Ihre Ansprüche im Abgasskandal

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I. Der Volkswagen-Konzern hat durch die Benutzung einer Manipulationssoftware zur Abgasmessung im großen Stil Käufer und Behörden bewusst getäuscht. Dass dies nicht ohne rechtliche Konsequenz bleiben kann, liegt auf der Hand. Im Folgenden sollen kurz die in Betracht kommenden Möglichkeiten für die Geschädigten aufgezeigt werden.

II. Ausgangspunkt für die in Betracht kommenden Ansprüche ist zunächst der dem Fahrzeugkauf zugrundeliegende Kaufvertrag und die sich daraus ergebenden und im BGB geregelten Gewährleistungsrechte. Voraussetzung hierfür ist stets das Vorliegen eines „Mangels“ im rechtlichen Sinn. Hier kommen gleich mehrere Mängel in Betracht: Geringere Motorleistung und damit geringere Höchstgeschwindigkeit und Beschleunigung, erhöhte Abgaswerte, ein höherer Treibstoffverbrauch, mögliche Wertminderung auf dem Gebrauchtwagenmarkt und sogar Schäden wegen Zulassungsbestimmungen insb. aufgrund der EU-Verordnung 715/2007, nach der Fahrzeuge keine Typenzulassung erhalten, die nicht die Schadstoffnormen einhalten.

III. Steht fest, dass das Fahrzeug einen Mangel aufweist, sieht das Gesetz zunächst ein Nachbesserungsrecht des Verkäufers, also die Reparatur oder den Austausch des defekten Teils oder sogar des ganzen Fahrzeugs, vor. Nach unserer Auffassung scheiden beide Varianten aus, denn eine Reparatur ist derzeit nicht ohne Verschlechterung des Motors an anderer Stelle möglich (weniger PS und/oder erhöhter Treibstoffverbrauch), und ein Austausch gegen ein anderes - gleichermaßen mangelbehaftetes weil baugleiches Fahrzeug - bringt dem Käufer nichts.

IV. Verläuft also die Nachbesserung nicht zufriedenstellend, kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten. Allerdings muss der Mangel hierbei erheblich sein, was im Hinblick auf die erschlichene Typenbezeichnung der Fall sein dürfte: Niemand muss sich mit einem Fahrzeug zufrieden geben, dessen Betriebserlaubnis jederzeit widerrufen werden kann. Alternativ könnte der Käufer auch sein Fahrzeug behalten und einen Teil des Kaufpreises zurückverlangen, sog. Minderung des Kaufpreises. In diesem Fall muss der Mangel nicht erheblich sein.

V. Schließlich kann der Käufer auch einen Anspruch unmittelbar gegen den VW-Konzern geltend machen. Dies setzt eine vorsätzliche und sittenwidrige Schädigung voraus, was nach den uns vorliegenden Informationen der Fall gewesen ist. Denn nach der genannten EU-Verordnung wird jedem Käufer ein Datenblatt übergeben, mit dem die EU-Konformität des - angeblich schadstoffarmen - Fahrzeugs bestätigt wird. Ist die Bestätigung falsch, weil die Typenzulassung durch die Manipulationssoftware erschlichen wurde, so ist jeder Käufer Opfer einer bewussten Täuschung, den die (leitenden) Mitarbeiter des VW-Konzerns mit dem Kfz- Händler als gutgläubigem Werkzeug zum Nachteil jedes Käufers begangen haben.

VI. Dies alles bildet die deutsche Rechtslage ab. Unbenommen bleibt es auch deutschen Käufern, sich in einzelnen US-Bundesstaaten dort laufenden Sammelklagen auf sog. Strafschadenersatz anzuschließen. Allerdings gibt es diesen nicht in allen Bundesstaaten und die Grenzen für die Teilnahme nicht in den USA ansässiger Kläger an solchen Verfahren können eng sein. Der Verfasser rät daher Mandanten, den materiellen Schadenersatz vor deutschen Gerichten gerichtlich geltend zu machen und parallel zu versuchen, Strafschadenersatz über eine Partnerkanzlei in den USA zu erlangen.

VII. Sehr wichtig ist es, die (deutsche) kaufrechtliche zweijährige Verjährung nicht aus dem Blick zu verlieren, die mit der Übergabe des Fahrzeugs beginnt. Anders ist dies bei den sich direkt gegen den Hersteller richtenden Ansprüchen, die einer dreijährigen Verjährungsfrist, beginnend mit dem Jahresende, unterliegen. Bei der Geltendmachung von Ansprüchen in den USA laufen je nach Anspruch und Bundesstaat wiederum völlig andere Fristen.


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