FAQ zum Sicherheitseinbehalt für Gewährleistungsansprüche

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Dr. Bernd Lorenz hat sich bereits im Jahr 2009 in seinem Aufsatz „Gewährleistungsansprüche in der Insolvenz“ in der Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht (ZInsO 2009, 66-71) mit Einwendungen befasst, die die Kunden eines insolventen Unternehmens erheben, weil ihnen noch Gewährleistungsansprüche zustehen.

Hier hat Dr. Lorenz die wichtigsten Fragen zum Sicherheitseinbehalt für Gewährleistungsansprüche für Sie zusammengestellt:


1. Was ist ein Sicherheitseinbehalt?

Als Sicherheitseinbehalt bezeichnet man den Einbehalt eines Teils der Vergütung durch den Auftraggeber, um eine Sicherheit für eventuell noch auftretende Gewährleistungsansprüche zu haben. Der Auftraggeber läuft nämlich die Gefahr, dass im Falle der Insolvenz des Auftragnehmers seine Gewährleistungsansprüche nicht mehr erfüllt werden.


 2. Wann ist ein Sicherheitseinbehalt zulässig?

Ein Sicherheitseinbehalt für noch nicht aufgetretene Mängel ist nur dann zulässig, wenn er ausdrücklich vertraglich vereinbart wurde. Solche vertraglichen Vereinbarungen werden regelmäßig bei Bauverträgen nach der VOB/B getroffen. In anderen Branchen ist die Vereinbarung eines Sicherheitseinbehalts nicht üblich. Fehlt eine ausdrückliche Vereinbarung ist der Auftraggeber zur sofortigen Zahlung der vollen Vergütung verpflichtet. Der volle Kaufpreis ist nämlich bereits mit Vertragsschluss fällig (§ 271 Abs. 1 BGB). Der volle Werklohn ist mit der Abnahme des Werkes fällig (§ 641 Abs. 1 BGB).


3. Was hat es mit dem Sperrkonto auf sich?

Der Sicherheitseinbehalt muss auf ein Sperrkonto bei einem Kreditinstitut eingezahlt werden (§ 17 Abs. 5, 6 VOB/B). Die Einzahlung auf ein Sperrkonto soll wiederum den Auftragnehmer vor einer Insolvenz des Auftraggebers schützen. Bei dem Sperrkonto handelt es sich um ein normales Bankkonto, Tagesgeldkonto oder Sparbuch. Die Besonderheit liegt darin, dass der Auftraggeber und Auftragnehmer nur gemeinsam verfügungsbefugt sind (sog. „Und-Konto“).


4. Kann die Einzahlung auf ein Sperrkonto oder die Verzinsung des Sicherheitseinbehalts ausgeschlossen werden?

Die Frage, ob und wie die Einzahlung auf ein Sperrkonto ausgeschlossen werden kann, ist noch nicht abschließend entschieden.


Unwirksam ist jedenfalls eine Klausel, nach der der Sicherheitseinbehalt durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden kann (§ 307 Abs. 1 BGB). Aufgrund der Unwirksamkeit der Klausel besteht die Verpflichtung den Sicherheitseinbehalt sofort auszuzahlen.

  • BGH, Beschluss vom 23.06.2005 – VII ZR 277/04
  • BGH, Urteil vom 16.05.2002 – VII ZR 494/00
  • BGH, Urteil vom 05.06.1997 – VII ZR 324/95


Bei Klauseln, bei denen der Sicherheitseinbehalt durch eine gewöhnliche Bürgschaft abgelöst werden kann, bleibt die Verpflichtung zur Einzahlung des Sicherheitseinbehalts auf ein Sperrkonto unberührt. Die Verpflichtung zur Einzahlung auf ein Sperrkonto wird durch eine solche Klausel folglich nicht ausgeschlossen.

  • BGH, Beschluss vom 10.11.2005 – VII ZR 11/04
  • LG Duisburg, Teilurteil vom 19.08.2015 – 26 O 2/15


Eine Klausel, dass die Auszahlung des Sicherheitseinbehalts nur gegen Stellung einer Bürgschaft verlangt werden kann und dass die Anlagepflicht auf einem Sperrkonto nicht gilt, hält das LG Stuttgart für zulässig.

  • LG Stuttgart, Urteil vom 19.02.2014 – 5 S 203/13


Nach zutreffender Auffassung des LG Duisburg ist ein Ausschluss der Verzinsung des Sicherheitseinbehalts unzulässig.

  • LG Duisburg, Teilurteil vom 19.08.2015 – 26 O 2/15


Eine Ausnahme besteht bei öffentlichen Auftraggebern. Öffentliche Auftraggeber können den Sicherheitseinbehalt auf ein Verwahrgeldkonto nehmen (§ 17 Abs. 6 Nr. 4 VOB/B). Sie brauchen den Sicherheitseinbehalt nicht auf ein Sperrkonto einzuzahlen.


5. Wie ist die Rechtslage, wenn der Sicherheitseinbehalt nicht auf ein Sperrkonto eingezahlt wird?

Der Auftragnehmer kann dem Auftraggeber eine Nachfrist setzen. Zahlt der Auftraggeber den Sicherheitseinbehalt auch in der Nachfrist nicht auf ein Sperrkonto ein, ist er zur sofortigen Auszahlung des Sicherheitseinbehalts verpflichtet (§ 17 Abs. 6 Nr. 3 VOB/B). Der Auftragnehmer braucht dann keine Sicherheit mehr zu leisten. Das gilt auch im Falle der Insolvenz des Auftragnehmers.


6. Wann wird der Sicherheitseinbehalt fällig?

Die VOB/B sieht vor, dass der Sicherheitseinbehalt bereits nach zwei Jahren fällig wird (§ 17 Abs. 8 Nr. 2 S. 1 VOB/B). Abweichend davon wird jedoch vielfach vertraglich vereinbart, dass der Sicherheitseinbehalt erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist (vier oder fünf Jahren) fällig wird.


7. Wann verjährt der Sicherheitseinbehalt?

Der Sicherheitseinbehalt verjährt in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB). Die Verjährungsfrist beginnt am Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Sicherheitseinbehalt fällig wurde (§ 199 Abs. 1 BGB). Wurde der Sicherheitseinbehalt auf ein Sperrkonto einbezahlt, wird er nach Ablauf der Einbehaltungsfrist fällig. Wurde der Sicherheitseinbehalt auch in der Nachfrist nicht auf ein Sperrkonto eingezahlt, wird er bereits mit Ablauf der Nachfrist fällig.



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