Immobilienschenkung - Muss ein Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks begründet werden? Das sagt der BGH

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Altbauwohnung Symbolbild

Gegenstand dieses Rechtstipps ist die Frage, ob der Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks grundsätzlich einer Begründung bedarf. Damit hat sich erst kürzlich der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 11. Oktober 2022 (Az. X ZR 42/20) befasst und entschieden: Nein, wer eine Immobilienschenkung ohne Mitteilung des Grundes widerruft, hat wirksam gehandelt. Der Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks erfordert keine Begründung. Die Entscheidung überrascht, denn die Oberlandesgerichte hatten diese Frage bisher anders beurteilt. Wir halten das Urteil des BGH aber für richtig und juristisch überzeugend begründet.

So kam es zum Widerruf der Immobilienschenkung

Die Klägerin in dem vom BGH entschiedenen Verfahren war Eigentümerin mehrerer Immobilien. Im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertrug sie bereits in den 90er Jahren mehrere Grundstücke an Ihre Töchter und einen Sohn zu jeweils einem Drittel. Die Klägerin behielt sich aber ein lebenslanges unentgeltliches Nießbrauchsrecht vor. Somit konnte die Klägerin trotz der Weitergabe der Immobilien an Ihre Kinder diese weiterhin nach eigenem Ermessen nutzen, zum Beispiel selbst bewohnen, vermieten oder verpachten. Im Jahr 2000 übertrug die Klägerin ein weiteres Grundstück auf den Sohn zu Alleineigentum.

Nach einem längeren Krankenhausaufenthalt entschied sich die Klägerin die Löschung der zu ihren Gunsten eingetragenen Nießbrauchsrechte zu bewilligen. Die notariell beglaubigten Löschungsbewilligungen wurden der gemeinsamen Hausverwaltung der drei Kinder übergeben und in einem Safe verwahrt, bis der Sohn und spätere Beklagte sich knapp zwei Jahre später die Löschungsbewilligungen von einer Mitarbeiterin der Hausverwaltung aushändigen ließ. Im Auftrag des Sohnes und späteren Beklagten wurden die Löschungsbewilligungen von einem Notar schließlich gegen den Willen der Klägerin und der beiden Töchter beim Grundbuchamt eingereicht. Der Sohn wollte vermutlich, dass die Nießbrauchsrechte schnellstmöglich aus dem Grundbuch gelöscht werden, um über die Immobilien verfügen zu können. Als die Klägerin schließlich vom Grundbuchamt über die Löschung der zu ihren Gunsten eingetragenen Nießbrauchsrechte informiert wurde, reagierte sie umgehend mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen ihren Sohn. In dem daraufhin geführten Rechtsstreit bezeichnete der Sohn die Klägerin als dement und deshalb nicht geschäfts- und prozessfähig.

In dem Rechtsstreit, den der BGH nun zu entscheiden hatte, ging es um die von der Klägerin beantragte Zustimmung zur Berichtigung der Grundbücher in Bezug auf die nach Ansicht der Klägerin zu Unrecht gelöschten Nießbrauchsrechte. Die Klägerin hatte zuvor mit einem Schreiben gegenüber dem Sohn den Widerruf der Schenkungen der Immobilien wegen groben Undanks erklärt und die Rückübertragung des (Mit-)Eigentums an den Grundstücken vom Sohn an die Klägerin verlangt. Eine nähere Begründung enthielt das Schreiben nicht. Erst im Laufe des Verfahrens trug die Klägerin vor, dass sie die Schenkung insbesondere wegen des Verhaltens des Sohnes widerrufen habe. Der Sohn wehrte sich dagegen und hielt den Schenkungswiderruf für unwirksam.

Wie der BGH seine Entscheidung begründet

Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem Urteil vom 11.10.2022 (Az. X ZR 42/20) zur Frage, ob der Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks grundsätzlich einer Begründung bedarf, nunmehr klar positioniert und entschieden:

"Die Erklärung des Widerrufs einer Schenkung wegen groben Undanks bedarf keiner Begründung."

In erster Linie stützt der BGH seine Entscheidung auf den klaren Wortlaut des § 531 Abs. 1 BGB, der die Möglichkeit des Widerrufs einer Schenkung wegen groben Undanks vorsieht. Die Norm sieht keine Mitteilung des Widerrufsgrundes in der Widerrufserklärung vor.

Weiter argumentiert BGH mit dem Sinn und Zweck der Norm. Zwar räumt der BGH ein, dass der Beschenkte, der mit einem Schenkungswiderruf konfrontiert wird, ein schutzwürdiges Interesse daran habe, die Wirksamkeit des Widerrufs hinreichend zuverlässig überprüfen zu können. Jedoch stellt der BGH dann fest, dass ein ausreichender Schutz bereits dadurch gegeben sei, dass die materielle Wirksamkeit des Widerrufs sowohl an enge objektive, als auch subjektive Voraussetzungen vom Gesetz geknüpft sei. Mithin müsse der Schenker das Vorliegen dieser Voraussetzungen in einem etwaigen Zivilprozess darlegen und beweisen können. Ein zusätzlicher Schutz in Form einer Begründung des Widerrufs als weitere Wirksamkeitsvoraussetzung sei deshalb nicht erforderlich. Der BGH zieht hier auch eine Parallele zur Kündigung beim Dienstvertrag. Auch dort hängt die Wirksamkeit der Kündigung nicht davon ab, dass der kündigende Dienstherr den Kündigungsgrund schriftlich mitteilt. Entscheidend ist allein, ob ein wichtiger Kündigungsgrund tatsächlich vorliegt und die Kündigungsfrist eingehalten ist. Für den Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks gelte nichts anderes.

Ob der Widerruf im vorliegenden Streitfall tatsächlich gerechtfertigt war, hängt maßgeblich davon ab, ob objektiv eine Verfehlung des beschenkten Sohnes von gewisser Schwere nachgewiesen werden kann. Die Klägerin war während des Berufungsverfahrens verstorben. Der Rechtsstreit wurde aber von ihren beiden Töchtern als Erbinnen fortgeführt. Das Gericht hat in einem solchen Fall des Schenkungswiderrufs wegen groben Undanks eine Gesamtwürdigung des gesamten festgestellten Sachverhalts vorzunehmen. Das war im vorliegenden Streitfall vom Berufungsgericht jedoch nicht ordentlich erledigt worden, weshalb der BGH den Fall zurück an das Oberlandesgericht verwies. Wie auch immer das Verfahren am Ende ausgeht; es dürfte jetzt bereits feststehen, dass die Herstellung des Familienfriedens in diesem Fall wohl für lange Zeit schwierig werden dürfte.

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Foto(s): WERNER Rechtsanwälte, Konstanz


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