Gefahren bei der Digitalisierung von Arbeitsverträgen

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Unbefristete Arbeitsverträge unterliegen nicht der Schriftform und können daher auch elektronisch (per Email o.ä.) vereinbart und verwahrt werden. Aber gibt es denn überhaupt noch unbefristete Arbeitsverträge?

Formfreiheit bei unbefristeten Arbeitsverträgen 

Grundsätzlich hat ein unbefristeter Arbeitsvertrag keinen Formzwang. D. h., er kann mündlich, per E-Mail oder auch schriftlich vereinbart werden. In der Praxis ist es daher völlig ausreichend, wenn dem Mitarbeiter zum Beispiel per E-Mail die Konditionen des Arbeitsvertrages übersandt werden und der Mitarbeiter per E-Mail sein Einverständnis erklärt. Diese Korrespondenz kann in einer digitalen Personalakte verwahrt werden.

Wenn - wie üblich - der Arbeitsvertrag das einzige Dokument ist, in dem die Mindestangaben über das Arbeitsverhältnis schriftlich dokumentiert sind, müssten diese dem Arbeitnehmer aber spätestens zum ersten Arbeitstag nochmals ausgedruckt und unterschrieben vorgelegt werden. § 2 Abs. 1 NachwG (in der Fassung vom 23.06.2022) schließt für die Mitteilung der wesentlichen Arbeitsbedingungen die elektronische Form weiterhin aus.

Schriftform bei Rentenbefristung

Etwas anderes gilt für befristete Arbeitsverträge. Jegliche Befristung von Arbeitsverträgen bedarf der strengen Schriftform (§ 14 Abs. 4 TzBfG). Der strenge Formzwang gilt sowohl für die Befristung ohne Sachgrund als auch für Befristungen mit Sachgrund.

In der Praxis aber enthalten viele unbefristete Arbeitsverträge zusätzlich bestimmte Befristungsregelungen. Weit verbreitet ist die Regelung, dass das Arbeitszeugnis mit Erreichen der Regelaltersrente oder der Feststellung einer Erwerbsunfähigkeit endet.

Nach ständiger Rechtsprechung sind solche Befristungen zulässig, weil es hierfür in der Regel einen sachlichen Grund gibt. Auch eine Diskriminierung wegen des Alters sieht die derzeitige Rechtsprechung in einer solchen Befristung i.d.R. nicht. Diese Zusatzregelungen führen aber rechtlich dazu, dass es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis handelt.

Wann ist die Schriftform gewahrt? 

Zur Wahrung der Schriftform ist es zunächst erforderlich, dass beide Parteien die Befristungsvereinbarung vor Vertragsbeginn handschriftlich unterzeichnen. Wenn sich die Befristungsvereinbarung - wie üblich - im Arbeitsvertrag befindet, bezieht sich dies auf den Arbeitsvertrag. Eine z.B. eingescannte Unterschrift ist nicht ausreichend.

Unklar war in der Rechtsprechung, ob zur Wahrung der Schriftform auch erforderlich ist, dass das wechselseitig unterzeichnete Vertragsexemplar der jeweils anderen Partei auch zugegangen sein muss. Teilweise wurde vertreten, dass es ausreichend sei, wenn der Arbeitsvertrag von beiden Parteien unterzeichnet wurde. Dem hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil v. 25.10.2017, 7 AZR 632/15) eine Absage erteilt und klargestellt, dass die Schriftform nur gewahrt ist, wenn der vom Arbeitnehmer gegengezeichnete Arbeitsvertrag dem Arbeitgeber zugegangen ist:

"Ein Vertrag unter Abwesenden, für den die gesetzliche Schriftform vorgeschrieben ist, kommt grundsätzlich nur dann rechtswirksam zustande, wenn sowohl der Antrag als auch die Annahme (§§ 145 ff. BGB) in der Form des § 126 BGB erklärt werden und in dieser Form dem anderen Vertragspartner zugegangen sind."

Welche Folgen hat ein Fehler bei der Schriftform?

Die Nichtbeachtung der Schriftform hat die Unwirksamkeit der Befristungsabrede zur Folge. Der Arbeitnehmer kann mithin auf Weiterbeschäftigung über das Renteneintrittsalter hinaus bestehen.

Möglichkeit der Heilung

Eine Heilung ist möglich. Hierfür bedarf es nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jedoch einer inhaltlich neu formulierten Befristungsabrede, aus der hervorgeht, dass die formunwirksame Befristung "repariert" werden soll. Nicht ausreichend ist die nochmalige Unterzeichnung der zuvor formunwirksamen Befristungsvereinbarung.

Fazit:

Die in Arbeitsverträgen heute übliche Rentenbefristung unterliegt der strengen Schriftform. Diese ist erst gewahrt, wenn das vom Arbeitnehmer gegengezeichnete Exemplar vor Beginn des Arbeitsergebnisses dem Arbeitgeber zugegangen ist. Eine nachträgliche Heilung formunwirksamer Befristungsabreden ist möglich.

Praxistipp:

Bei Möglichkeit sollten Arbeitsverträge in einem einzigen Termin wechselseitig unterschrieben und ausgetauscht werden. Dann kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitsvertrag Befristungsabreden enthält. Ferner sind die wesentlichen Arbeitsbedingungen dadurch in der vom Nachweisgesetz vorgeschriebenen Schriftform mitgeteilt worden.

Sollte dies nicht möglich sein kann der Vertrag auch per Post zur Unterzeichnung wechselseitig hin und her geschickt werden. Enthält der Arbeitsvertrag eine Befristungsabrede, sollte der Arbeitgeber als Erstunterzeichner darauf achten, dass er noch vor Vertragsbeginn ein vom Arbeitnehmer gegengezeichnetes Rückexemplar erhält. Dieser Zeitpunkt sollte sorgfältig dokumentiert werden (z.B. Eingangsstempel oder handschriftliche Notiz). Bei der Qualität der Dokumentation ist zu beachten, dass es zum Streit über den rechtzeitigen Zugang möglicherweise erst viele Jahrzehnte später kommt.

Wenn Sie darüber hinaus Fragen haben, schicken Sie uns gern eine E-Mail (info@gssr.de) oder rufen uns an auf unserer Hotline für Arbeitsrecht: 0221-39924-20.


Foto(s): www.gssr.de

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