Hygienekonzepte für Hotels und Restaurants in Zeiten der Corona Pandemie

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Die gesetzlichen Anforderungen an die notwendigen Hygienekonzepte für Hotels und Restaurants wurden von den Landesregierungen seit dem Beginn der Corona Pandemie permanent geändert. Dies verlangt von den ohnehin schwer getroffenen Unternehmen des Gastgewerbes einiges ab. Für die Zeit nach dem Ende des jetzigen Lockdowns bedarf es eines Planes, wie man zielführend, gemeinsam innerhalb der gleichen Branche und kostengünstig, das Problem der Hygienepläne nach dem jeweiligen Landesrecht in den Griff bekommt und die Unternehmen endhaftet werden.


Das Gastgewerbe ist von der Pandemie ungleich stärker betroffen, als andere Wirtschaftszweige

Wenn nach Angaben des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes e. V. (kurz DEHOGA Bundesverband) über 61,6 % der gastgewerblichen Unternehmen gegenwärtig um ihre Existenz bangen (Corona Zwischenbilanz vom 08.09.2020), dann hat die Corona Pandemie in diesem Wirtschaftszweig längst erhebliche Auswirkungen und stellen alle damit einhergehenden Gegenmaßnahmen zur Linderung der Not, eine substanzielle Herausforderung dar. Die langfristigen Auswirkungen auf die Gesellschaft sind möglicherweise noch nicht in Gänze in das Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit vorgedrungen, denn bekanntlich stillt etwa die Gastronomie nicht nur die Bedürfnisse von Hunger und Durst, sondern seit jeher auch den kulturellen Bedarf an Erlebnis und Kommunikation.


Welche Gegenmaßnahmen sind sinnvoll, damit die Pandemie das durch die „Onlinekonkurrenz“ ohnehin schon seit längerem zurückgehende Leben der Innenstädte nicht noch ausufernd weiter reduziert?

Auch nach dem Ende des jetzigen Lockdowns werden diese Herausforderungen kaum kleiner werden. Einer von vielen Bereichen, in denen Gegenmaßnahme zu ergreifen sind, ist die Reduktion der Haftung zu Lasten der Unternehmen im Bereich der abverlangten Hygienekonzepte bzw. Schutzkonzepte. Die von den Häusern des Gastgewerbes abverlangten Hygienekonzepte, bei denen aufgrund der geltenden Abstandsgebote nicht mehr die gleichen Besuchermengen in den Häusern empfangen werden dürfen, wie vor der Pandemie, hatten es von Anfang an in sich. Eine Herausforderung besteht darin, dass sich die in den Hygienekonzepten zu beachtenden landesrechtlichen Vollzugsvorschriften allein seit März 2020 nahezu permanent verändert haben. Insofern müssen Veranstalter ihre Hygienekonzepte für die Dauer der Pandemie permanent anpassen. Selbst größere Hotelketten oder Konzerne, die über eine eigene Rechtsabteilung verfügen, betreiben einen erheblichen Aufwand. Da das Ende des neuerlichen Lockdowns absehbar ist, lohnt es sich Vorsorge zu treffen. Denn sobald die Bedingungen des jetzigen Lockdowns aufgehoben werden, gilt es die Rückkehr zur Normalität sofort zu nutzen.


Worin liegt die Herausforderung bei der Aufstellung von Hygienekonzepten?

Der in ein Hygienekonzept aufzunehmende Inhalt besteht darin, die in den SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnungen des jeweiligen Bundeslandes enthaltenen Vorgaben mit den individuellen Verhältnissen des jeweiligen Unternehmens mit seinen branchenspezifischen Besonderheiten in Einklang zu bringen; also etwa die in den jeweiligen Verordnungen definierten Mindestabstände anhand von individuellen Bestuhlungsplänen darzulegen, Personenobergrenzen anhand der zur Verfügung stehenden Raumgröße und Fläche zu berechnen, die Besucherströme pandemiekonform zu leiten und verschiedene Hygienestandards zu definieren. Alle Vorgaben bemessen sich anhand der rechtlichen Restriktionen nach dem jeweiligen Landesrecht. Die Herausforderungen bestehen allerdings darin, dass sich die Vorgaben in nahezu jedem Bundesland permanent ändern und auch von Bundesland zu Bundesland in Details unterscheiden. Kaum ist ein Hygienekonzept geschrieben, droht aller Erfahrung nach kurz darauf schon wieder die nächste Änderung der jeweiligen SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung.

 

Worin liegt die Haftungsrelevanz der Thematik?

Die Haftungsrelevanz liegt einerseits darin, dass die abverlangten Hygienekonzepte im Infektionsfall an das Gesundheitsamt herauszugeben sind. Dort sind sie dann absehbar Teil einer Akte, in die Strafverfolgungsbehörden, Geschädigte und ggf. auch Hinterbliebene Einsicht nehmen können. Passiert nun ein Fehler, weil in der Hektik von sich permanent verändernden behördlichen Restriktionen eben auch mal etwas übersehen werden kann, kann sich diese im Schadensfall, wenn die weiteren Voraussetzungen der Haftung vorliegen, gegen das Unternehmen richten. Andererseits fragen Gäste durchaus im Vorfeld einer Buchung, insbesondere dann, wenn Sie zu den Risikogruppen gehören, vereinzelt gezielt nach den Hygienekonzepten nach. Die Hygienekonzepte dienen deshalb zugleich dazu, Vertrauen in die Kompetenz des Unternehmens aufzubauen und werden regelmäßig auf Webseiten veröffentlicht (einem stehenden Medium). Schließlich aber sind auch noch die Bußgeldbestimmungen der jeweiligen SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung zu beachten. Erfüllt das Hygienekonzepte die materiellen Anforderungen der jeweils geltenden SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung des jeweiligen Bundeslandes, wird man daraus dem Unternehmer kaum einen Vorwurf machen können, der dann alle Anforderungen der sich oft im Wochenrhythmus ändernden Verordnungslage eingehalten hat.

 

Was bieten die Verbände?

In diesem Kuddelmuddel einer sich permanent ändernden Rechtslage und das auch noch mit erheblichen Unterschieden anhand von sechzehn Bundesländern allein in Deutschland, rief dies die jeweiligen Unternehmensverbände und die Branchenverbände auf den Plan. Sie wollten ihren Mitgliedsunternehmen sogenannte Musterhygienepläne zur freien Verwendung anbieten, bei der ein Hausjurist die Rechtslage gleich für den gesamten Verband überprüft hat. Diese Musterhygienepläne sind durchaus als erster Einstieg tauglich, um zunächst branchenspezifische Besonderheiten auszumachen, die es mit einem besonderen Augenmerk zu beachten gilt. Allerdings ist nicht alles, was im Internet zu finden ist, gegenwärtig noch richtig. Alle Musterhygienepläne oder Checklisten haben prinzipiell das gleiche Problem: Sobald sich die jeweilige SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung ändert, was beispielsweise in Berlin seit dem Beginn der Pandemie schon über 20 mal der Fall war, ist auch der Musterhygieneplan veraltet, sofern er nicht aktualisiert wird. Grob vereinfacht lässt sich anhand einer Stichprobenrecherche von ilex Rechtsanwälte sagen, dass mehr als die Hälfte der derzeit im Internet aufgefundenen Hygienepläne, eine Rechtslage wiederspiegelt, die nicht mehr aktuell ist und selbst wenn sie aktuell ist, absehbar nicht mehr aktuell sein wird. Das wird etwa daran deutlich, wenn Hygienepläne im November 2020 den Stand vom Oktober 2020 aufweisen. Das Problem wird auch in der Zukunft voraussichtlich weiter anhalten.

 

Kuriositäten im Einzelfall

Dazu kommen verschiedene Kuriositäten im Einzelfall; etwa für die Gastronomie der Deutschen Bahn AG. Beispielsweise deren Intercity Express Sprinter von Berlin nach München durchfährt auf seinem Weg zum Ziel bekanntlich sechs Bundesländer und sein Bordbistro durchkreuzt damit binnen vier Stunden den Geltungsbereich von sechs in Nuancen unterschiedlichen SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnungen. Durch den Freistaat Sachsen fährt der Zug übrigens nur wenige Minuten, doch in dieser Zeit gilt sächsisches Landesrecht.

 

Wie kann man sich sinnvoll auf die Zeit nach dem Lockdown vorbereiten?

Der einzelne Unternehmer ist mit der permanenten Überwachung eines sich beständig verändernden Rechtes überfordert. Zum Zweck der Meidung einer Haftung bietet es sich an, den Rechtsrat extern einzukaufen. Das Geheimnis einer zielführenden Beauftragung besteht allerdings darin, nicht eine Einmalleistung zu beauftragen, sondern die Dauerüberwachung auf Rechtsänderungen bis zum Ende der Pandemie aus einer Hand. Andernfalls besteht die Gefahr, dass man nur eine punktuelle, aber sinnfreie Rechtsberatung erfährt, die aber schon binnen wenigen Tagen oder Wochen veraltet sein könnte.

 

Wie lassen sich Aufwand und Kosten sparen?

Um Aufwand und Kosten zu sparen bietet es sich an, wenn ein Unternehmensverband bzw. ein Branchenverband die zielführende Rechtsberatung für das jeweilige Bundesland zentral einkauft und diese seinen Mitgliedern zur Verfügung stellt. Oder man schließt sich mit einigen Mitbewerbern aus dem gleichen Bundesland in einer Arbeitsgemeinschaft zusammen und kauft den Rechtsrat gemeinsam ein und teilt sich die Kosten. Zwar müssen die jewiels geltenden Rahmenparameter natürlich noch mit den Besonderheiten eines jeden Hauses abgestimmt werden. Doch dazu können einzelne Leistungen aus dem Outsourcing herausgenommen werden: Beispielsweise macht es Sinn, dass Bestuhlungspläne inklusive Abstandsvermessungen ggf. auch durch den Auftraggeber erstellt werden können, ebenso wie die Darstellung und Aufbereitung der unterschiedlichen Veranstaltungsformate oftmals ein Sachverhalt wäre, der durch den Veranstalter viel besser geliefert werden kann. Abzustimmen wäre im Rahmen der projektbezogenen Arbeit, ob die anschließende Schulung des eigenen Personals durch den Rechtsberater erfolgt oder der Rechtsberater nur den Projektleiter schult und die Schulung der eigenen Mitarbeiter dann Inhouse erledigt wird.

Foto(s): Shutterstock

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