Flüchtlingsanerkennung bei Verweigerung des Militärdienstes in Syrien?

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 19.11.2020 (Az. C-238/19) entschieden und die Frage, ob wehrpflichtige syrische Flüchtlinge den Flüchtlingsstatus zuerkannt bekommen, nunmehr beantwortet.

Nach der EuGH-Entscheidung vom 19.11.2020 kann den Schutzsuchenden, die aus Syrien wegen des verpflichtenden Wehrdienstes flüchten, der Flüchtlingsschutz nach § 3 AsylG nur in Ausnahmefällen verweigert werden. Entgegen der bisherigen Entscheidungspraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge führt der EuGH in seiner aktuellen Entscheidung aus, dass der Bürgerkrieg in Syrien „durch die wiederholte und systematische Begehung von Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch die Armee unter Einsatz von Wehrpflichtigen" gekennzeichnet sei. Zudem sei zugunsten der Schutzsuchenden, eine Verknüpfung zwischen der Bestrafung und einem der fünf Verfolgungsgründe stark zu vermuten. Die Verweigerung des Militärdienstes sei danach Ausdruck politischer Überzeugungen, religiöser Überzeugungen oder habe ihren Grund in der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. In vorgenannte Fällen können die Verfolgungshandlungen, zu denen diese Verweigerung Anlass geben kann, diesen Gründen zugeordnet werden.

Schlussfolgerung aus der EuGH-Entscheidung:

Aus dem EuGH-Urteil folgt nicht, dass unterschiedslos jedem Syrer im wehrpflichtigen Alter automatisch die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird. Es ist weiterhin im Einzelfall zu prüfen, ob der Schutzsuchende nach seinen Angaben und den von ihm vorgelegten Unterlagen sowie seiner individuellen Lage und seinen persönlichen Umständen tatsächlich den Militärdienst verweigert hat.

Wirklich „neu“ sind die vom EuGH nunmehr vorgegebenen Bewertungen, vor allem die anzunehmende „starke Vermutung“, dass eine tatsächlich erfolgte Militärdienstverweigerung - subjektiv - mit politischer „Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung“ i.S.v. § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG verknüpft ist und - objektiv - eine hohe Wahrscheinlichkeit dafürspricht. Aus der neuen EuGH-Entscheidung folgt daher, dass jeder Sachverhalt einzeln überprüft werden muss.

Gerne berate ich Sie in diesem Bereich. 


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