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Die schwere Körperverletzung und ihre strafrechtlichen Folgen

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Die schwere Körperverletzung und ihre strafrechtlichen Folgen

Experten-Autorin dieses Themas

Wann spricht man von einer schweren Körperverletzung?

Eine schwere Körperverletzung im Sinne des § 226 Strafgesetzbuch (StGB) liegt vor, wenn die verletzte Person gravierende körperliche oder geistige Folgen durch eine Körperverletzung davongetragen hat. Im Gegensatz zu der gefährlichen Körperverletzung, bei der die erhöhte Strafandrohung an eine besonders gefährliche Ausführung der Tat anknüpft, müssen bei der schweren Körperverletzung konkrete Verletzungsfolgen auftreten, die die Lebensqualität des Opfers dauerhaft verringern. 

Diese Verletzungsfolgen müssen eintreten 

In dem Tatbestand der schweren Körperverletzung nach § 226 StGB sind als schwere Folgen diese Verletzungen genannt: 

  1. Der Verlust des Sehvermögens auf einem Auge oder beiden Augen, des Gehörs, des Sprechvermögens oder der Fortpflanzungsfähigkeit. 
  2. Der Verlust eines wichtigen Gliedes des Körpers oder dessen dauernde Unbrauchbarkeit. 
  3. Die erhebliche, dauernde Entstellung oder der Verfall in Siechtum, Lähmung, geistige Krankheit oder Behinderung. 

Alle diese Verletzungsfolgen haben gemeinsam, dass sie auf unbestimmte Zeit andauern und den Geschädigten nachhaltig beeinträchtigen müssen. 

Die schwere Folge muss nicht absichtlich verursacht worden sein! 

Die schweren Folgen des § 226 StGB müssen nicht absichtlich herbeigeführt worden sein. Es reicht aus, wenn sie fahrlässig verursacht wurden. In der Praxis tritt die fahrlässige Herbeiführung einer schweren Körperverletzungsfolge häufig auf. Insbesondere wenn mehrere Personen an einer körperlichen Auseinandersetzung beteiligt sind, steigt das Risiko der Verursachung von schweren Verletzungsfolgen, ohne dass diese von den Tätern beabsichtigt oder gewollt waren. Die zugrundeliegende Körperverletzung muss in jedem Fall vorsätzlich erfolgt sein. Eine fahrlässige schwere Körperverletzung ist nicht möglich.

Kein Strafantrag für die Verfolgung erforderlich

Die schwere Körperverletzung wird als sogenanntes Offizialdelikt von Amts wegen verfolgt. Die verletzte Person muss also keinen Strafantrag stellen, um die Strafverfolgung des Beschuldigten in Gang zu bringen.

Typische Fälle der schweren Körperverletzung in der strafrechtlichen Praxis

Vor allem bei Schlägen oder Tritten im Kopfbereich kommt es vor, dass der Verletzte auf einem oder beiden Augen nicht mehr richtig sehen kann. Ist das Sehvermögen nur noch auf einzelne Prozent der normalen Sehkraft reduziert, kommt dies einem Verlust gleich. Selbst wenn die Sehfähigkeit durch eine Operation oder Surrogate wieder auf 5 % bis 10 % hergestellt werden könnte, liegt eine schwere Körperverletzung vor. 

Auch die dauerhafte Entstellung in Form von Narben, die etwa durch den Einsatz eines Messers verursacht werden kann, spielt eine große Rolle in der strafrechtlichen Praxis. Doch nicht bei jeder Narbe liegt gleich eine schwere Körperverletzung vor. Entscheidend ist, dass das äußere Erscheinungsbild des Verletzten nachhaltig unästhetisch verändert wird. Die Rechtsprechung fordert dazu, dass andere beim Betrachten der Verletzungen Ekel oder Abscheu empfinden oder den Verletzten deshalb verspotten. Auch wenn der Geschädigte sein Selbstwertgefühl durch die Verletzungen in gravierender Weise verliert, wird eine schwere Körperverletzung angenommen.

Welche Strafe droht bei einer schweren Körperverletzung?

Für eine schwere Körperverletzung sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren vor. In minder schweren Fällen steht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren im Raum. Wer eine schwere Folge absichtlich oder wissentlich verursacht, muss mit einer Freiheitsstrafe von nicht unter drei Jahren rechnen. Auch hier gibt es einen minder schweren Fall, bei dem aber eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren droht. 

Ist eine der schweren Folgen bei dem Opfer eingetreten, kann die Tat nicht mehr mit einer Geldstrafe bestraft werden. Beschuldigten droht immer eine Freiheitsstrafe. Wie hoch die Freiheitsstrafe ausfällt, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Entscheidend für die Strafzumessung sind die Erheblichkeit der Verletzungen des Opfers, die Hintergründe und der Ablauf der Tat sowie etwaige Vorstrafen des Beschuldigten. 

Auch bei Ersttätern muss um die Bewährung gekämpft werden 

Der Umstand, dass sich jemand noch nichts zuschulden hat kommen lassen, wirkt sich positiv auf die Strafzumessung aus. Dennoch müssen auch Ersttäter bei einer Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung mit einer Freiheitsstrafe rechnen. Wenn die Strafe zwei Jahre nicht übersteigt und eine günstige Legalprognose gestellt werden kann, wird die Freiheitsstrafe bei Ersttätern jedoch in der Regel zur Bewährung ausgesetzt. 

Keine Geltung der starren Strafrahmen im Jugendstrafrecht 

Für Jugendliche und Heranwachsende gelten die hohen Strafrahmen des Erwachsenenstrafrechts nicht. Begehen sie eine schwere Körperverletzung, müssen sie nicht zwingend zu einer Jugendstrafe verurteilt werden. Hintergrund ist, dass im Jugendstrafrecht der Erziehungsgedanke im Vordergrund steht. Im Jugendstrafrecht kann daher auch bei einer schweren Körperverletzung noch mit Auflagen wie Antigewalttraining und Schadenswiedergutmachung reagiert werden. Je gravierender jedoch die Folgen für das Opfer sind, desto schwieriger wird die Verteidigung auch bei Jugendlichen. 

Der Versuch einer schweren Körperverletzung ist strafbar 

Auch der Versuch einer schweren Körperverletzung ist strafbar. Das Gesetz erwähnt den Versuch zwar nicht ausdrücklich. Da für eine schwere Körperverletzung aber eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr droht und somit ein Verbrechen vorliegt, ist der Versuch strafbar. Ist die Tat nur versucht, kann sich das auf die zu erwartende Strafe auswirken, denn eine versuchte schwere Körperverletzung kann milder bestraft werden als die vollendete Tat. 

Pflichtverteidigung beim Vorwurf der schweren Körperverletzung

Da es sich bei der schweren Körperverletzung um einen Verbrechensvorwurf handelt, liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung vor. Beschuldigte haben Anspruch auf die Beiordnung eines Pflichtverteidigers. Dies gilt auch, wenn ein Versuch oder ein minder schwerer Fall der schweren Körperverletzung im Raum steht.

Was passiert, wenn das Opfer bei der schweren Körperverletzung stirbt?

Eine schwere Körperverletzung kann im schlimmsten Fall mit dem Tod des Opfers einhergehen. Dann spricht man nicht von einer schweren Körperverletzung mit Todesfolge, sondern von einer Körperverletzung mit Todesfolge. Diese ist in § 227 StGB geregelt. Dass vor dem Tod schwere Verletzungsfolgen bei dem Geschädigten eingetreten sind, kann bei der Strafzumessung berücksichtigt werden.

Wann verjährt eine schwere Körperverletzung?

Eine schwere Körperverletzung verjährt gem. § 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB nach zehn Jahren. Damit kann zehn Jahre nach der Tatbegehung keine strafrechtliche Verfolgung des potenziellen Täters mehr stattfinden. Wie immer gibt es Ausnahmen von dieser Regel, denn die Verjährung kann durch verschiedene Ereignisse unterbrochen werden.

Schmerzensgeld im Strafprozess

Geschädigte können für ihre Verletzungen Schmerzensgeld von dem Beschuldigten verlangen. Der Anspruch auf Schmerzensgeld kann im Zivilrechtsweg oder direkt im Strafverfahren geltend gemacht werden. Die Geltendmachung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Strafverfahren wird als Adhäsionsverfahren bezeichnet. Das Strafgericht kann die Verhandlung über ein Schmerzensgeld nur in Ausnahmefällen ablehnen, etwa wenn dadurch das Strafverfahren erheblich verzögert werden würde. 

Wie hoch fällt das Schmerzensgeld aus? 

In welcher Höhe dem Geschädigten Schmerzensgeld zusteht, hängt nicht nur von der Verletzung, sondern auch von seinen Lebensumständen ab. War jemand beruflich stark auf sein Hörvermögen angewiesen, weil er etwa Pianist war, wird sich dies auch in der Höhe des Schmerzensgeldes widerspiegeln. 

Feste Beträge für einzelne Verletzungen gibt es in Deutschland nicht. Die Gerichte orientieren sich an einer Schmerzensgeldtabelle, in der zu jeder Verletzung gerichtliche Entscheidungen über Schmerzensgeldbeträge aufgeführt sind. Dennoch hängt die Entscheidung immer von den Umständen des Einzelfalls ab. 

Vorladung wegen schwerer Körperverletzung von der Polizei erhalten?

Wer als Beschuldigter eine Vorladung oder einen Anhörungsbogen von der Polizei bekommt, sollte sich dringend anwaltliche Hilfe suchen, denn ein Strafverfahren wegen schwerer Körperverletzung kann im schlimmsten Fall zu einer Gefängnisstrafe führen. Sich bei diesem Vorwurf selbst zu verteidigen, sollte keine Option sein. 

Wenden Sie sich bei einem Strafverfahren wegen schwerer Körperverletzung an einen erfahrenen Strafverteidiger, lassen Sie Akteneinsicht beantragen und geben Sie erst danach in Absprache mit Ihrem Anwalt eine Stellungnahme ab. Nur auf diese Weise können Sie sich effektiv gegen den Vorwurf verteidigen. 

Foto(s): ©Adobe Stock/Adobe Stock_methaphum

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