Inflation frisst Rente - wie Betriebsrentner ihre Rente retten können

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Inflation und Verbraucherpreisindex steigen massiv

In der Vergangenheit lag die Inflationsrate bei moderaten 0,5 % (2020) bis 3,1 % (2021). Im laufenden Jahr dürfte die Inflationsrate deutlich ansteigen, wenn nicht sogar explodieren. Allein im Januar lag die Inflationsrate bei +4,9 (https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/02/PD22_057_611.html).

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie wie auch die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Russland und der Ukraine führen zu einer enormen Steigerung der Inflationsrate und einer ungewissen weiteren Entwicklung. destatis.de weist eine Inflationsrate von aktuell +5,1 %, eine Entwicklung der Verbraucherpreise Nahrungsmittel von +5,3 % und eine Entwicklung von Verbraucherpreise Energie von +22,5 % aus (https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Preise/Verbraucherpreisindex/_inhalt.html). Für Betriebsrentner bedeutet das die Gefahr einer massiven Entwertung ihrer Renten.

Anpassung der Betriebsrente an die Teuerungsrate, § 16 BetrAVG

Der Gesetzgeber hat dieses Problem schon in den siebziger Jahren erkannt und die Vorschrift des § 16 BetrAVG (Betriebsrentengesetz) geschaffen.

Danach hat der Arbeitgeber alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden; dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen (§ 16 Abs. 1 BetrAVG).

Nach dieser gesetzlichen Vorschrift gilt die Verpflichtung auf Anpassungsprüfung als erfüllt, wenn die Anpassung nicht geringer ist als der Anstieg des Verbraucherpreisindexes für Deutschland oder den Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens im Prüfungszeitraum.

Nur in seltenen Ausnahmefällen, wie etwa bei einer Beitragszusage mit Mindestleistung oder einer Verpflichtung des Arbeitsgebers bei Zusage der Betriebsrente, die laufenden Leistungen jährlich um wenigstens eins von Hundert anzupassen (1 %) entfällt die Anpassungspflicht.

Für Sie bedeutet als Betriebsrentner bedeutet das:

Egal wie hoch die Inflation ausfällt - der Arbeitgeber muss nach dieser Regelung die Betriebsrente entsprechend erhöhen.

Arbeitgeber passt nicht an? Selbst aktiv werden!

Doch viele Arbeitgeber ignorieren die Verpflichtungen passen die Betriebsrenten nicht an. Hier ist es erforderlich, selbst aktiv zu werden.

Wenn der Arbeitgeber die Betriebsrente nicht anpasst, dann besteht ein Rechtsanspruch auf Anerkenntnis der Leistung der Rente dem Grunde und der Höhe nach, einschließlich des Anpassungszuschlages.

In einem solchen Fall empfehlen wir, folgendes Schreiben an den Arbeitgeber zu richten:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

ich war Beschäftigter in Ihrem Unternehmen. Im Rahmen des Arbeitsverhältnisses ist mir eine Betriebsrente zugesagt worden. Aktuell befinde ich mich in der Leistungsphase, d. h. ich beziehe Betriebsrente, und zwar seit dem (hier bitte das Datum des Rentenbeginns einfügen).

Eine Anpassung der Betriebsrente hat noch nicht stattgefunden, obwohl seither eine erhebliche Kaufkraftentwertung stattgefunden hat.

Nach § 16 BetrAVG sind Sie verpflichtet, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden.

Dieser Verpflichtung sind Sie bislang nicht nachgekommen. Aus diesem Grunde fordere ich Sie auf, die Anpassung der Betriebsrente entsprechend den gesetzlichen Vorgaben nachzuholen. In der Regel erfolgt hier eine nachholende Anpassungsprüfung zum Zeitpunkt des Rentenbeginns.

Da Sie ihrer gesetzlichen Pflicht zur Anpassung der Betriebsrente nicht nachgekommen sind, besteht darüber hinaus ein Anspruch auf Anerkenntnis und gegebenenfalls Titulierung der Betriebsrente, auch insoweit, als diese bislang geleistet worden ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gilt, dass der Versorgungsempfänger bei einem Streit darüber, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang laufende Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach § 16 BetrAVG anzupassen sind, hinsichtlich der vom Arbeitgeber zu erbringenden künftigen Leistungen ein Titulierungsinteresse für die volle geschuldete Betriebsrente (BAG, Beschluss vom 14.02.2012 – 3 AZB 59/11 u. a.).

Die Erledigung erbitte ich innerhalb von zwei Wochen nach Zugang dieses Schreibens.

Mit freundlichen Grüßen

(Unterschrift)“

Das Schreiben sollten Sie so versenden, dass Sie den Zugang im Streitfall nachweisen können (etwa per Boten, per Fax oder Einwurfeinschreiben). Allerdings kann es sinnvoll sein, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, auch weil Fristen laufen, etwa Verjährungs- und Ausschlussfristen, und die rechtliche Materie hierzu teilweise komplex und im Fluss ist.

Falls Sie Fragen zu Ihrer Betriebsrente oder zur Anpassungsprüfung haben, kommen Sie gerne auf mich zu.

Als Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht sowie Experte für betriebliche Altersversorgung bin ich auf dieses Gebiet spezialisiert.

Gerne biete ich auch einen „Betriebsrenten-TÜV“ an. Bei der Durchführung über Dritte, etwa eine Pensionskasse o. ä., kann es nämlich zu Kürzungen der Betriebsrente kommen, die der Arbeitgeber ausgleichen muss. Dieser muss für die ursprünglich zugesagte Leistung in voller Höhe einstehen (§ 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG). In vielen Fällen leistet der Arbeitgeber aber z.B. über eine Pensionskasse weniger, als geschuldet ist. Den Differenzbetrag kann man einfordern.

Foto(s): @canva.com

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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