Jugendstrafrecht

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Was ist Jugendstrafrecht?

Das Jugendstrafrecht ist eine Art „Sonderstrafrecht“, dass speziell bei jungen Straftätern zur Anwendung kommt, die zwar schon strafmündig , aber in Ihrer persönlichen und geistigen Reife noch nicht derart entwickelt sind, als dass das allgemeine Straf- und Strafprozessrecht in seiner vollen Härte zur Anwendung kommen kann und auch soll.

Das Jugendstrafrecht nach dem Jugendgerichtsgesetz (JGG) sieht deshalb aus erzieherischen Gründen andere Sanktionen vor als für Erwachsene nach dem StGB. ABER: die unter Strafe gestellten Handlungen nach dem StGB gelten auch für Jugendliche. Lediglich die Rechtsfolge ist eine andere.

Dem Schutzgedanke gegenüber den jungen Straftätern wird unter anderem auch dadurch Rechnung getragen, dass Hauptverhandlungen in Jugendsachen nicht öffentlich sind und es auch nicht möglich ist das Verfahren mit einem Strafbefehl zu beenden. Der Richter muss sich vom jungen Straftäter stets ein „eigenes Bild“ machen. Insofern kommt es auch selten zu einer Einstellung bereits im Ermittlungsverfahren.

Außerdem ist bei Verfahren gegen Jugendliche stets ein Vertreter der Jugendgerichtshilfe anwesend und gibt eine Einschätzung zu dem angeklagten Jugendlichen ab.


Für wen gilt das Jugendstrafrecht?

Das Jugendstrafrecht wird auf Täter angewendet, die sich zur Tatzeit in einer Übergangsphase zwischen Kind und Erwachsenem befinden. Es findet Anwendung auf Jugendliche im Alter zischen 14 und 17 Jahren (Strafmündigkeit beginnt mit einem Alter von 14 Jahren). In einzelnen Fällen kann es aber auch für junge Heranwachsende in einem Alter zwischen 18 und 21 Jahren herangezogen werden, wenn der Betreffende in seiner mentalen oder charakterlichen Entwicklung hinter seinem biologischen Alter zurücksteht, oder die begangene Tat angesichts der Tatumstände als typische Jugendstraftat einzustufen ist.


Wie unterscheidet sich das Jugendstrafrecht vom allgemeinen Strafrecht?

Das allgemeine Strafrecht kennt im Wesentlichen zwei Arten von Strafen: Geldstrafe und Freiheitsstrafe

Die Maßnahmen des Jugendstrafrechts dienen dagegen einem anderen Zweck: Sie sollen keine Strafe, sondern eine Besserungshilfe für den straffällig gewordenen Jugendlichen sein und nach Möglichkeit seinen weiteren Lebensweg positiv beeinflussen.


Welche Maßnahmen gibt es im Jugendstrafrecht?

Da der Erziehungsgedanke im Jugendstrafrecht im Vordergrund steht spricht man hier nicht von Strafen, sondern Maßnahmen


1. Erziehungsmaßregeln

Mögliche Erziehungsmaßregeln sind Sozial- oder Arbeitsstunden in dafür vorgesehenen Einrichtungen. (mildeste Maßnahme)


2. Zuchtmittel

Hier gibt es wiederum drei mögliche Varianten, die vor allem vom Verhalten des Jugendlichen nach der Tat abhängig sind.

a) Verwarnung

Der sprichwörtliche erhobene Zeigefinger – sie wird als ausreichend betrachtet, wenn der Betreffende sich einsichtig zeigt, und davon ausgegangen werden kann, dass die Tatsache eines Strafverfahrens Denkzettel genug ist.

b) Arbeitsauflagen

Auflagen sollen dazu dienen, die Einsicht des Täters zu befördern. Sie können etwa in Wiedergutmachungsleistungen gegenüber dem Tatopfer, der Verpflichtung zum Antreten einer Ausbildung oder der Zahlung eines bestimmten Geldbetrages an gemeinnützige Einrichtungen bestehen.

c) Jugendarrest

Bei wiederholter oder schwererer Schuld kann ein Jugendarrest verhängt werden, der sich von mehreren Stunden pro Tag bis hin zu einem Dauerarrest von maximal 4 Wochen erstrecken kann. Häufigste Variante ist hierbei der Freizeitarrest, der sich über ein (oder mehrere) Wochenenden erstreckt.

3. Jugendstrafe

Die härteste mögliche Maßnahme ist die Jugendstrafe. Sie ist als einzige den Maßnahmen, die dem allgemeinen Strafrecht gleicht. Sie wird jedoch nur verhängt bei besonders schwerer Schuld oder erkennbaren schädlichen Neigungen des Straftäters.

Die Jugendstrafe wird in einer Justizvollzugsanstalt speziell für Jugendliche verbüßt und beträgt zwischen 6 Monaten und 5 Jahren. In besonders schweren Fällen kann sie auf bis zu 15 Jahre verlängert werden. Jugendstrafen von einem Jahr oder weniger können zur Bewährung unter Auflagen ausgesetzt werden.

Konsequenten bei Nichteinhaltung: Wenn der Verurteilte den ihm auferlegten Weisungen nicht Folge leistet, ist mit der Verhängung eines Jugendarrestes von bis zu vier Wochen zu rechnen. Alternativ dazu kann ihm auch ein Betreuer zur Seite gestellt werden, sodass er in seiner gewohnten Umgebung verbleiben kann und nicht in Haft muss. Dies entscheidet das zuständige Gericht nach eigenem Ermessen. Beides sollte jedoch tunlichst vermieden werden.

Konkrete Straferwartung

Kurz und knapp: die gibt es nicht! Das liegt daran, dass das Jugendgerichtsgesetz nicht für eine bestimmte Tat eine bestimmte Maßnahme vorsieht, sondern die Bestimmung der richtigen Maßnahme flexibel den Umständen des Einzelfalles angepasst werden soll, um für den Betreffenden die bestmögliche Wirkung zu erzielen. Die zu ergreifenden Maßnahmen richten sich nach dem Zusammenspiel von Schuldschwere, Schuldbewusstsein, Alter, Reifegrad und Verhalten des Jugendlichen und werden hinsichtlich dieser Faktoren nach Ermessen des Jugendrichters festgelegt.


Ludmilla Melcher LL.M. 

Rechtsanwältin | Strafverteidigerin



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