Frage nach der Strafbarkeit wegen Körperverletzung im Sport - GER-ENG Version

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Generelle Einwilligung beim Sport in Körperverletzung? Entfallen der Rechtswidrigkeit?

Wie so oft heißt es auch im Sport: Zwei Juristen und Anwälte, drei Meinungen...Eine Betrachtung differenziert nicht. Sie geht bei adäquatem also vorhersehbaren regulären Verlauf der Sportart, d.h. wenn sich an die Regeln der jeweiligen Sportart gehalten wird, von einer schlüssig erteilten Einwilligung durch den verletzten Sportler aus ( OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.06.1981- 3 Ss 310/80, in: NJW 1982, 39). 

Dem steht jedoch eine neuere Ansicht entgegen: Bei der strafrechtlichen Haftung von Sportlern sei konkret zwischen den jeweiligen Sportlern zu unterscheiden. Hier ist vor allem ganz wichtig zu differenzieren zwischen Kampfsportarten und anderen Sportarten, wie bspw. Teamsportarten, welche nicht auf die Verletzung des Gegenübers ausgelegt sind und abzielen, hierunter fallen die Leichtathletik, Tennis aber auch der Fussball. Bei Kampfsportarten herrscht jedenfalls allgemeine Übereinkunft, dass eine fahrlässige Körperverletzung und im worst case auch die Tötung nicht strafbar sind, solange sie unter Einhaltung der spezifischen Regeln geschieht. Leichte sportart-typische Regelverstöße führen hier ebenfalls zu keinerlei Strafbarkeit. Vor allem dann, wenn ein grober Regelverstoß vorliegt, wobei im Einzelfall das Verschulden des Sportlers entfällt, sofern man eine subjektive Vorhersehbarkeit durch den Täter verneinen kann. 

Für Sportarten, in denen nicht die Verletzung des Gegenübers Ziel ist, sollen andere Maßstäbe gelten - nämlich die gleichen wie für andere risikobehaftete Teilbereiche des allgemeinen Soziallebens. Demnach entfällt der Unrechtstatbestand, wenn ein Körperverletzungserfolg trotz Einhaltung der Spielregeln geschieht, so der BGH bereits mit Urteil vom 05.11.1974 (BGH – VI ZR 100/73). Das sich daraus ergebende argumentum e contrario besagt, dass folglich jede Regelverletzung, die zu einer Körperverletzung des Mitspielers führt, die Gefahr der Strafverfolgung birgt. Zur Folge hätte dies übervorsichtige Sportler, die aus Befürchtung vor strafrechtlicher Verfolgung Zweikämpfe meiden würden und eine damit einhergehende Spannungseinbuße. Das ist natürlich nicht diskutabel. Ein Foul kann daher nicht schon per se einen derartigen Unrechtsgehalt einer einfachen Körperverletzung haben. 

Die Beurteilung einer Sportverletzung richtet sich daher richtigerweise nach der Sozialadäquanz und ist auch eine Frage des Einzelfalls. Sämtliche sportliche Regeln sind direkt oder indirekt auf den Schutz des Kontrahenten gerichtet. Die strafrechtliche Sanktionierung ist nach der Schwere des Fouls zu bewerten. Das einfache Foulspiel ist also als taktisches Mittel anzusehen und wird zwar sportlich während des Spielverlaufs etwa, aber nicht strafrechtlich geahndet. Es ist demnach als sozialüblich anzusehen, wenn ein Spieler im Übereifer einen Regelverstoß begeht oder dieser aus mangelnder körperlicher Kontrolle resultiert, allein hierin liegt noch keine Sorgfaltspflichtverletzung. 

Im Kontrast dazu stehen selbstverständlich schwere Regelverstöße- der Maßstab ist hier die sogenannte sportliche Compliance. Dies umfasst die Gesamtheit der zumutbaren Handlungen wie auch Unterlassungen, die die Sportregeln begründen. In diesem Zusammenhang wird primär „sportliches Verhalten“ gefordert, was also regelkonformes Verhalten impliziert. Nicht vereinbar ist das allerdings in Einzelfällen, in denen ein leichtes Foul, welchem es aus ethischer Sicht der Allgemeinheit am Unwert fehlt. Abzustellen ist auch hier wieder auf die sportliche Compliance, der Strafanspruch des Staates muss daher dem „sportlichen Verhalten“ weichen. Daher wird die Einwilligung hier quasi als stillschweigende Zusicherung von Straffreiheit durch den Rechtsschutzverzicht des sportlichen Gegenübers verstanden. Damit man eine wirksame Einwilligung abgeben kann, muss man jedoch von denselben geltenden Regeln ausgehen. Sofern der verfolgte Zweck der Schädigung außerhalb der regulären Spielverlaufs liegt- beispielsweise ein persönlicher Konflikt oder ein Racheakt in einer Zwischenpause oder nach Ende des Spiels oder des Kampfes, ist von der erteilten Einwilligung gerade nicht auszugehen. Eine Verletzung, ungeachtet ihrer Schwere oder Intensität, die auf einem unglücklichen Spielverlauf beruht, ist von der gesetzlichen Einwilligung nach § 228 StGB hingegen gedeckt, da ein Verstoß gegen die guten Sitten (§ 228 letzter HS) nicht ersichtlich ist. 

Ein weiterer Beitrag, insbesondere wie es sich mit der Körperverletzung im Sport im Fall des Doping-Einflusses verhält, ist bereits auf anwalt.de vom 16.11. veröffentlicht.


English Version:


General consent for sports in assault? Is there no illegality? 

As it is often the case also in sports, there is a common saying: two lawyers but three opinions ... One view does not differentiate. It goes with an adequate and predictable regular course of the specific sport, i.e. if the rules of the respective sport are adhered to, based on a conclusively given consent by the injured athlete (OLG Karlsruhe, judgment of June 25, 1981-3 Ss 310/80, in: NJW 1982, 39). 

However, a modern view contradicts: When it comes to the criminal liability of athletes, a specific distinction should be made between the respective athletes themselves. It is particularly important to differentiate between martial arts and other sports, such as team sports, which are not designed and aimed at injuring the opposite, including athletics, tennis and football. In the case of martial arts there is a general agreement that negligent bodily harm and, in the worst case, even killing are not punishable as long as they are done in compliance with the specific rules. Slight violations of the rules typical of the sport do not result in any criminal liability. Especially when there is a gross violation of the rules, whereby in individual cases the fault of the athlete does not apply if the perpetrator can deny subjective predictability. 

For sports in which the goal is not to injure the other party, other standards should apply - namely the same as for other risky areas of general social life. According to the judgment of the highest federal court in Germany, BGH on November 5th, 1974 (BGH - VI ZR 100/73), there is no injustice if a result of bodily harm occurs despite compliance with the rules of the game. The resulting argumentum e contrario says that consequently any rule violation that leads to bodily harm to the other player carries the risk of prosecution. As a result, this would have overly cautious athletes who would avoid duels for fear of criminal prosecution and an accompanying loss of tension. This is of course not to discuss. A foul cannot therefore have such an unjust content as simple bodily harm per se. 

The assessment of a sports injury is therefore correctly based on social adequacy and is also a question of the individual case. All sporting rules are aimed directly or indirectly at protecting the opponent. The criminal sanction is to be assessed according to the severity of the foul. The simple foul game is therefore to be seen as a tactical means and is punishable by sport during the course of the game, but not criminally. It is therefore considered socially customary if a player commits a rule violation with excessive zeal or if it results from a lack of physical control; this alone does not constitute a breach of duty of care. 

In contrast, of course, there are serious rule violations - the benchmark here is what is known as sporting compliance. This includes the entirety of reasonable actions as well as omissions that justify the sports rules. In this context, primarily “sporty behavior” is required, which implies behavior that conforms to the rules. However, this is not compatible in individual cases in which a slight foul is lacking in value from an ethical point of view for the general public. The focus here is again on sporting compliance, the state's claim to punishment must therefore give way to "sporting behavior". Therefore, the consent is understood here as a tacit assurance of impunity through the waiver of legal protection by the athletic counterpart. However, in order to be able to give effective consent, one must start from the same applicable rules. If the intended purpose of the damage lies outside the regular course of the game - for example a personal conflict or an act of revenge in an interval or after the end of the game or fight, the consent given is not to be assumed. An injury, regardless of its severity or intensity, which is based on an unfortunate course of the game, is covered by the legal consent according to § 228 StGB, since a violation of morality (§ 228 last HS) is not evident. 

Another blog post, in particular how it relates to bodily harm in sports in the case of doping influence, is already published on anwalt.de on 16th of Nov.


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