Kapitalanlage in Photovoltaikanlagen

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Worum geht es?

Wir hatten bereits über ein Kapitalanlagemodell berichtet, dass darin besteht, dass Kapitalanleger eine Photovoltaikanlage, bestehend aus Modulen, Wechselrichter, Unterkonstruktionen und Systemzubehör erwerben. Der Verkäufer vermittelt zugleich mit dem Kaufvertrag einen Pachtvertrag. Der Pächter ist in der Regel eine weitere juristische Person, die dem Verkäufer bekannt ist. Mit dem Kaufvertrag weisen die Käufer/Anleger die Verkäufer an, die Photovoltaikanlage direkt an die Pächterin zu übergeben.

Die Pächterin (C) zahlt dem Anleger einen monatlichen Pachtzins. Der Anleger muss von dem erhaltenen Pachtzins die Mehrwertsteuer abführen. Es ist in der Regel eine Pachtdauer zwischen 18 und 20 Jahren vereinbart. Nach Ablauf der Pachtzeit hat der Pächter die Möglichkeit die Pachtanlage von dem Anleger zu kaufen. Der Pachtzins dient in der Regel der dem Kapitaldienst eines Darlehens, welches zur Finanzierung der Kapitalanlage aufgenommen wurde.

Da die Anleger mit diesem Kapitalanlagemodell gewerbliche Einnahmen erzielen, unterliegen die eingenommenen Pachteinnahmen der Umsatzsteuer und diese müssen durch den Anleger abgeführt werden. Zugleich kann der Anleger jedoch bei Erwerb der Anlage die Vorsteuer, die auf den Kaufpreis entfällt, von dem Finanzamt zurückverlangen. Jedenfalls haben viele Anleger versucht dieses so zu praktizieren. Leider lehnten die Finanzämter den Vorsteuerabzug mit der Begründung ab, dass die Verpachtung der Photovoltaikanlage keine selbstständige unternehmerische Tätigkeit sei und daher die Vorsteuer nicht erstattet wird.

Begründet wurde dieses damit, dass die Finanzämter darauf abstellen, dass den Anlegern keine Verfügungsmacht im Rahmen des Erwerbs eingeräumt worden sei. Der BGH hat dieses nunmehr zu Gunsten der Anleger mit Urteil vom 09.09.2015 – XI R 21/13 entschieden.

Was bedeutet dieses für die Anleger?

Der BGH hat die erstinstanzlichen Urteile der Finanzgerichte aufgehoben und entschieden, dass die Finanzgerichte zu Unrecht davon ausgegangen sind, dass eine Lieferung im umsatzsteuerrechtlichen Sinn eine unmittelbare Zugriffsmöglichkeit des Erwerbers voraussetzt. Die Finanzämter hatten mit dieser Begründung den Vorsteuerabzug versagt.

Der BGH begründet seine Entscheidung weiterhin damit, dass der unionsrechtliche Begriff „Lieferung von Gegenständen“ sich nicht auf die Eigentumsübertragung, in den durch das anwendbare nationale Recht vorgesehenen Formen bezieht. Er (der Begriff) umfasst jede Übertragung eines körperlichen Gegenstandes durch eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand so zu verfügen, als wäre sie Eigentümer.

Der EuGH stützt sich dabei auf die ständige Rechtsprechung, die mit diversen Urteilen geformt wurde. Der Bundesfinanzhof umschreibt den Vorgang Verschaffung der Verfügungsmacht, als Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag, ohne damit inhaltlich von der Rechtsprechung abzuweichen.

Eine Übertragung der Befugnis, wie ein Eigentümer über einen Gegenstand zu verfügen, kann dann auch vorliegen, wenn der dem zivilrechtlichen Eigentümer zustehende Herausgabeanspruch wertlos ist oder der Eigentümer dem Abnehmer den Gegenstand auf sonstige Weise zuwendet.

Ob die Verfügungsmacht in diesem Sinne übertragen wird, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des Einzelfalls. Maßgebend sind die konkreten vertraglichen Vereinbarungen und deren tatsächliche Durchführung unter Berücksichtigung der Interessenlage der Beteiligten. Diese ist vom nationalen Gericht festzustellen.

Entgegen der Rechtsansicht der Finanzgerichte ergibt sich aus diesen Grundsätzen jedoch nicht, dass eine unmittelbare Zugriffsmöglichkeit eine notwendige Voraussetzung für das Vorliegen einer Lieferung ist.

Der BGH stellt fest, dass eine Lieferung auch durch eine direkte Auslieferung an einen Dritten bewirkt werden kann. In diesem Fall hat der Käufer selbst keine unmittelbare Zugriffsmöglichkeit auf den Liefergegenstand. Diese unmittelbare Zugriffsmöglichkeit als Voraussetzung für den Vorsteuerauszug ergibt sich weder aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes noch des Bundesfinanzhofes.

Wir haben für unsere Mandanten, die den Vorsteuerabzug geltend gemacht haben und denen die Finanzämter den Vorsteuerabzug versagt haben, Einspruch gegen die Bescheide des Finanzamtes eingelegt.

Die finanzgerichtlichen Verfahren ruhten bis zu einer Entscheidung des BFH. Nach dem diese nunmehr vorliegt, müssen die Finanzgerichte feststellen, ob die Pächterin, die ursprüngliche Eigentümerin war und ob sie zu keinem Zeitpunkt die Verfügungsmacht verloren hat. Dann ist der Vorsteuerabzug zu versagen.

Darüber hinaus müssen die Finanzgerichte feststellen, ob die Leistungen der Kläger/Anleger ein Finanzierungsleasing darstellen. Dieses würde auch zum Versagen des Vorsteuerabzugs führen.

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Anwaltskanzlei Bontschev

Rechtsanwältin Kerstin Bontschev

Fachanwältin für Steuerrecht

Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht


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