Genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäfte in Familienunternehmen

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Seit 01.01.2023 gilt das Gesetz zur Reform des Vormundschafts-und Betreuungsrechts.

Für Familienunternehmen von besonderer Bedeutung ist dabei § 1852 BGB nF, der über den ebenfalls neugefassten §§ 1643 Abs. 1 BGB nF auch auf Rechtsgeschäfte von Minderjährigen anwendbar ist.


§ 1852 BGB nF:

Genehmigung für handels- und gesellschaftsrechtliche Rechtsgeschäfte


Der Betreuer bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts


1.zu einer Verfügung und zur Eingehung der Verpflichtung zu einer solchen Verfügung, durch die der

Betreute


a) ein Erwerbsgeschäft oder

b) einen Anteil an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft, die ein Erwerbsgeschäft betreibt,


erwirbt oder veräußert,


2. zu einem Gesellschaftsvertrag, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird, und


3. zur Erteilung einer Prokura.


Danach bedarf der Betreuer bzw. die Eltern für minderjährige Kinder die Genehmigung des Betreuungsgerichts gemäß Ziff. 1 sowohl für das Verpflichtungs -als auch das Verfügungsgeschäft.

Auf die Entgeltlichkeit des Beteiligungserwerbs kommt es nicht mehr an.

Von der Neufassung sind sämtliche Beteiligungen an Personen-und Kapitalgesellschaften umfasst.

Voraussetzung für die Genehmigungspflicht eines Rechtsgeschäfts ist, das Vorliegen eines Erwerbsgeschäfts.

Im Umkehrschluss hieraus folgt, dass der Erwerb und die Veräußerung von Anteilen an Gesellschaften, welche kein Erwerbsgeschäft betreiben, genehmigungsfrei sind.

Bei einem Erwerbsgeschäft handelt es sich um jede regelmäßige, auf einen Erwerb gerichtete selbstständige (gewerbliche oder freiberufliche) Tätigkeit (vgl. MüKo/BGB/Kroll-Ludwigs BGB § 1822 Rn. 11 ff.).

Notwendiger Bestandteil ist die Absicht zur Gewinnerzielung, wobei es nicht auf eine bestimmte Art von Tätigkeit ankommt. Die bloße Vermögensverwaltung fällt demgegenüber nicht unter den Begriff. (Beck OGK/Schöpflin BGB § 1822 Rn. 22).

Anders als an anderen Stellen im BGB meint Erwerbsgeschäft hier das Entstehen oder Wegfallen einer rechtlichen Stellung als Inhaber eines Erwerbsgeschäftes (lit.a) oder als Gesellschafter einer solchen Gesellschaft, die ein Erwerbsgeschäft betreibt (lit.b).

Gemäß § 1852 Nr. 2 BGB nF ist auch die Beteiligung an der Gründung einer Gesellschaft stets genehmigungsbedürftig.

Grundsätzlich genehmigungsfrei sind auch Änderungen von Gesellschaftsverträgen bei Gesellschaften, an denen der Minderjährige bereits beteiligt ist.

Dies wird im Wesentlichen damit begründet, dass Veränderungen in einer Gesellschaft jederzeit möglich sein müssen  und die Beteiligung des Minderjährigen an der Gesellschaft selbst bereits durch Genehmigung legitimiert ist.

Ausnahmen hiervon sind gegeben, wenn der Unternehmensgegenstand dergestalt geändert wird, dass erstmals ein Erwerbsgeschäft betrieben wird. Dies ist nach Vorgesagten der Fall, wenn eine vermögensverwaltende Gesellschaft zukünftig unternehmerisch tätig ist. In diesem Fall, bedarf es für derartige Änderungen des Gesellschaftszwecks unter Mitwirkung eines minderjährigen Gesellschafters der gerichtlichen Genehmigung.

Von der Genehmigungspflicht auch erfasst sind Änderungen von Gesellschaftsverträgen in Form einer beschlossenen Kapitalerhöhung, aufgrund derer der Minderjährige gegen Einlagen neue Gesellschaftsanteile übernimmt. Diese Fallkonstellation ist auch von § 1852 Nr. 1 lit. a BGB bereits gedeckt.


Ulm, den 28.01.2023


Andreas Fischer, MBA

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Handels-und Gesellschaftsrecht



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