Kaufvorvertrag – mehr Sicherheit für den Käufer beim Immobilienkauf – Thema: Neubau

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Ein Immobilienkauf in Italien (aufgrund der starken Bürokratie und den häufig neuen Gesetzen, Dekreten und Vorschriften) sollte stets gut überlegt sein. Zahlreiche wichtige Punkte sollten vor Unterzeichnung irgendeiner zwingenden Vereinbarung – vor allem wenn die andere Vertragspartei nicht dieselbe Sprache spricht und nicht vom Fach ist – geprüft und geklärt werden. Es ist ratsam sich durch kompetente Beratung (Anwalt) rechtlich abzusichern. 

Kaufvorvertrag 

Sowohl Verkäufer als auch Käufer streben den raschen Abschluss eines Kaufvertrages („rogito notarile“) an. Der Abschluss eines gut formulierten Kaufvorvertrages schafft ein erhöhtes Maß an Sicherheit für beide Parteien. Dieser ist bindend bzw. rechtsverbindlich für beide Parteien, das heißt, der Käufer verpflichtet sich, die Immobilie zu kaufen und der Verkäufer verpflichtet sich, das versprochene Kaufobjekt an den Käufer zu verkaufen. Die meisten Kaufvorverträge werden in schriftlicher Form (Privatschrift) erstellt und unterschrieben, weil eine notarielle Beurkundung des Vorvertrages gesetzlich nicht zwingend erforderlich ist Eine Beurkundung wäre aber wünschenswert, da in diesem Falle eine Eintragung („trascrizione“) des Kaufvorvertrages in die öffentlichen Register möglich ist, mit allen damit verbundenen Schutzwirkungen und -maßnahmen gegenüber Dritten. 

Wann ist die Eintragung (Umschreibung) eines Vorvertrages ratsam? 

  • Wenn der Verkäufer ein Unternehmen ist.
  • Wenn in der Zeitspanne zwischen Unterzeichnung eines Kaufvorvertrages („contratto preliminare di compravendita“) und des notariellen Kaufvertrages („rogito notarile“) Umstrukturierungsarbeiten durchgeführt, Finanzierungen, Baugenehmigungen oder Lizenzen beantragt werden müssen. 
  • Wenn zwischen Kaufvorvertrag und Kaufurkunde viel Zeit vergeht.
  • Wenn ein hohes Angeld zur Bestätigung („caparra confirmatoria“) seitens des Käufers geleistet werden muss.

Kauf eines Neubaus (einer zu errichtenden Immobilie) 

Wie bekannt wurde im Jahre 2005 in Italien das Gesetzesdekret Nr. 122/2005 eingeführt. Zweck dieses Dekretes ist jener, den Käufer, welcher neue Kaufobjekte erwerben will, als schwache Vertragspartei zu schützen. Dem Käufer (Privatperson) wird durch den Erlass einer Bürgschaft gewährleistet alle bezahlten Beträge zurückzuerlangen, die er an den Bauträger (Verkäufer) bezahlt hat, falls dieser in eine Krisensituation gerät (und folglich nicht imstande ist die erhaltenen Geldbeträge – Anzahlungen- zurückzubezahlen); in anderen Worten, eine Sicherstellung aller Beträge und jedenfalls aller Gegenleistungen, die er bis zum Zeitpunkt der Übertragung des Eigentums oder eines anderen dinglichen Nutzungsrechtes, kassiert und erhält. Das o. g. Gesetzesdekret hat den Käufer aber nur unter bestimmten Umständen abgesichert, da das Gesetz vom Verkäufer leicht umgangen werden konnte. Dem wollte man nun ein Ende setzen. 

Gesetzesvertretende Dekret Nr. 14/2019 (kurz „Dekret 14“ genannt)

Das Dekret 14 sichert nun den Käufer beim Kauf einer zu errichten Liegenschaft (Neubau) stark ab, da jeder Kaufvorvertrag zwischen Verkäufer (Bauunternehmen) und Käufer (Privatperson) gesetzlich zwingend in Form einer notariellen Urkunde oder einer notariellen Beglaubigung erfolgen muss. Der Notar hat die Aufgabe die vom Verkäufer erlassene Bürgschaft zu prüfen und zu bescheinigen. Die Bürgschaft muss einem vom Ministerium erlassenen Standardtext entsprechen. Ohne Bürgschaft ist der Abschluss des Vertrages durch den Notar nicht möglich. Die Bürgschaft sichert dem Käufer die Rückerstattung aller bezahlten Beträge zu auch wenn ihm die zehnjährige Versicherungspolizze zur Abdeckung der Haftpflicht (Gewährleistung für die Schadensersatzleistung in Folge von materiellen und direkten Schäden an der Immobilie) nicht ausgehändigt wurde. 

Wann findet das Dekret 14 Anwendung? 

Das Dekret findet auf alle Verträge (Vorvertrag und Kaufurkunde) Anwendung, welche zu errichtende Liegenschaften zum Gegenstand haben, wofür die Baukonzession (Baugenehmigung, SCIA/DIA) ab dem Zeitpunkt des 16. März 2019 vom Verkäufer beantragt und eingereicht wurde.

Ist die Bürgschaft fällig?

Die Bürgschaft ist gültig bis die Bank oder Versicherung, welche sie ausgestellt hat, die beglaubigte Kopie des Kaufvertrages des zu errichtenden Kaufobjektes und die zehnjährige Versicherungspolizze nicht erhalten hat. 

Weitere Vorteile des von Notar beglaubigten Kaufvorvertrages

Ab und mit Unterzeichnung des Kaufvorvertrages werden alle notwendigen Prüfungen und Recherchen durchgeführt (ob Hypotheken oder andere Belastungen, Vinkulierungen, etc. gegeben sind). Weiteres ist der Notar verpflichtet den Kaufvorvertrag ins Grundbuch (Immobiliarregister) zu übertragen, was für den Käufer eine weitere Absicherung darstellt. Der Käufer wird somit vor nachträglichen Eintragungen von Hypotheken geschützt (sofern die Kaufurkunde innerhalb von 3 Jahren vollzogen wird). 

Was muss der Vorvertrag beinhalten?

  • Erlass der Bürgschaft und Bescheinigung, dass diese dem vom Ministerium erlassenen Standard und Kriterien entspricht.
  • Beschreibung des Kaufobjektes, Grenzen und Zubehörteile („pertinenze“).
  • Angabe von etwaigen Hypotheken, Lasten, Vinkulierungen oder belastenden Eintragungen („trascrizioni pregiudizievoli“).
  • Frist für die Fertigstellung der Arbeiten, Kaufpreis und Zahlungsbedingungen.
  • Angabe des Bauunternehmens und die Eckdaten der jeweiligen Baukonzession.
  • Technische Beschreibung des Kaufobjektes, Projekt und Beschreibung des verwendeten Materials.

Ist der Käufer auch bei Abschluss der notariellen Urkunde abgesichert? 

Bei Unterzeichnung der Kaufurkunde ist das Bauunternehmen (Verkäufer) verpflichtet dem Käufer (Privatperson) eine zehnjährige Versicherungspolizze für die Abdeckung von materiellen Schäden an der Immobilie (welche z. B. durch schwerwiegende Baumängel, Konstruktionsfehler verursacht wurden und die Funktionalität und Tragfähigkeit der Immobilie beeinflussen und beeinträchtigen können) zu übergeben. Falls diese Polizze vom Verkäufer nicht vorgelegt wird, kann sich der Notar weigern den Kaufvertrag zu beurkunden und der Käufer, welcher berechtigt ist zurückzutreten, kann vom Unternehmen oder von der Bank (welche die Bürgschaft erlassen hat) die Rückerstattung der bezahlten Beträge geltend machen (ggf. auch gerichtlich). 

Welche Folgen, wenn das Dekret 14 von den Vertragsparteien nicht angewandt und respektiert wird? 

Falls der Kaufvorvertrag einer zu errichtenden Immobilie (Neubau) nicht notariell beurkundet oder beglaubigt wird ist dieser null und nichtig. Es handelt sich um eine s.g. „relative Nichtigkeit“, d. h., damit der Vertrag nichtig erklärt wird, muss der Käufer diese Nichtigkeit geltend machen. Durch die Anwesenheit und Beurkundung des Vorvertrages durch einen Notar wird die Übergabe der Bürgschaft und der zehnjährigen Versicherungspolizze (bei Abschluss des definitiven Kaufvertrages) zugesichert. Diese Daten müssen in den Vertrag eingefügt werden. 

Was tun also? 

Die notarielle Beurkundung oder Beglaubigung des Kaufvorvertrages eines zu errichtenden Kaufobjektes war vor Inkrafttreten des Dekretes 14 für die Parteien eine Möglichkeit. Heute ist es eine Pflicht! Es ist jedenfalls ratsam kompetente Beratung (zweisprachiger Anwalt) in Anspruch zu nehmen, welcher die notwendigen Prüfungen und Recherchen durchführt, z. B. mit der Bank für den Erlass der Bürgschaft Kontakt aufnimmt und alles für eine saubere und korrekte Abwicklung der notariellen Beurkundung des Vorvertrages vorbereitet und umsetzt. Weiteres ist es empfehlenswert sich an einen Baufachmann oder einen lokalen Geometer für die technischen und urbanistischen und verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten zu wenden. 

Fazit

Auch wenn der Immobilienkauf in Italien auf dem ersten Blick etwas kompliziert klingen mag: mit diesem neuen Gesetz (Dekret Nr. 14/2019) und dem richtigen vertrauenswürdigen Experten an Ihrer Seite, ist diese gewinnbringende Investition in der Praxis kein großes Problem. Dem Immobilienglück im schönen Italien steht also nichts im Wege.

Der Kauf einer zu errichtenden Immobilie stellt sich nach Inkrafttreten des Dekretes 14 vielleicht sogar besser und sicherer als der Kauf eines Altbaus dar. Es geht von sich, dass es für den Käufer eine Frage des Kaufpreises ist, aber auf die Länge (auch aufgrund der neuesten Technologie, der Baumaterialen und der hochspezialisierten und kostensparenden Anlagen, welche beim Bau einer Immobilie verwendet werden) lohnt es sich vielleicht trotzdem aus.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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