Führerscheinkontrolle bei Notarzt?

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Die Zusammenarbeit zwischen Durchführenden und Notärzten ist selten über die historische Praxis hinaus festgelegt worden. Sie wurde weder dokumentiert noch juristisch begleitet. Die übliche Aussage hierzu lautet: „Das haben wir schon immer so gemacht.“ Dies verursacht vor allem bei Änderungen zuweilen Missverständnisse auf beiden Seiten. Nach Problemen mit Honorarabrechnung und Zulassung drohen den bayerischen Notärzten vermeintlich Fahrerbelehrung und Führerscheinkontrollen.

Kann der Durchführende des Rettungsdienstes in Bayern als Halter eines Notarzt-Einsatzfahrzeugs (NEF) die Vorlage eines Führerscheins von einem selbstfahrenden Notarzt verlangen? 

Ja, er kann und er muss das sogar.

Zwar besteht kein unmittelbares Vertragsverhältnis zwischen Notarzt und dem Durchführenden*. Der Notarzt ist auch nicht bei den Durchführenden angestellt. Nach dem Willen des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes (BayRDG) schließt der Zweckverband für Feuerwehr- und Rettungsdienstalarmierung mit den Durchführenden öffentlich-rechtliche Verträge über die Vorhaltung der NEF und Fahrer. Mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) gemeinsam stellen die Zweckverbände die Mitwirkung der Notärzte sicher. Die Nutzung der NEF schließlich soll durch einen Vertrag zwischen der KVB und den Durchführenden geregelt werden. 

[*Durchführende sind die mit dem Rettungsdienst beauftragten Hilfsorganisationen bzw. privaten Unternehmen.] 

Prüfpflichten des Fahrzeughalters

Jedoch bestimmt § 21 Straßenverkehrsgesetz (StVG), dass der Halter sicherstellen muss, dass der Fahrer über die notwendige Fahrerlaubnis verfügt. Halter des NEF ist der Durchführende. Das Gesetz unterscheidet dabei nicht zwischen Mitarbeitern oder sonstigen Dritten. Der Durchführende muss also eine Führerscheinkontrolle durchführen – sowohl bei seinen Mitarbeitern als auch bei den Notärzten. 

Wie oft muss die Kontrolle erfolgen?

Eine gesetzliche Vorgabe über die Häufigkeit der Kontrollen besteht nicht – Hinweise enthält die zu § 21 StVG ergangene Rechtsprechung. Manche Gerichte lassen es ausreichen, wenn der Führerschein einmal vorgelegt wird und der Halter in Folge darauf vertraut – solange er nicht von einem Verlust erfährt. Jedenfalls die juristische Literatur empfiehlt eine mindestens jährliche, teilweise sogar halbjährliche Kontrolle. Letztlich kommt es immer auf den Einzelfall an. 

Zeigt der selbstfahrende Notarzt seinen Führerschein nicht vor und verweigert  der Durchführende solange das Fahren des NEF, so ist dies also dem Grunde nach zulässig. Allerdings sollte das nicht gerade vor Schichtbeginn passieren. Übrigens hat die KVB hierzu 2008 entsprechende Hinweise erlassen. Sieht der Durchführende Fahrerschulungen vor, muss auch hier der selbstfahrende Notarzt an diesen teilnehmen.

Warum ist das für den Durchführenden so wichtig? Kann er dem Notarzt nicht einfach vertrauen?

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Denn auch der Halter kann sträflich handeln, wenn er anordnet oder zulässt, dass ein Fahrer ohne Fahrerlaubnis fährt. Beide sitzen also im gleichen Boot. Der Halter kann sich nur dadurch vor einer Strafbarkeit bewahren, indem er die Fahrerlaubnis prüft.

Liegt aktuell keine Fahrerlaubnis vor – zum Beispiel aufgrund eines Fahrverbots oder Führerscheinentzugs – darf der diensthabende, aber führerscheinlose Notarzt das NEF nicht fahren; selbst wenn ihn ein Einsatz ereilt. Denn er hätte sich vorher um einen Fahrer bemühen können. Natürlich gibt es auch hier wenige Ausnahmen. Der Notarzt jedoch riskiert nicht nur ein Strafverfahren, sondern zusätzlich eine berufsrechtliche Ahndung.

Mein Tipp

Wichtig ist immer ein kollegialer Umgang miteinander – auf beiden Seiten! Dabei können eindeutige und transparente Regelungen helfen. Um „Eskalationen“ zu vermeiden, sollten die Standorte solche Regelungen – wenn noch nicht geschehen – treffen und schriftlich niederlegen. Regeln Sie doch einvernehmlich, wer die Führerscheinkontrolle vornimmt. Dabei sind natürlich die Rettungsdienstgesetze, das StVG und sonstige gesetzliche Vorgaben – auch aus versicherungsrechtlichen Gründen – zwingend einzuhalten. Hier kann ich – nicht nur aufgrund meines Berufsstandes – juristischen Rat dringend empfehlen. Lassen Sie es nicht erst auf eine gerichtliche Überprüfung ankommen. Wie man die Regeln gestaltet, dafür bestehen weitere Spielräume als viele denken. Sie können den Interessen beider Seiten gerecht werden – wenn man das will.

Dr. Andreas Staufer

Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Medizinrecht 

Zur Person: Dr. Andreas Staufer ist seit über 15 Jahren aktiv im Rettungsdienst tätig, auch an der Seite der Notärzte – als Fahrer. Hauptberuflich ist er jedoch Fachanwalt für Medizinrecht. Die Erfahrungen aus diesen Jahren könnten (juristische Fach-) Bücher füllen. Mehr zum Rettungsdienstrecht auf www.staufer.de


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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