Geschäftsführerhaftung trotz Abgeltungsklausel

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In seinem Urteil vom 16.05.2018 (Az. 7 U 3130/17) hat das OLG München über die Frage der Geschäftsführerhaftung trotz Vereinbarung einer Abgeltungsklausel im Rahmen eines mit einem Geschäftsführer geschlossenen Aufhebungsvertrags entschieden.

Sachverhalt:

Ein einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer hatte trotz entsprechender in seinem Geschäftsführerdienstvertrag verankerter Regelung, dass der Abschluss von Mietverträgen über eine Laufzeit von mehr als 3 Jahren oder einem jährlichen Mietzins von mehr als 24.000 € der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf, einen Mietvertrag über eine Laufzeit von 10 Jahren und einem jährlichen Mietzins von 51.030 € abgeschlossen, ohne hierfür zuvor die Zustimmung der Gesellschafterversammlung eingeholt zu haben.

Vier Monate nach Abschluss des Mietvertrags wurde der Geschäftsführer von der Gesellschafterversammlung abberufen und mit diesem ein Aufhebungsvertrag geschlossen. Im Rahmen des Aufhebungsvertrages verständigten sich die Parteien darüber, dass mit Abschluss des Aufhebungsvertrags alle Ansprüche aus dem Geschäftsführerdienstvertrag – gleichgültig aus welchem Rechtsgrund – wechselseitig erledigt seien.

Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrags hatte die Gesellschafterversammlung keine positive Kenntnis von dem vonseiten des Geschäftsführers abgeschlossenen Mietvertrag.

Nach Kenntniserlangung von dem Mietverhältnis hatte die Gesellschaft mit dem Vermieter einen Aufhebungsvertrag gegen Zahlung einer Abstandszahlung von 60.000 € geschlossen und den Geschäftsführer anschließend auf Schadensersatz in entsprechender Höhe verklagt. Der Beklagte wies den Schadensersatzanspruch unter Verweis auf die Abgeltungsklausel zurück.

Das OLG hat dem Schadensersatzanspruch der Klägerin stattgegeben.

Entsprechend der Urteilsbegründung:

  1. haftet der Beklagte der Klägerin gegenüber gemäß § 280 Abs. 1 BGB und § 43 GmbHG für den entstandenen Schaden, da der Beklagte durch den Abschluss des Mietvertrags gegen die ihm im Innenverhältnis obliegende Pflicht zur Einholung eines zustimmenden Gesellschafterbeschlusses vor Mietvertragsabschluss verstoßen hat.

Dem steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte bei Abschluss des Mietvertrages im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft gehandelt hat. Dies mag zwar, so das Gericht, die Pflichtwidrigkeit seines Handelns ausschließen, helfe ihm aber nicht über die ihm konkret obliegende vertraglich festgelegte Pflicht zur Einholung eines entsprechenden Gesellschafterbeschlusses hinweg.

Ferner reiche auch nicht die bloße Information der Gesellschafterversammlung bzw. eines Mehrheitsgesellschafters um den Geschäftsführer zu entlasten, soweit die Einholung eines zustimmenden Beschlusses notwendig ist.

  1. Auch die Abgeltungsklausel, welche die Parteien in der Aufhebungsvereinbarung vereinbart haben, reicht nicht aus, um dem Schadensersatzanspruch zu entgegen. Zwar unterliege der Schadensersatzanspruch der Abgeltungsklausel, da diese sich auf alle Ansprüche zwischen den Parteien gleichgültig aus welchem Rechtsgrund beziehe, dem Beklagten sei es aber nach § 242 BGB (Treu und Glauben) verwehrt, sich hierauf zu berufen. 

Dies begründet das Gericht damit, dass der Geschäftsführer der Klägerin gegenüber sein untreues Verhalten arglistig verschwiegen habe und somit durch die Nichtaufklärung eine Täuschung durch Unterlassen begangen habe. Entsprechend dem Urteil des Gerichts wäre der Beklagte im Rahmen der während der in der Gesellschafterversammlung stattfindenden Verhandlung über die Abfindungsklausel dazu verpflichtet gewesen, die Klägerin von sich aus über die Existenz des Mietvertrages zu informieren. Da dies nicht erfolgt ist, könne sich der Beklagte auch nicht auf die Abgeltungsklausel berufen. 

Dementsprechend wurde der Beklagte trotz vereinbarter Abgeltungsklausel zum Schadensersatz durch das OLG München verurteilt.

Entsprechend dem Urteil der OLG München ist es damit für die vollumfängliche Wirksamkeit der Abgeltungsklausel entscheidend, dass die Gesellschaft im Rahmen der Verhandlungen entsprechend umfangreich informiert wurde bzw. Kenntnisse von möglichen Verstößen des Geschäftsführers hatte und der Geschäftsführer diese gegenüber der Gesellschaft selbst nicht verschweigt.

Axel Steiner

Rechtsanwalt 


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