Interessante Urteile aus dem Baurecht

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Der 1. Fall beschäftigt sich mit einem BGB-Vertrag und dessen Unterscheide zu einem VOB/B-Vertrag.

Der Auftragnehmer verlangt Zahlung restlichen Werklohns für die Verlegung von Bodenbelägen. Der Auftraggeber seinerseits war einem Dritten, dem Bauherrn vertraglich verbunden, der die Bodenbelagsarbeiten auch abgenommen hat. In dem Rechtstreit verteidigt sich der Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer damit, dass er Schadensersatzansprüche wegen Mängeln hat. Der Auftraggeber beruft sich weiter darauf, dass keine Abnahme stattgefunden hat und dass die Forderung noch gar nicht fällig sei. Dieser Fall lag dem OLG Brandenburg zur Entscheidung vor. Mit Urteil vom 13. Oktober 2016 hat das OLG Brandenburg die Berufung des Auftraggebers zurückgewiesen. Die fehlende Abnahme und die nicht prüfbare Schlussrechnungen gehören schon zum Standardrepertoire für eine Verteidigung in Bauprozessen durch den Auftraggeber. Auch beim BGB-Vertrag ist immer eine prüffähige Schlussrechnung und die Abnahme Fälligkeitsvoraussetzung.

Der Einwand der fehlenden Prüfbarkeit der Rechnung ist jetzt auch bei einem BGB-Vertrag normiert, so dass die Prüffähigkeit einer Schlussrechnung durch den Auftraggeber nur innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung erhoben werden kann (§ 641 Abs. 4 BGB). Deshalb ist es auch beim BGB-Vertrag zu spät, wenn sich der Auftraggeber auf den Einwand der fehlenden Prüffähigkeit erst im Prozess beruft. Hinsichtlich der Abnahme ist bei Nachunternehmerverträgen insbesondere die unbekannte Vorschrift des § 641 Abs. 2 BGB zu beachten. Danach kann es für die Fälligkeit ausreichen, wenn der Auftraggeber die Leistung abgenommen hat (§ 641 Abs. 2 Nr. 2 BGB) oder bereits bezahlt hat (§ 641 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Dies ist natürlich für Auftragnehmer als Nachunternehmer schwer zu beurteilen. Nach dem Gesetz reicht es aus, dass er seinem Auftraggeber erfolglos eine Frist zur Auskunft über eine Zahlung oder Abnahme mit dem Bauherren gesetzt hat (§ 641 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Diese Vorschrift gilt jedoch nicht nur beim BGB-Vertrag, sondern ist auch anwendbar auf den VOB/B-Vertrag, was viele nicht wissen. Mithin kann der Auftragnehmer als Nachunternehmer jederzeit die Abnahme seiner Leistungen auch mit Hilfe der BGB-Vorschriften erreichen, selbst wenn ein VOB/B-Vertrag vorliegt. Das bedeutet, dass der Bodenleger immer versucht sein soll, bei Abnahmeverweigerung die Abnahme trotzdem mit Hilfe dieser Vorschriften herbeizuführen. Hierfür ist jedoch ein Tätigwerden erforderlich. Es gilt -wie immer- durch den Auftragnehmer Fristen zu setzen. Nur wer schreibt, der bleibt.

Der 2. Fall beschäftigt sich wieder mit einem generellen Grundsatzproblem im Baurecht. 

Hier ging es um die Bestimmung des geschuldeten Leistungssolls. Dies hat das OLG Zweibrücken mit Urteil vom 03.12.2013 entschieden.

Hier sollte sich der Auftragnehmer folgende Grundsätze merken:

1. Bei der Bestimmung des vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungssoll wird die ausdrücklich vereinbarte Ausführungsart von der werkvertraglichen Pflicht, die geschuldete Funktionstauglichkeit zu erreichen, überlagert.

2. Auf Bedenken gegen die Funktionstauglichkeit hat der Auftragnehmer ausdrücklich hinzuweisen.

Dies bedeutet unabhängig von der ausdrücklich vereinbarten Ausführungsart schuldet der Auftragnehmer die vereinbarte Funktionstauglichkeit. Mithin kommt es allein auf die vereinbarte Funktionstauglichkeit an. In dem Fall ging es darum, dass ein Auftraggeber den Auftragnehmer mit dem Bau einer Heizungsanlage in einem Geschäftshaus, in dem sich unter anderem auch ein Fitnessstudio befand, beauftragte. Der Auftragnehmer baute eine neue Heizungsanlage ein. Nach dem Einbau entstanden in den Trainingsräumen so hohe Raumtemperaturen, dass mehrere Kunden die Verträge mit dem Fitnessstudio kündigten. Der Auftragnehmer verweigerte die Mängelbeseitigung mit der Begründung, dass eine Abkühlung der Luft nur mit einer weitaus teureren Anlage zu erreichen gewesen wäre. Weiter legt der Auftragnehmer dar, dass er den Auftraggeber darauf hingewiesen hat, dass die Anlage nicht die Funktion einer Klimaanlage ersetzt. Der Auftraggeber verlangt Schadensersatz und das mit Erfolg. Ein Sachverständigengutachten stellte fest, dass Ursache der Funktionsuntauglichkeit war, dass die Räume im gesamten Objekt mit unterschiedlicher Nutzung und unterschiedlicher Nutzlasten von nur einem Zentralgerät versorgt werden. Deshalb war die vereinbarte Ausführungsart nicht geeignet, die erforderliche Luftqualität in den verschiedenen Räumen zu gewährleisten. Das OLG Zweibrücken sah als entscheidend an, dass die Funktionstauglichkeit des Werks für den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch hier in Rede stand.

Die Anlage sollte die Luftqualität in dem Fitnessstudio sicherstellen, was mit der vereinbarten Ausführungsart jedoch nicht möglich war. Das OLG Zweibrücken kam zu dem Schluss, dass der Auftragnehmer den Auftraggeber auf die Erforderlichkeit weiterer, getrennter Raumluftanlagen wegen der unterschiedlichen Nutzlasten der verschiedenen Räumlichkeiten hätte hinweisen müssen.

Deshalb heißt es für den Auftragnehmer aufzupassen, ob die vereinbarte Funktionstauglichkeit, insbesondere die Nutzung des Gewerks überhaupt mit der vertraglichen Ausschreibung erreicht werden kann. Der Auftragnehmer kann sich nicht darauf beschränken, ein Leistungsverzeichnis abzuarbeiten. Ansonsten muss der Auftragnehmer zwingend Bedenken anmelden!

Letztlich soll ein 3. Fall des OLG Naumburg behandelt werden. Mit Urteil vom 09.04.2015 hat das OLG Naumburg entschieden, was eigentlich einleuchtend ist, jedoch kann in der Baupraxis nicht oft genug darauf hingewiesen werden. Hier geht es mal wieder darum, ob ein Einheitspreisvertrag oder ein Pauschalpreisvertrag vereinbart worden ist. Hinzu kam eine weitere Problematik, dass es zu Mehrmengen in einzelnen Positionen des detaillierten Leistungsverzeichnisses gekommen ist. Der Auftraggeber war der Auffassung, dass für den Anspruch auf Vergütung dieser Mehrmenge Voraussetzung ist, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber die Mehrmengen vor Ausführung der Leistung ankündigt. Hier ging es um Vergütungsansprüche des Aufragnehmers für die Lieferung und Montage einer Photovoltaikanlage auf Dachflächen von verschiedenen Gebäuden. Das OLG Naumburg hat entschieden, dass der Auftraggeber mit dem Einwand des Pauschalpreisvertrages nicht gehört werden kann, da sowohl das Angebot des Auftragnehmers als auch der schriftliche Vertrag eine Abrechnung nach Aufmaß vorsahen. Es oblag damit dem Auftraggeber darzulegen und zu beweisen, wann und mit wem abweichend vom Vertrag ein Pauschalpreis vereinbart worden sein soll. Das OLG Naumburg hat geurteilt, dass sowohl das Angebot als auch der schriftliche Vertrag eine Privaturkunde im Sinne der Vorschrift des § 416 ZPO darstellen, die Beweis dafür erbringen, dass die in ihr enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern auch abgegeben worden sind. Gleichzeitig spricht eine Vermutung für die Vollständigkeit der Urkunde. Weiter hat das OLG Naumburg klargestellt, dass die Leistungen nach Aufmaß abgerechnet werden sollen und bei einem Einheitspreisvertrag, die Anzeige wegen Mehrmengen nicht erforderlich ist.

Mithin bedarf es bei einem Einheitspreisvertrag, wenn es zu unvorhergesehenen Mehrmengen kommt, nicht einer Ankündigungspflicht durch den Auftragnehmer. Nichtsdestotrotz sollte der Auftragnehmer überlegen, ob er nicht lieber die Mehrmengen bei einem Einheitspreisvertrag vorher angekündigt, um Diskussionen mit dem Auftraggeber bei der Abrechnung zu vermeiden.

Carsten Seeger


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