KANADA: Ontario ändert Regelungen für Testamente bei Eheschliessung und Trennung

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Mit Herzklopfen fiel David auf die Knie und machte seiner Freundin Anna einen Heiratsantrag! Nach 12 Jahren Beziehung wollte er den Rest seines Lebens mit ihr verbringen – und sie nahm freudestrahlend an! Mit Schmetterlingen im Bauch ging das Paar an die Hochzeitspläne und rief sogar ihren Anwalt an, um sich umfassend beraten zu lassen. In ihren bisherigen gemeinsamen Jahren hatten sie schon ein Haus in Ontario gebaut und sich gegenseitig in einem Testament bedacht.

Bisherige Fallstricken bei Testamenten bei Eheschließung und Trennung

Jahrzehntelang galt für Testamente in Ontario die Regel, dass eine Eheschließung alle Testamente ungültig macht, die das Paar vor der Eheschließung gemacht hatte, es sei denn, diese Testamente enthielten einen besonderen Hinweis auf die bevorstehende Eheschließung, als sie gemacht wurden.  Umgekehrt wurde jedoch nicht davon ausgegangen, dass sich dies auf die Auslegung der Testamente auswirkt, wenn die Ehe zerbrochen war und die Ehegatten jahrelang nicht mehr zusammenlebten. 

Keine bösen Überraschungen mehr nach Eheschließung in Ontario

Nun wird das Succession Law Reform Act von Ontario geändert, um diese beiden Standards zu ändern.  Für Paare, die ab dem 1. Januar 2022 heiraten, werden ihre Ehen nicht mehr zur Ungültigkeit ihrer Testamente führen.  Diese Vorschrift, die zwar weitgehend durchgesetzt wurde, aber nicht allgemein bekannt war, hat in der Vergangenheit viele Paare überrascht und kann für die Nachlassplanung katastrophale Folgen haben. Durch die Abschaffung dieser Vorschrift müssen sich Paare, die heiraten wollen, sich um eine Sache weniger Sorgen machen. Dank dieser Änderung müssen Emma und David sich nicht um das bestehende Testament kümmern, sondern können sich ganz der Gästeliste und dem Hochzeitsmenü widmen.

Änderungen für Schenkungen bei langfristiger Trennung 

Die andere wichtige Änderung betrifft das Scheitern von Ehen und besagt, dass die in einem Testament hinterlassenen Schenkungen eines Partners an den anderen nicht mehr gültig sind, wenn die Ehegatten u. a. drei Jahre oder länger getrennt voneinander gelebt haben.  Eine ähnliche Regelung gibt es bereits für geschiedene Paare, nicht aber für Ehegatten, die nicht mehr ein Paar sind, sich aber auch nicht formell scheiden lassen.  Mit den neuen Änderungen des Succession Law Reform Act wird sichergestellt, dass langfristig getrennt lebende Paare und Paare, die ihr gemeinsames Vermögen aufteilen, keine Schenkungen mehr erhalten können, die ihnen von ihren früheren Partnern hinterlassen wurden, und umgekehrt.

Das Gesetz in Ontario denkt mit

Diese Änderung ist sehr sinnvoll, denn es ist unwahrscheinlich, dass viele Paare, die schon lange getrennt leben, ihren früheren Partnern noch Geschenke machen wollen. Da jedoch viele Testamente so abgefasst sind, dass die Ehegatten den Löwenanteil des Nachlasses erhalten, und weil Testamente in der Regel nur selten aktualisiert werden, kann es vorkommen, dass genau diese Art von Schenkungen in der Vergangenheit versehentlich hinterlassen wurde. Die Änderungen des Gesetzes werden dazu beitragen, dass dies nicht mehr vorkommt.

Was passiert bei deutschen Nachlässen mit Vermögenswerten in Ontario?

Diese neue Änderung wird für internationale Nachlässe sehr interessant werden. In Deutschland ist ein Ehevertrag zwischen den Partnern anstelle eines Testaments ein übliches Mittel, um testamentarische Absichten zu umreißen. Wenn das Paar aber vor der Trennung auch Immobilien in Ontario besitzt (z. B. ein Erholungsgrundstück oder eine Hütte), gilt der Ehevertrag dann nicht mehr für diese Vermögenswerte, wenn einer der Partner später verstirbt?  Ausgehend vom Wortlaut der neuen Änderungen des Succession Law Reform Act scheint es wahrscheinlich, dass der überlebende Partner diesen Zugewinn in Ontario nicht mehr geltend machen kann, selbst wenn er in Deutschland Anspruch auf Nachlassvermögen hätte.

Wie bei allen Dingen, die sich auf Nachlässe beziehen, werden sich die Änderungen des Gesetzes erst in der Zukunft wirklich bemerkbar machen. Während wir Anna und David doch ein langes, glückliches Eheleben wünschen, so hoffen wir, dass sie ihre Nachlassplanung regelmäßig vom Anwalt auf Aktualität prüfen lassen, damit ihre Wünsche in Zukunft vollends berücksichtig werden.

Haben Sie auch Vermögenswerte in Kanada? Planen Sie rechtzeitig Ihre Nachlassregelung mit Bedacht und prüfen Sie regelmäßig, ob weiterhin alles entsprechend der Entwicklung in Ihrem Leben aktuell ist. Ein Anwalt, der sich mit kanadischem Erbrecht und Nachlassverwaltungen auskennt, kann hier helfen und Sie umfassend und weitsichtig unterstützen.

Bei Jacob Associates bauen wir die rechtliche Brücke zwischen Kanada und Deutschland und sind auf beiden Seiten des Atlantiks aktiv. Als Kanzlei für kanadisches Recht setzen wir die Interessen deutscher Mandanten bei rechtlichen Angelegenheiten in Kanada durch. Zugleich wahren wir die Rechte unserer kanadischen Klienten in Deutschland. Neben grenzüberschreitendes Handels- und Gesellschaftsrecht sind das Erbrecht, internationales Zivilprozessrecht, Immobilienrecht und Immigrationsrecht unser Tätigkeitsschwerpunkte.

Kontaktieren Sie uns, wenn wir Sie in Erbangelegenheiten in Kanada beraten dürfen.

Foto(s): @adobe/jacoblund

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