Gleichwertigkeit v. Ärzten: Kenntnisprüfung erfolgreich anfechten

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Die folgenden Tipps gelten nur für Drittland-Ärzte. 

Die Gleichwertigkeit durch Begutachtung zu bekommen, wird immer schwerer. Insofern ist die Anzahl derer, die die Gleichwertigkeit mittels Kenntnisprüfung nachweisen wollen, gestiegen. Fällt man 3-mal durch die Kenntnisprüfung, kann man in Deutschland keine Approbation mehr bekommen. 

Wie kann man im Notfall eine negative Kenntnisprüfung anfechten/annullieren? Zu diesem Thema habe ich nachfolgend Tipps und einige typische Fehlerquellen zusammengefasst, die dazu führen können, dass ein Prüfungsversuch erfolgreich annulliert wird.

1. Lesen Sie das Gesetz!!!

Lesen Sie, bevor Sie in die Prüfung gehen, unbedingt ein paar Mal in Ruhe den § 37 der Approbationsordnung für Ärzte. Nur wenn Sie selbst den § 37 während der Prüfung im Hinterkopf haben, werden Ihnen Verfahrensfehler ins Auge stechen. In diesem § 37 ist der zwingende Ablauf der Kenntnisprüfung geregelt.

2. Notieren Sie sich Namen und Tel.-Nr./E-Mail-Adresse Ihrer Mitprüflinge!

3. Ladungsfrist nicht eingehalten (5 Kalendertage!)

4. Patientenvorstellung fehlt komplett

5. Kein Mitglied der Prüfungskommission ist bei Patientenvorstellung anwesend

6. Kenntnisprüfung beginnt nicht mit Fragen zur Patientenvorstellung

7. Nicht alle Prüfer sind die ganze Zeit über anwesend

8. Prüfungszeit wird über-/unterschritten

9. Kenntnisprüfung erstreckt sich auf unzulässige Fächer

Das möchte ich ausführlicher darstellen, weil es besonders wichtig ist. Die Kenntnisprüfung bezieht sich auf die Fächer Innere Medizin und Chirurgie. Die Fragestellungen sollen ergänzend folgende Aspekte berücksichtigen:

  • Notfallmedizin,
  • klinische Pharmakologie/Pharmakotherapie,
  • bildgebende Verfahren (Radiologie),
  • Strahlenschutz und
  • Rechtsfragen der ärztlichen Berufsausübung.

Das heißt zum einen, dass andere Fächer, die nicht in dieser Aufzählung stehen, in der Kenntnisprüfung nichts zu suchen haben. Achten Sie darauf. Es passiert nicht selten, dass in der Inneren Medizin große Schlenker in Richtung Neurologie/Neurochirurgie gemacht werden.

Außerdem sind dem Antragsteller fächerübergreifend weitere praktische Aufgaben mit Schwerpunkt auf die für den ärztlichen Beruf wichtigsten Krankheitsbilder und Gesundheitsstörungen zu stellen. Über das Merkmal „wichtigste Krankheitsbilder“ kann man sich natürlich lange streiten. Aber wenn Sie in der Kenntnisprüfung mit Details zur Transplantationsmedizin gepiesackt werden, dann kann man gut argumentieren, dass das mit Sicherheit nicht mehr zu den wichtigsten Krankheitsbildern gehört.

Es gibt eine Ausnahme: Wenn bei Ihnen im Vorfeld die Defizite geprüft wurden, darf die Behörde eines Ihrer Defizite zusätzlich in die Kenntnisprüfung aufnehmen. Das passiert in z. B. Hessen häufig mit Allgemeinmedizin oder Psychiatrie/Psychosomatik.

Heißt aber im Umkehrschluss: Wenn bei Ihnen die Defizite nicht vorher geprüft wurden, darf Ihnen die Behörde auch kein weiteres Fach reindrücken. Die Behörde kann von Ihnen nicht verlangen, dass Sie "freiwillig" ein zusätzliches Fach wählen. Werden Sie dann aber trotzdem in Allgemeinmedizin geprüft und fallen durch, können Sie ggf. anfechten.

Im Übrigen kann man die inhaltliche Bewertung Ihrer Prüfungsleistung kaum angreifen. In der Praxis lässt sich kaum beweisen, ob Sie gut oder schlecht geantwortet haben. Die Prüfer haben hier einen weiten Entscheidungs- und Beurteilungsspielraum. 

10. Kausalität/Ursächlichkeit

Der isolierte Verstoß gegen eine Prüfungsvorschrift rechtfertigt noch keine Anfechtung. Eine gewisse Kausalität /Ursächlichkeit muss hinzukommen.

Man muss sich also fragen, wenn – hypothetisch – der Verstoß nicht vorgelegen hätte, hätte der Antragsteller bestanden?

Beispiel: Sie waren in Hessen in der Kenntnisprüfung. Rechtswidrig wurde Allgemeinmedizin abgeprüft. Im Prüfungsprotokoll steht aber, dass Sie ganz fantastisch in Allgemeinmedizin abgeschnitten hätten, aber katastrophal in der Chirurgie. Wenn man jetzt hypothetisch annehmen würde, Sie wären gar nicht in Allgemeinmedizin geprüft worden, dann fällt es schwer zu argumentieren, dass Sie dann die Prüfung bestanden hätten.

11. Fristen für Widerspruch/Klage

Je nach Bundesland können Sie binnen Monatsfrist gegen das Prüfungsergebnis entweder Widerspruch einlegen oder klagen. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem Sie den Brief von der Behörde mit dem Prüfungsergebnis bekommen haben.

Halten Sie Frist nicht ein, wird der Bescheid unanfechtbar und das Ergebnis steht fest. Dann kann auch ich in den allermeisten Fällen nichts mehr für Sie tun.

Aber: Es gibt einige Behörden, die der Meinung sind, dass die Mitteilung über das Nichtbestehen gar kein Verwaltungsakt sei, sondern nur so eine unselbständige Vorbereitungshandlung und dass erst der endgültige Ablehnungsbescheid, den man bekommt, wenn man 3-mal durchgefallen ist, der eigentliche Bescheid sei. Gegen die Mitteilung zu den Einzelprüfungen könne man kein Rechtsmittel einlegen. Das wird zum Beispiel in Hessen oder Baden-Württemberg so vertreten.

Diese Argumentation ist falsch. Auch die Mitteilung zu der einzelnen Prüfung ist ein Verwaltungsakt. Das schöne ist, dass diese Bescheide keine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten. Fehlt einem Verwaltungsakt aber die notwendige Rechtsbehelfsbelehrung, verlängert sich die Frist für Widerspruch/Klage auf ein Jahr! Über diesen Weg kommen Sie in vielen Prüfungen noch in diesen Fall rein.

12. Zusammenfassung

Sie sehen, es existieren nicht wenige Anhaltspunkte, wie man eine fehlgeschlagene Prüfung nachträglich noch beseitigen kann. Ich freue mich auf Ihr Feedback!


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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