanter sind als die Rückabwicklung von Verträgen vor 2004.

Urteil des LG Leipzig

Im Rahmen eines von BEMK vor dem Landgericht Leipzig geführten Verfahren hat das Landgericht Leipzig  festgestellt, dass sich der im März 2010 abgeschlossene Versicherungsvertrag  aufgrund des Widerrufs der Versicherungsnehmerin in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt hat. Ferner hat das Gericht die verklagte Versicherung zu einer umfassenden Vertragsauskunft verurteilt, damit die Ansprüche der Höhe nach beziffert werden können.

Im Rahmen der Entscheidungsgründe hat das Landgericht Leipzig unter anderem festgehalten, dass die von der beklagten Versicherung verwendete Widerrufsbelehrung fehlerhaft war, da über die Rechtsfolgen des Widerrufs nur unvollständig aufgeklärt wurde. Im Rahmen der Belehrungen belehrte der Versicherer lediglich darüber, dass im Falle des Widerrufs bei fehlender Zustimmung zum vorläufigen Beginn des Versicherungsschutzes die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren sind. Ein Hinweis darauf, dass auch gezogene Nutzungen herauszugeben sind, befand sich in den Widerrufsbelehrungen des Versicherers nicht. Dem Einwand des Versicherers, dass eine solche Aufklärungspflicht erst durch die Einführung des Musterwiderrufsbelehrung zum 11.06.2010 entstanden sei, erteilte das LG Leipzig eine klare Absage, da sich diese Pflicht aus dem Gesetz und nicht aus einer Musterwiderrufsbelehrung ergibt.

Ferner hat das Landgericht Leipzig festgestellt, dass die im Antrag vermerkte Zustimmung zum Beginn des vorläufigen Versicherungsschutz mangels drucktechnischer Hervorhebung der Widerrufsbelehrung nicht wirksam war. Dies ist insbesondere für die Rechtsfolgen der Rückabwicklung von Bedeutung. Die Rückabwicklungsberechnung entspricht im Ergebnis dann der Berechnung die auch bei Altverträgen aus 1994-2007 vorzunehmen ist.

Mehrwert für den Versicherungsnehmer

Im konkreten Fall steht der Versicherungsnehmerin im Ergebnis ein Mehrwert im Vergleich zur Kündigung  im Bereich von 30 % zu, was vorliegend einem Betrag in Höhe von über EUR 13.000,00 entspricht.

Betroffene Versicherungsverträge

Das Urteil zeigt auf, dass auch unliebsame Versicherungsverträge aus den Jahren 2008, 2009 und 2010 widerrufen werden können, da die Versicherer in diesen Jahren durchgänig fehlerhafte Widerrufsbelehrungen verwendet haben. Nach der Einführung der Musterwiderrufsbelehrung zum 11.06.2010 hat die Anzahl der fehlerhaften Widerrufsbelehrungen zwar abgenommen, mitunter finden sich aber auch noch in Verträgen aus den Jahren 2011, 2012 und 2013 fehlerhafte Belehrungen.

Betroffene Versicherer

Fehlerhafte Belehrungen aus diesen Jahren sind bei fast allen namhaften Versicherern zu finden. Im vorliegenden Fall war die Klage gegen Canada Life erfolgreich. Diese hatte den Versicherungsvertrag von der Legal & General Assurance Society übernommen. Ähnliche oder gleiche Fehler finden sich jedoch auch bei den meisten anderen Versicherungsgesellschaften wieder. Beispielsweise haben auch die Ergo (Vorsorge) Lebensversicherung, die Axa Lebensversicherung, die Aachen Münchener Lebensversicherung AG (jetzt: Generali Deutschland Lebensversicherung), die DBV Lebensversicherung, die Nürnberger Lebensversicherung, die SV SparkassenVersicherung Lebensversicherung AG  und diverse lichtensteinische Gesellschaften fehlerhaft belehrt. Die Aufzählung ist nur ein kleiner Auszug und nicht abschließend.

Kostenlose Ersteinschätzung

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Brisantes am Rande: 

Im Rahmen des Verfahrens hatte sich der Versicherer damit verteidigt, dass der Auskunftsanspruch nicht besteht, da die begehrten Auskünfte aus dem Online-Einsichtsrecht der Versicherungsnehmerin ersichtlich seien. Im Rahmen einer nachfolgenden Streitwertbeschwerde hatte der Versicherer dann jedoch vorgetragen, dass der Versicherungsverlauf nicht bekannt sei und erst durch Versicherungsaktuare berechnet werden müsse.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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