Kanzleifall: Überstunden – Hat der Arbeitnehmer einen Zahlungsanspruch?

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Arbeitsgericht München, Urteil vom 09.03.2021 – 41 Ca 1270/20

Überstunden sind – insbesondere nach Ausspruch einer Kündigung – ein sehr häufiger Streitpunkt im Arbeitsrecht. Denn nicht selten glauben Arbeitnehmer über hunderte Überstunden zu verfügen, die selbstverständlich von dem (ehemaligen) Arbeitgeber zu vergüten sind. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass der Arbeitnehmer seinen vermeintlichen Zahlungsanspruch gar nicht begründen kann.

Der Fall 

Der Kläger war seit dem 01.04.2012 bei der Beklagten als Vertriebstechniker im Außendienst tätigt. Die Arbeitszeit des Klägers belief sich laut Arbeitsvertrag, bei einem Grundgehalt von € 3.841,94 brutto, auf 40 Stunden wöchentlich. Der Arbeitsvertrag enthielt darüber hinaus eine Regelung, wonach alle Überstunden pauschal mit dem Grundgehalt abgegolten sein sollten. Nachdem das Arbeitsverhältnis der Parteien durch Eigenkündigung des Klägers mit Ablauf des 30.09.2019 sein Ende gefunden hatte, erhob dieser am 06.02.2020 Klage und beantragte, die Beklagte zur Zahlung von insgesamt rund € 30.000,00 zu verurteilen. Der Kläger behauptete, zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses seien noch rund 900 Überstunden zur Zahlung offen gewesen. Darüber hinaus müsse die Beklagte für weitere rund 29 Stunden, in denen sich der Kläger außerhalb seiner regulären Arbeitszeiten auf Dienstreisen befunden habe, Zuschläge zahlen. Die Beklagte bestritt, dass der Kläger überhaupt Überstunden geleistet hätte. Jedenfalls aber habe sie Überstunden weder angeordnet, noch geduldet oder gebilligt. Auch hätte der Kläger keine Dienstreisen getätigt, da die Fahrtzeiten bei Außendienstmitarbeitern als Arbeitszeit vergütet würden.

Das Urteil

Das Arbeitsgericht München gab der Beklagten Recht und wies die Klage als unbegründet ab. Der Kläger habe im Ergebnis weder hinreichend dargelegt Überstunden geleistet zu haben, noch, dass etwaige Überstunden von der Beklagten veranlasst, gebilligt oder zumindest geduldet worden wären. Auch Zuschläge für die angeblichen Dienstreisen sprach das Gericht dem Kläger nicht zu. Weil der Kläger ein Außendienstmitarbeiter gewesen sei, habe es sich nicht um Dienstreisen, sondern um reguläre Arbeitszeit gehandelt.

Hinweise für die Praxis

Damit die Klage auf Zahlung einer ausstehenden Überstundenvergütung Aussicht auf Erfolg bietet, muss der Arbeitnehmer ganz akribisch vortragen wann er Überstunden geleistet hat, dass die geleisteten Überstunden dem Arbeitgeber zuzurechnen sind und warum er erwarten durfte, für die Überstunden eine Vergütung zu erhalten. Weshalb der klägerische Vortrag dem Arbeitsgericht München nicht ausgereicht hat und warum Arbeitgeber wegen eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahre 2019 unbedingt ihre arbeitsvertraglichen Regelungen überprüfen sollten, erfahren Sie in unserer ausführlichen Urteilsbesprechung unter https://www.ra-wittig.de/urteile-arbeitsgericht/ueberstunden-arbeitnehmer-zahlungsanspruch/.

Weitere interessante Informationen rund um das Thema „Überstunden“ erhalten Sie in unserem „Ratgeber Arbeitsrecht“ unter https://www.ra-wittig.de/ratgeber/ratgeber-arbeitsrecht/arbeitsrecht/ueberstunden/.

Foto(s): Wittig Ünalp Rechtsanwälte PartGmbB

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