Hitzeerleichterungen für behinderte Arbeitnehmer

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Durch die Schwerbehinderteneigenschaft haben schwerbehinderte Arbeitnehmer einige Sonderregelungen. Am bekanntesten dürften der erhöhte Kündigungsschutz und die vorgezogene Altersrente sein.

Aber gelten auch besondere Regelungen für diese Personengruppe in der momentanen Hitzewelle? Gibt es Nachteilsausgleiche für Temperaturen oberhalb der magischen Grenze von 26 C für Innenräume (Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A3.5 "Raumtemperatur"), eine Art "Hitzefrei" für schwerbehinderte Arbeitnehmer?

Grundsätzlich hat ein Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht für alle Angestellten, egal, ob nun behindert oder nicht. Tropische Temperaturen stellen einen gesunden, fitten Arbeitnehmer schon vor eine Herausforderung; für Menschen mit gesundheitlichen Vorbelastungen wird es dann besonders schwierig. Z. B. verschlechtert sich bei MS-Kranken vorübergehend die Sehschärfe (sog. Uhthoff- Phänomen).

Hier gibt es eine gesetzliche Regelung für schwerbehinderte Arbeitnehmer: die behinderungsgerechte Arbeitsplatzanpassung. § 169 Abs. 4 Nr. 4 SGB IX (Sozialgesetzbuch IX; "Rehabilitation und Teilhabe") gibt dem jeweiligen Arbeitnehmer einen einklagbaren Anspruch.

Nach Nr. 4 muss nicht nur der einzelne Arbeitsplatz, sondern das gesamte Arbeitsumfeld wie auch die Arbeitsorganisation behinderungsgerecht sein. Und das sind nicht nur der barrierefreie Eingang, die extrabreiten Türen, die behinderungsgerechten Sanitäranlagen oder der gesonderte Parkplatz für gehbehinderte Arbeitnehmer. Das ist z. B. auch eine Klimaanlage.

Wer soll das bezahlen? Dafür gibt es die Schwerbehindertenausgleichabgabe.

Behinderungsgerechte Arbeitsplatzanpassung kann auch die Förderung einer Klimaanlage durch das Integrationsamt sein.

Beantragt wird eine Förderung für Arbeitsplatzanpassungen bei den Integrationsämtern bzw. Inklusionsämtern. Diese prüfen vor Bewilligung einer Leistung, welcher Rehabilitationsträger vorrangig zuständig ist. Die Integrationsämter haben jeweils einen technischen Beratungsdienst, der den Arbeitsplatz individuell sichten und anpassen kann.

Das Integrationsamt ist grundsätzlich für die Förderung der Arbeitsbedingungen einzelner schwerbehinderter oder gleichgestellter Arbeitnehmer zuständig, wenn sich der Anpassungsbedarf nicht aus der gesundheitlichen Gefährdung des konkreten Arbeitsplatzes ergibt, § 185 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a SGB IX in Verbindung mit § 15 Abs. 1 SchwbAV. Reha-Träger sind dagegen zuständig, wenn der Arbeitsplatz aufgrund der eingeschränkten Gesundheit des behinderten Arbeitnehmers gefährdet ist. Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer schwerbehindert ist.

Gerade bei neurologischen Erkrankungen bringen z. B. Kühlwesten Erleichterung. Bisher sind sie von den Krankenkassen und Sozialgerichten als Hilfsmittel abgelehnt worden, weil es sich um Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens handelt. Gerade aber bei an MS erkrankten Arbeitnehmern führen die tropischen Temperaturen schlimmstenfalls zu Arbeitsunfähigkeit und dauerhafter Teilhabebeeinträchtigung. Auch die Rentenversicherung erbringt Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ist damit auch für Hilfsmittel zuständig. Argumentativ überzeugen kann, wenn Ihr Antrag ärztlich und persönlich gut begründet wird, warum diese Kühlgeräte sinnvoll sind und Behandlungsalternativen nicht geholfen haben. Helfen kann auch, wenn wegen neurologischen Symptomen die Arbeitsfähigkeit gefährdet ist und durch die Investition in eine Kühlweste eine AU verhindert werden kann. Ggf. kann man auch über eine Teilübernahme verhandeln.


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