Kapitalanleger-Musterverfahren gegen Porsche

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OLG Stuttgart lehnt Durchführung eines Kapitalanleger-Musterverfahrens gegen Porsche ab

Das mit Vorlagebeschluss des Landgerichts Stuttgart vom 28.02.2017 eingeleitete Kapitalanleger-Musterverfahren vor dem Oberlandesgericht Stuttgart gegen die Porsche Automobil Holding SE (PSE) und die Volkswagen AG ist unzulässig. 

Das OLG hat am 27.03.2019 entschieden, dass derzeit kein Musterverfahren durchgeführt werden kann. Grund sei die Sperrwirkung eines früher eingeleiteten Musterverfahrens, in dem vergleichbare Vorwürfe geklärt werden sollen.

Was wurde eingeklagt?

In den Jahren 2016 und 2017 gingen eine Vielzahl von Schadenersatzklagen von Aktionären beim LG Stuttgart ein, die Porsche vorwarfen, sogenannte Ad-hoc-Meldungen zu den seit 2008 verwendeten Abschalteinrichtungen in Fahrzeugen des VW-Konzerns unterlassen zu haben. 

Die Kläger hätten aufgrund der unterlassenen Mitteilungen über die kursrelevanten Vorgänge um den Diesel-Abgasskandal und seine Aufklärung in den Jahren 2014/2015 Aktien zu teuer erworben, sodass Kursdifferenzschäden von bis zu einer Milliarde Euro eingetreten seien.

Zu diesen Fragestellungen hatte das Landgericht im Mai 2017 dem OLG Stuttgart einen im Bundesanzeiger veröffentlichten Vorlagebeschluss vom 28.02.2017 vorgelegt. 

Darin wurde insbesondere die Frage aufgeworfen, inwieweit Porsche als Holding und Mehrheitsgesellschafterin neben VW wegen dieser Vorgänge im Unternehmen der VW-AG selbstständig ad-hoc-pflichtig sei und inwieweit Kenntnisse im VW-Konzern, insbesondere beim damaligen Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn, damals zugleich Vorstandsvorsitzender bei der PSE, auch der PSE zugerechnet werden können.

Warum wurde die Klage nicht zugelassen?

Bereits 2016 wurde mit einem Vorlagebeschluss des LG Braunschweig wegen zahlreicher Klagen gegen die Volkswagen AG ein Musterverfahren vor dem OLG Braunschweig eingeleitet, in dem vergleichbare Vorwürfe geklärt werden sollen, dass auch die VW-AG unter anderem gebotene Ad-hoc-Mitteilungen über diese Vorgänge unterlassen habe. 

Damit war die schon von den Parteien in den Stuttgarter Prozessen und vom LG erörterte Frage aufgeworfen, ob der Durchführung des Musterverfahrens vor dem OLG Stuttgart die im Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz (KapMuG) angeordnete Sperrwirkung eines früher eingeleiteten Musterverfahrens entgegensteht.

Nach den §§ 7, 8 KapMuG kann kein zweites Musterverfahren eingeleitet werden, wenn die Ausgangsprozesse bereits im Hinblick auf die in einem anhängigen Musterverfahren zu klärenden Fragen, sogenannte Feststellungsziele, auszusetzen wären, weil diese Fragen auch für die Entscheidung in den weiteren Ausgangsprozessen relevant sind.

Das OLG Braunschweig hatte hierüber bereits 2018 entschieden. Daher hat jetzt auch das OLG Stuttgart entschieden, dass die Ausgangsverfahren vor dem LG Stuttgart bereits im Hinblick auf das Braunschweiger Musterverfahren auszusetzen wären und deshalb die Durchführung eines weiteren Musterverfahrens gesperrt ist. 

Das OLG Stuttgart führt an, dass das KapMuG eine Bündelung der Verfahren bezwecke, um sich widersprechende Entscheidungen und doppelten Aufwand etwa für eine Beweisaufnahme zu vermeiden. 

Dies gelte unabhängig davon, dass es in den Verfahren in Stuttgart und Braunschweig um Ad-hoc-Mitteilungen in Bezug auf unterschiedliche Wertpapiere zweier Emittenten (PSE und VW) geht. 

Bei beiden sei der Lebenssachverhalt jedenfalls insoweit identisch, als es einheitlich um die klärungsbedürftigen Vorgänge im Unternehmen der VW-AG gehe und dazu dieselben Rechtsfragen zu beantworten seien. 

Wie sieht es mit weiteren Verfahren aus?

In zwei weiteren Verfahren, in denen ausschließlich Fragen zur örtlichen Zuständigkeit für Anleger-Klagen gegen VW und PSE vorgelegt waren, hat der Senat ebenfalls mit Beschlüssen vom 27.03.2019 die Durchführung zusätzlicher Musterverfahren wegen der Sperrwirkung durch das Braunschweiger Musterverfahren für unzulässig erklärt. 


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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