Kann vom Arbeitgeber verlangt werden, einen Mitarbeiter zu kündigen? – Wann eine Druckkündigung zulässig ist

  • 4 Minuten Lesezeit
Voraussetzungen an eine Druckkündigung

Üben Dritte auf einen Arbeitgeber unter Androhung von Nachteilen Druck aus und verlangen von diesem, einen bestimmten Mitarbeiter zu entlassen, spricht man von einer Druckkündigung. Der Arbeitgeber kann dann den unliebsamen Mitarbeiter unter Umständen entlassen, ohne dass tatsächlich ein Kündigungsgrund vorliegt.  

Bei einer echten Druckkündigung ist der Druck auf den Arbeitgeber der einzige Kündigungsgrund: Kunden drohen, einen wichtigen Auftrag nicht zu erteilen, einige oder sämtliche Mitarbeiter drohen mit Arbeitsniederlegung oder Eigenkündigung oder Geschäftspartner verweigern die weitere Zusammenarbeit. Das alles kann große Nachteile für den Arbeitgeber mit sich bringen können. Der betroffene Mitarbeiter, dessen Kündigung verlangt wird, hat sich nichts zu Schulden kommen lassen, was eine verhaltens- oder personenbedingte Kündigung rechtfertigen würde.

Dies unterscheidet die echte Druckkündigung im Übrigen von der unechten. Eine unechte Druckkündigung liegt nämlich vor, wenn Dritte vom Arbeitgeber fordern, einen Mitarbeiter zu entlassen, der beispielsweise andere mobbt oder sexuell belästigt. Der Druck von außen spielt hier nur eine untergeordnete Rolle, denn der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer aufgrund seines Fehlverhaltens kündigen. Letztendlich ist also eine unechte Druckkündigung keine Druckkündigung, sondern eine normale Kündigung.

Den Sachverhalt prüfen, den Mitarbeiter schützen

Die angedrohten Nachteile, die sich für den Arbeitgeber abzeichnen, wenn er den betroffenen Mitarbeiter nicht entlässt, müssen (wirtschaftlich) so großen Schaden anrichten, dass ihm nichts anderes als die Kündigung des Arbeitnehmers übrigbleibt. Zuvor muss er allerdings seiner arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht nachkommen und sich trotz des Drucks von außen schützend vor seinen Mitarbeiter stellen. Er muss Nachforschungen anstellen, ob objektive Gründe vorliegen, die eine Kündigung des betroffenen Mitarbeiters rechtfertigen würden, genauso muss er auch nach entlastenden Beweisen suchen.

Zur Prüfung des Sachverhalts ist es zudem unerlässlich, den betroffenen Mitarbeiter anzuhören. Er muss die Chance erhalten, seine Sicht der Dinge zu schildern und sich selbst zu entlasten. Versäumt der Arbeitgeber dies, ist die Druckkündigung in jedem Fall unwirksam. Dasselbe gilt auch, wenn er den Betriebsrat, so das Unternehmen über einen verfügt, vor Aussprechen der Druckkündigung nicht anhört.

Den Druck abwehren, mildere Mittel als eine Kündigung ausloten

Der Arbeitgeber muss sich gegen den Druck durch Dritte wehren: Er kann Arbeitnehmern, die eine Arbeitsniederlegung in Aussicht stellen, mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen wie Abmahnungen und Gehaltskürzungen drohen, er kann ein Mediationsverfahren zur Streitschlichtung zwischen den Konfliktparteien anbieten, er kann beschwichtigende Mitarbeitergespräche führen und er kann sich an die Vorgesetzten der ihn unter Druck setzenden Mitarbeiter aus Drittfirmen wenden. Oder aber er kann versuchen, den betroffenen Mitarbeiter aus der Schusslinie zu nehmen, indem er ihn etwa an einen Arbeitsplatz setzt oder die Umstrukturierung des Teams forciert.

Weiterhin darf der Arbeitgeber die Verhältnismäßigkeit nicht außer Acht lassen. Fordert ein eher unbedeutender Kunde die Entlassung einer seiner Mitarbeiter, muss der Arbeitgeber im Zweifel den Verlust des Kunden in Kauf nehmen. Wenn der Arbeitgeber die Drucksituation selbst geschaffen hat, darf er auch keinem Mitarbeiter kündigen.

Im Rahmen einer Druckkündigung spielt es eine untergeordnete Rolle, ob der Druck durch Dritte legal oder illegal ist. Auch ob der Druck überhaupt berechtigt ist und ob es gute Gründe für ihn gibt, ist vernachlässigbar. Es kommt darauf an, ob der Arbeitgeber sämtliche Möglichkeiten ausgeschöpft hat und die Druckkündigung die Ultima Ratio, das letzte Mittel, darstellt. Erst wenn der Arbeitgeber dem Druck nicht mehr standhalten kann, die Verwirklichung der Drohungen enormen Schaden nach sich ziehen würden, ist die Kündigung des betroffenen Mitarbeiters zulässig.

Gegen eine Druckkündigung vorgehen

Um vorzubeugen, dass Kollegen oder andere Personen aufgrund persönlicher Antipathien jemand anderes aus ihrem Arbeitsumfeld loswerden wollen, setzt das Arbeitsgericht an Druckkündigungen besonderes hohe Anforderungen. Ein Arbeitgeber, der nicht alle Mittel ausgeschöpft hat, um die Entlassung des Mitarbeiters zu verhindern, kann im Falle einer vorschnell ausgesprochenen Druckkündigung bei einer Kündigungsschutzklage schnell den Kürzeren ziehen.

Beim Erhalt einer Druckkündigung ist Arbeitnehmern stets zu raten, sich anwaltlich beraten zu lassen, denn die Chancen auf einen erfolgreichen Kündigungsschutzprozess stehen hier sehr gut. Stellt das Arbeitsgericht im Verlaufe des Prozesses fest, dass die Druckkündigung unzulässig ist, kann das Arbeitsverhältnis oft gegen eine Abfindungszahlung aufgelöst werden. Zudem besteht die Möglichkeit, dass der gekündigte Arbeitnehmer Anspruch auf Schadensersatz hat. Dafür muss eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung (§ 826 BGB) vorliegen oder über den Gekündigten müssten unwahre Tatsachen verbreitet worden (§ 824 BGB), die letztendlich zu seinem Schaden geführt haben.

Haben Sie eine Druckkündigung erhalten und Zweifel an der Zulässigkeit der Kündigung? Die erfahrenen Anwälte der Kanzlei VON RUEDEN haben sich auf die Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten spezialisiert. Wir beraten Sie gerne zu Ihrer Druckkündigung und in allen anderen arbeitsrechtlichen Fragen. Profitieren Sie von unserem kostenlosen und unverbindlichen Kündigungs-Check und/oder unserer kostenfreien Erstberatung!

Foto(s): Adobe Stock

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Johannes von Rüden

Beiträge zum Thema