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IVF nach Sterilisation - wann muss PKV und GKV für Kosten der extrakorporalen Befruchtung leisten?

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Der Streit:

Früher Sterilisation – später dennoch erneuter Kinderwunsch und künstliche Befruchtung: müssen PKV (Private Krankenversicherung) oder GKV (Gesetzliche Krankenversicherung) für die Kosten der Kinderwunschbehandlung Leistungen gewähren?

Zum Sachverhalt:

Ein Partner lässt sich sterilisieren. Das kann mehrere Gründe haben. Zum einen kann es medizinisch geboten sein, z. B. weil risiko- oder krankheitsbedingt er oder sein Partner keine (weiteren) Kinder mehr haben dürfen oder sollten. Zum anderen kann es aber auch mit der Lebensplanung des Paares zusammenhängen, das keine (weiteren) Kinder mehr haben möchte. Im letzten Fall kann man nicht von einem unfreiwilligen Zustand oder einer ungewollten Krankheit sprechen, da es ja gerade das Ziel der freiwilligen Sterilisation war, eine Schwangerschaft (Vaterschaft) zu verhüten, wenn auch um den Preis der Unfruchtbarkeit der sterilisierten Person. Medizinisch ist es möglich, dass sich sowohl die Frau als auch der Mann sterilisieren lassen. Dies geschieht z. B. mittels chirurgischem Eingriff in Form der Unterbrechung der Eileiter oder Samenleiter.

Doch was ist, wenn sich die Familienplanung später ändert, entweder weil das Paar nun doch noch Kinder haben möchte oder weil der/die Sterilisierte eine neue Partnerschaft eingegangen ist und damit ein neuer Kinderwunsch entsteht? Es kann dann u. U. eine Refertilisierungs-OP durchgeführt werden. Wenn diese nicht zum Erfolg führt und eine Schwangerschaft anschließend nicht eintritt, bleibt noch ein letzter Ausweg: eine künstliche Befruchtung.

Die Frage:

Muss dann die PKV oder GKV, je nachdem wo die Krankenversicherung besteht, für die Kosten einer künstlichen Befruchtung aufkommen? 

Die Antwort:

Grundsätzlich nein, wenn die Sterilisation freiwillig war, also z.B. aus Gründen der abgeschlossenen Familienplanung damals erfolgte – aber unter gewissen Voraussetzungen doch!

Diese Aussage gilt sowohl für Privatpatienten (PKV) als auch für Kassenpatienten (GKV).

Es kommt nämlich auf die genaue Ursache der heutigen Sterilität an. War z.B. eine Refertilisierungsoperation chirurgisch erfolgreich (z. B. bei früherer Vasektomie des Mannes) und bleibt seine Fertilität dennoch eingeschränkt (z. B. weil sein Spermiogramm aus anderen Gründen, die mit der Sterilisation und ihrer chirurgischen Rückgängigmachung nichts zu tun haben) eingeschränkt ist, dann hat das Eine mit dem Anderen nichts zu tun. Rechtlich muss zwischen beiden Sachverhalten differenziert werden. Die Versicherung ist in der Pflicht, wenn die heutige Sterilität nicht von der damaligen Sterilisation und deren Folgen verursacht ist sondern andere Gründe hat. 

Entsprechendes gilt bei einem Zusammentreffen mehrerer Ursachen bei beiden Partnern, wenn also eine Person sich sterilisieren ließ und das Paar unabhängig davon keine Schwangerschaft erreichen kann, weil zusätzlich der andere Partner in seiner Fortpflanzungsfähigkeit erkrankt ist. Dann liegt die Indikation für eine IVF-Behandlung jeweils bei beiden Partnern – bei der sterilisierten Person in Folge der Sterilisation und bei dem anderen Partner in Folge seiner Erkrankung. In diesem Fall sind 2 getrennte Versicherungsfälle zu sehen – und die Frage nach der Eintrittspflicht der Krankenversicherung ist 2 x zu stellen, nämlich in Bezug auf die Versicherung des Mannes und die Versicherung der Frau.

So hat jedenfalls das Landgericht München I mit Urteil vom 31.1.14 zu Gunsten unserer Mandantin entschieden: dort hatte sich einerseits der Mann in 1. Ehe sterilisieren lassen (nach der Geburt eines behinderten Kindes) und wollte in der neuen Partnerschaft dann wieder ein Kind; zugleich litt seine neue Partnerin an einer endokrinen Störung, die – für sich alleine genommen – eine IVF-Behandlung indizierte. Das Landgericht München verurteilte die private Krankenversicherung der Frau zur Zahlung der IVF-Behandlungskosten.

bearbeitet von Rechtsanwalt Hans Modl

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