Insolvenz der Wirecard AG - Ansprüche der Anleger

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Der Absturz des einstigen Börsenlieblings Wirecard AG hat sich zu einem Wirtschaftskrimi entwickelt und vor allem die Anleger und Aktionäre des Unternehmens hart getroffen. Von der Insolvenz der Wirecard AG sind Kleinanleger und institutionelle Anleger gleichermaßen betroffen. Sie stehen vor enormen finanziellen Verlusten, wenn sie ihre Rechte nicht geltend machen und Schadensersatz einfordern.


Was ist passiert?

Die Wirecard AG erlebte einen rasanten Aufstieg bis in den Dax. Kleinanleger und Großaktionäre investierten in die Wertpapiere der Wirecard. Es gab jedoch auch kritische Stimmen, die dem Unternehmen Unregelmäßigkeiten vorwarfen. Besonders die Financial Times ließ nicht locker und berichtete immer wieder über Unregelmäßigkeiten in den Bilanzen. Am Ende sollte sie Recht behalten.

Wirecard veranlasste zwar eine Sonderprüfung, doch die brachte für das Unternehmen keine Entlastung. Die beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG kritisierte u.a. fehlende Belege in den Unterlagen und mangelnde Kooperation. Inzwischen gibt es den Verdacht, dass die Bilanzen schon seit 2015 frisiert wurden.

Zum großen Knall kam es Mitte Juni. Am 18. Juni 2020 konnte die Wirecard zum wiederholten Mal den Jahresabschluss 2019 nicht vorlegen, weil die Wirtschaftsprüfer das Testat  verweigerten. Wenige Tage später musste der Konzern eingestehen, dass 1,9 Milliarden Euro, die auf Treuhandkonten bei philippinischen Banken liegen sollten, verschwunden sind und vermutlich nie existiert haben. Es folgte der Insolvenzantrag. Am 29. Juni 2020 hat das Amtsgericht München das vorläufige Insolvenzverfahren unter dem Aktenzeichen 1542 IN 1308/20 eröffnet. Anlegern in Aktien, Anleihe und andere Derivate drohen erhebliche finanzielle Verluste.


Staatsanwaltschaft ermittelt

Der Absturz der Wirecard AG ist längst ein Fall für die Staatsanwaltschaft geworden. Sie ermittelt u.a. wegen der Verdachts auf Marktmanipulation, Bilanzfälschung und Betrug. Die Ermittlungen können sich lange hinziehen und selbst wenn sich der Verdacht bestätigen sollte, bringt das den Anlegern ihr Geld noch nicht zurück.


Vertretung im Insolvenzverfahren

Sobald das Insolvenzverfahren regulär eröffnet ist, können Gläubiger ihre Ansprüche beim Insolvenzverwalter anmelden. Auch wenn die Insolvenzmasse kaum ausreichen wird, um die Ansprüche aller Gläubiger zu befriedigen, sollten auch Anleger und Aktionäre ihre Forderungen anmelden. Denn nur angemeldete Forderungen können im Insolvenzverfahren berücksichtigt werden. Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser begleitet Sie gerne im Insolvenzverfahren. Allerdings ist mit keiner hohen Insolvenzquote zu rechnen. Aktionäre könnten sogar ganz leer ausgehen, da ihre Forderungen nachrangig behandelt werden. Daher sollten Anleger nicht nur auf das Insolvenzverfahren setzen, sondern auch Schadensersatzansprüche geltend machen.


Schadensersatzanspruch geltend machen

Denn das investierte Geld muss nicht endgültig verloren sein. „Neben Ansprüchen im Insolvenzverfahren können auch Schadensersatzansprüche entstanden sein“, sagt Dr. Ingo Gasser, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. Schadensersatzansprüche können entstanden sein gegen

  • ehemalige und aktuelle Vorstände und Aufsichtsräte der Wirecard AG,
  • gegen Wirtschaftsprüfer,
  • gegen Anlageberater.


Ansprüche gegen Vorstände und Aufsichtsräte der Wirecard AG

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ehemalige Vorstände der Wirecard AG. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende Markus Braun saß schon in Untersuchungshaft und wurde nur gegen Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt. Sein ehemaliger Vorstandskollege Jan Marsalek ist flüchtig. Besonders um seine Person ranken sich immer neue Gerüchte. Die Ermittlungen haben sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft auf weitere Personen ausgeweitet, u.a. soll auch gegen noch amtierende Vorstände ermittelt werden.

Sollte sich der Verdacht auf Marktmanipulation, Bilanzfälschung und Betrug bestätigen, können Schadensersatzansprüche natürlich gegen die Täter gerichtet werden. Ansprüche können sich allerdings auch gegen andere Vorstände und Aufsichtsräte richten. Die Bilanzen der Wirecard wurden offenbar schon seit Jahren gefälscht ohne dass die leitenden Organe es bemerkt haben. Damit dürften sie gegen ihre Aufsichtspflichten verstoßen haben. Bei bilanzrechtlichen und kapitalmarktrechtlichen Verstößen haften Vorstände und Aufsichtsräte auch mit ihrem Privatvermögen.


Ansprüche gegen die Wirtschaftsprüfer

Am Ende haben zwar die Wirtschaftsprüfer von EY (Ernst & Young) das Testat für den Jahresabschuss 2019 verweigert. In den Jahren zuvor haben sie allerdings regelmäßig grünes Licht für die Bilanzen der Wirecard AG gegeben. Da die Bücher offenbar nicht erst in der jüngeren Vergangenheit geschönt wurden, stellt sich natürlich die Frage, warum die Wirtschaftsprüfer trotzdem regelmäßig das Testat erteilt haben. Bei einem Verstoß gegen ihre Prüfungspflicht haben sie sich schadensersatzpflichtig gemacht.


Ansprüche gegen Anlageberater

Gerade Kleinanleger sind in Kapitalanlagen oft unerfahren. Daher schuldet ihren ihr Anlageberater eine anleger- und objektgerechte Beratung. Dazu muss der Berater u.a. die Ziele, Erfahrung und Risikobereitschaft des Anlegers berücksichtigen. Eine umfassende Aufklärung über die Risiken der Kapitalanlage zählt ebenfalls dazu. Hat er gegen die Beratungspflichten verstoßen, kann er schadensersatzpflichtig sein.



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