Haftung für Behandlungsfehler bei der Corona-Schutzimpfung

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Nachdem im Dezember 2020 die ersten Impfstoffe zugelassen und verimpft werden konnten, stellte sich die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Einschränkungen ein. Schon im März 2021 wurde jedoch das Risiko der Impfstoffe offenbar, als das Risiko von schweren Nebenwirkungen in Form von Hirnvenenthrombosen insbesondere durch den Impfstoff von Astra-Zeneca bekannt wurde. Infolge der Diskussion um die Sicherheit des Impfstoffes stellt sich die Frage, ob und gegen wen geschädigte Patient*innen Haftungsansprüche haben. Im Folgenden werden die möglichen Haftungsgrundlagen insbesondere gegenüber den behandelnden Ärzt*innen (Stand: August 2021) kurz dargelegt.

Haftungsanspruch gegenüber dem/ der Behandelnden

Grundsätzlich wird zwischen Ärzt*innen und Patient*innen ein Behandlungsvertrag geschlossen, aus dem Patient*innen bei Behandlungsfehlern vertragliche Ansprüche auf Schadenersatz und Schmerzensgeld geltend machen können. Diese Ansprüche ergeben sich zum einen daraus, dass jede ärztliche Heilbehandlung, auch wenn sie im Rahmen der medizinischen Standards und in heilender Absicht erfolgt, einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Patienten darstellt.

Willigt der/die Patient*in nicht wirksam ein, liegt eine nicht gerechtfertigte Körperverletzung vor. Eine wirksame Einwilligung liegt nur dann vor, wenn der/die Patient*in ordnungsgemäß aufgeklärt wird, insbesondere auch über Risiken und zu erwartende Folgen des Eingriffs. Diese Aufklärung muss in der Regel mündlich erfolgen, dafür ist es zumindest bei Standard- bzw. Routineimpfungen jedoch ausreichend, wenn der/die zuvor schriftlich aufgeklärte Patient*in die Möglichkeit zu einem Gespräch mit dem/der Behandelnden erhält. Ob diese Praxis auch für die Corona-Impfung ausreichend ist, ist durch die Rechtsprechung noch nicht geklärt.

Neben der fehlerhaften Aufklärung kann sich ein haftungsbegründender Behandlungsfehler auch daraus ergeben, dass die Behandlung sorgfaltspflichtwidrig nicht nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden allgemein bekannten fachlichen Standards erfolgt und sich daraus unerwünschte Nebenwirkungen ergeben.

Allerdings muss grundsätzlich der/ die Patient*in nachweisen, dass es zu einem Behandlungsfehler gekommen ist, und dass dieser für den eingetretenen Schaden kausal ist. Gelingt dies, ist die Geltendmachung von Schadenersatz und Schmerzensgeld möglich. Eine Ausnahme von der Beweislast der Patient*innen gilt für die Aufklärung: Die ordnungsgemäße Aufklärung muss der/die Behandelnde nachweisen.

Amtshaftung für Impfzentren und mobile Impfungen

Etwas anders stellt sich die haftungsrechtliche Situation bei den Ärzt*innen dar, die in den Impfzentren und mobilen Impfteams tätig werden. Diese Ärzt*innen handeln in der Regel aufgrund eines Vertrages mit dem für die Impfungen zuständigen Bundesland bzw. der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung, und damit für den jeweiligen Hoheitsträger als sogenannter „Beamt*in im haftungsrechtlichen Sinne“. Für diese Ärzt*innen besteht eine Haftungserleichterung dergestalt, dass Haftungsansprüche der Patient*innen nicht gegen die Ärzt*innen gerichtet werden, sondern ein Amtshaftungsanspruch der Patient*innen gegenüber der jeweiligen Körperschaft besteht. Für diesen Anspruch muss der/die Patient*in darlegen und beweisen, dass der Behandelnde eine drittschützende Amtspflicht verletzt hat. Im Ergebnis sind die Voraussetzungen jedoch mit denen des Behandlungsfehlers im Arzthaftungsrecht vergleichbar.

Liegen die Voraussetzungen vor, haften die behandelnden Ärzt*innen nicht selbst. Allerdings ist für die Ärzt*innen eine Überprüfung, ob die ärztliche Berufshaftpflichtversicherung auch die Tätigkeit im Impfzentrum abdeckt, anzuraten, denn bei vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Behandlungsfehlern kann der Hoheitsträger bei dem Behandelnden Regress nehmen.

Weitere Ansprüche

Neben den Ansprüchen gegen die behandelnden Ärzt*innen stehen den Patient*innen möglicherweise auch Ansprüche gegen die Impfstoffhersteller zu. Solche können sich aus Produkthaftungsrecht oder Arzneimittelrecht aus der Haftung der Hersteller für ihr Produkt ergeben. Auch hier müssen Geschädigte nachweisen, dass der Impfstoff die Schädigung verursacht hat, obwohl es im Arzneimittelrecht eine Entlastung durch eine Vermutungsregel für die Kausalität des Impfstoffes für den Schaden gibt.

Daneben sieht das Infektionsschutzgesetz in § 60 Abs. 1 für Geschädigte von bestimmten Schutzimpfungen Versorgungsansprüche vor. Die Impfung gegen das Corona-Virus ist hier ausdrücklich genannt. Auch hier tragen die Geschädigten die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass es durch die Impfung zu gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen gekommen ist. Anspruchsgegner ist auch hier der Staat in Gestalt der Ansprechpartner für Versorgungsleistungen, in der Regel das Versorgungsamt des entsprechenden Bundeslandes.

Fazit

Aufgrund der ständig neuen Erkenntnisse und geänderten Empfehlungen bestehen für Ärzt*innen und Patient*innen weiterhin Unsicherheiten bezüglich der Risken bei der Corona-Schutzimpfung. In der Regel wird aufgrund der Einwilligung des/der Patient*in ein Behandlungsfehler wohl nur schwerlich nachzuweisen sein. In diesen Fällen können Patient*innen allerdings aus dem Infektionsschutzgesetz Versorgungsansprüche geltend machen, auch wenn diese in der Regel geringer ausfallen als die Schadenersatzansprüche.

MSH Rechtsanwälte sind Experten auf dem Gebiet des Medizinrechts und verfügen über entsprechende praktische und theoretische Fachkenntnisse, sodass wir Sie in Fällen von Haftungsfragen bei Impfschäden gerne beraten. MSH Rechtsanwälte ist bundesweit tätig und auf allen modernen Kommunikationswegen für Sie erreichbar.



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