Ist die Dash-Cam erlaubt oder verboten?

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Man sieht sie immer öfter: Dash-Cams, die kleinen Kameras, die in Privatfahrzeugen auf dem Armaturenbrett oder der Windschutzscheibe angebracht sind und fortwährend die Fahrt aufzeichnen. Die technischen Möglichkeiten sind recht vielfältig, so lassen sich bei einigen Systemen auch GPS- und Mobilitätsdaten, wie beispielsweise die Geschwindigkeit, zum Video mit dazu erfassen.

Besonders reizvoll ist ihr Einsatz deshalb, weil sich so nach einem Unfall ohne weiteres nachvollziehen lässt, wie sich die Kollision ereignet hat. Das hilft manch einem aus der misslichen Lage, wenn die Umstände zunächst gegen ihn sprechen. Zu denken ist beispielsweise an den Fall, dass das an einer Ampel stehende Fahrzeug einfach zurücksetzt und von vorne auffährt. Das sieht – wenn keine Zeugen für den Vorfall vorhanden sind – zunächst danach aus, dass der Hintermann aufgefahren ist und damit die alleinige Schuld trägt. Selbst durch ein Sachverständigengutachten lässt sich dies nicht immer entkräften. Da käme die Videoaufzeichnung wie gerufen.

Das Problem an den Kameras ist: Es werden Videoaufzeichnungen gegen den Willen aller anderen Verkehrsteilnehmer gefertigt. Das stellt für sich einen Verstoß gegen das sogenannte informationelle Selbstbestimmungsrecht dar, das als Teil des Persönlichkeitsrechts sogar verfassungsmäßig gewährleistet ist. Darüber hinaus steht auch das Bundesdatenschutzgesetz dagegen.

Vor diesem Hintergrund müssen die Gerichte, bei denen dann die Streitigkeiten über die Unfälle landen, darüber entscheiden, ob die Videoaufzeichnung als Beweismittel vor Gericht verwendet werden kann oder nicht. Die Gerichte entscheiden derzeit sehr unterschiedlich, ob sie die Aufnahmen zulassen.

Das Landgericht Memmingen (Urteil vom 14.01.2016, Az. 22 O 1983/13) beispielsweise hat entschieden, dass ein Grundstückseigentümer es nicht dulden muss, wenn ein Fahrzeug, in dem eine Dash-Cam installiert ist, dauerhaft so geparkt wird, dass mit den Videoaufzeichnungen sein Wohngrundstück überwacht werden kann. Das Gericht meint, dass das Interesse des Fahrzeugeigentümers an der Aufklärung bloß theoretisch möglicher Unfälle oder Sachbeschädigungen nicht so schwer wiegt wie die Privatsphäre des Nachbarn. Das Gericht fürchtet, dass dann, wenn man solche On-Board-Kameras als Beweismittel zulassen würde, sich ihr Einsatz erheblich ausbreiten würde. Damit wäre einer dauerhaften und flächendeckenden Überwachung des öffentlichen Verkehrs Tür und Tor geöffnet.

Anders sehen es das Landgericht Landshut (Hinweisbeschluss vom 01.12.2015, Az: 12 S 2603/15) und das LG München I (Hinweis- und Beweisbeschluss vom 14.10.2016, Az: 17 S 6473/16):

Da es grundsätzlich nicht verboten ist, Aufnahmen aus einem Fahrzeug im ruhenden oder fließenden Verkehr zu fertigen, steht nach Ansicht des Landgerichts Memmingen auch der Verwertung als Beweis nichts entgegen. Selbst ein Verstoß gegen § 6 b Bundesdatenschutzgesetz ziehe kein Beweisverwertungsverbot nach sich. Und selbst einen gravierenden Grundrechtseingriff kann das Gericht nicht erkennen: Da die Aufzeichnungen wahllos und ohne konkrete Absicht erfolgen, werden auch keine spezifischen Bewegungsprofile einzelner Personen erstellt. Andere Verkehrsteilnehmer werden anonym erfasst. Und so seien die Videosequenzen nach einem Unfall eben nur ein Beweismittel neben weiteren Unfallspuren und umstehenden Beteiligten, die regelmäßig nach einem Unfall zur Beweissicherung zumeist auch fotografiert werden.

Eine konkrete Empfehlung pro oder kontra Dash-Cams lässt sich somit nicht aussprechen. Daher gilt: Im Falle eines Unfalls gilt es unabhängig von etwaigen Video-Aufzeichnungen so viele Beweise zu sichern wie möglich. Idealerweise durch die Polizei, notfalls mithilfe der eigenen Handy-Kamera: Übersichts- und Detailaufnahmen der beteiligten Fahrzeuge, vor allem deren Endstellung, Brems- und Glasspuren auf der Fahrbahn, vielleicht sogar geltende Verkehrszeichen. Und: Sprechen Sie auch Passanten an, ob sie als Zeuge für den Unfall zur Verfügung stehen. Mit dem Argument, dass sie in einer ähnlichen Situation um jede Unterstützung dankbar wären, sind sicher viele Menschen bereit, als Zeuge einen wichtigen Teil zur Aufklärung des Unfalls zu leisten.


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