Handy am Steuer - erlaubt bei Fahrzeugen mit Assistenzsystemen?

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Wer bei der Fahrt mit dem Handy oder einem vergleichbaren Gerät in der Hand erwischt wird, dem droht ein Bußgeld in Höhe von 100 Euro. Zudem gibt es einen Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg. Bei Gefährdung oder Verursachung eines Unfalls steigt das Bußgeld auf 150 bis 200 Euro an und es drohen zwei Punkte und ein einmonatiges Fahrverbot. So jedenfalls der Regelfall. In diesem Beitrag weist Rechtsanwalt Dr. Maik Bunzel auf einen interessanten Ausnahmetatbestand hin, der häufig übersehen wird und dazu führen kann, dass die Benutzung von Handy und Co. für den Betroffenen keine Konsequenzen hat. Dr. Bunzel ist als Fachanwalt für Strafrecht und Fachanwalt für Verkehrsrecht bundesweit tätig.

Doch der Reihe nach: In § 23 Abs. 1a StVO heißt es:

Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn

1. hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und

2. entweder

a) nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder

b) zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.

Geräte im Sinne des Satzes 1 sind auch Geräte der Unterhaltungselektronik oder Geräte zur Ortsbestimmung, insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorekorder. Handelt es sich bei dem Gerät im Sinne des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, um ein auf dem Kopf getragenes visuelles Ausgabegerät, insbesondere eine Videobrille, darf dieses nicht benutzt werden. Verfügt das Gerät im Sinne des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, über eine Sichtfeldprojektion, darf diese für fahrzeugbezogene, verkehrszeichenbezogene, fahrtbezogene oder fahrtbegleitende Informationen benutzt werden. Absatz 1c und § 1b des Straßenverkehrsgesetzes bleiben unberührt.

Interessant ist hierbei der - etwas versteckte - letzte Satz, § 23 Abs. 1a Satz 5 StVO. Denn hier wird auf § 1b StVG verwiesen, welcher durch die Vorschrift des § 23 StVO unberührt bleibt - im Klartext: Die Regelung in § 1b StVG geht dem "Handyverbot" vor. Was steht in § 1b StVG:

(1) Der Fahrzeugführer darf sich während der Fahrzeugführung mittels hoch- oder vollautomatisierter Fahrfunktionen gemäß § 1a vom Verkehrsgeschehen und der Fahrzeugsteuerung abwenden; dabei muss er derart wahrnehmungsbereit bleiben, dass er seiner Pflicht nach Absatz 2 jederzeit nachkommen kann. (...)

In § 1a StVG heißt es hierzu:

(2) Kraftfahrzeuge mit hoch- oder vollautomatisierter Fahrfunktion im Sinne dieses Gesetzes sind solche, die über eine technische Ausrüstung verfügen,

1. die zur Bewältigung der Fahraufgabe – einschließlich Längs- und Querführung – das jeweilige Kraftfahrzeug nach Aktivierung steuern (Fahrzeugsteuerung) kann,2. die in der Lage ist, während der hoch- oder vollautomatisierten Fahrzeugsteuerung den an die Fahrzeugführung gerichteten Verkehrsvorschriften zu entsprechen,3. die jederzeit durch den Fahrzeugführer manuell übersteuerbar oder deaktivierbar ist,4. die die Erforderlichkeit der eigenhändigen Fahrzeugsteuerung durch den Fahrzeugführer erkennen kann,5. die dem Fahrzeugführer das Erfordernis der eigenhändigen Fahrzeugsteuerung mit ausreichender Zeitreserve vor der Abgabe der Fahrzeugsteuerung an den Fahrzeugführer optisch, akustisch, taktil oder sonst wahrnehmbar anzeigen kann und6. die auf eine der Systembeschreibung zuwiderlaufende Verwendung hinweist.

Diese Regelungslage hat folgende Auswirkungen: Wer ein Fahrzeug mit den in § 1a StVG beschriebenen Funktionen fährt und mit dem Handy am Steuer erwischt wurde, dem muss man nachweisen, dass er bei der Nutzung des Handys die hoch- oder vollautomatisierten Fahrfunktionen nicht verwendet hat. Denn wenn er diese Funktionen genutzt hat, durfte er sich vom Verkehrsgeschehen und der Fahrzeugsteuerung abwenden (§ 1b Abs. 1 StVG). Diese Regelung geht dem Handyverbot in § 23 Abs. 1a StVO vor.

Sie fahren ein Fahrzeug mit hoch- oder vollautomatisierten Fahrfunktionen und wurden mit dem Handy am Steuer erwischt? Wenden Sie sich über das Kontaktformular an die Kanzlei von Dr. Bunzel. Ein Gespräch zur ersten Orientierung ist stets kostenfrei.

Foto(s): Dr. Maik Bunzel

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