Keine Angst vor dem Sozialamt - Regress von den erwerbsfähigen Kindern für Heimkosten der Eltern?

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Bei Unterhaltsstreitigkeiten geht es nicht immer nur um Ansprüche der Kinder gegen ihre Eltern, sondern auch umgekehrt: Kinder sollen für ihre Eltern zahlen, zum Beispiel ungedeckte Heimkosten, da die eigenen Einkünfte der Eltern nicht ausreichen.

Befindet sich ein Elternteil im Pflegeheim und existiert kein Ehegatte dauert es oft nicht lange und schon erhält das Kind vom Sozialamt einen mehrseitigen Fragebogen, Auskunft über sein Einkommen zu erteilen, um prüfen zu können, ob das Kind den ungedeckten Anteil an den Heimkosten zahlen muss. Die Auskunft muss durch das Kind erteilt werden, wobei ein verheiratetes Kind darauf achten sollte, nicht „automatisch“ Auskunft über das Einkommen seines Ehegatten zu erteilen. Daher ist Vorsicht geboten bei voreiliger Auskunft des Ehegatten des unterhaltspflichtigen Kindes gegenüber dem Sozialamt.

Nach erteilter Auskunft ist nicht selten die dann daraufhin vorgenommene Berechnung des Sozialamtes unvollständig oder sogar falsch. Oft wird durch das Sozialamt nicht der höhere Selbstbehalt des Kindes gegenüber seinen Eltern berücksichtigt, der zur Zeit 1.800 € beträgt. Denn der BGH stellt allgemein fest, dass der Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Kindes so zu bemessen sei, dass es nicht zu einer übermäßigen und lang anhaltenden Einschränkung der eigenen Lebensverhältnisse kommt. Dies wird damit begründet, dass sich die Kinder in der Regel in ihrer Lebensplanung nicht von vornherein darauf einstellen können, dass ihre Eltern im Alter noch einmal unterhaltsbedürftig werden. Lebt aber das volljährige Kind mit einem Partner in Hausgemeinschaft, welcher eigener Einkünfte erzielt, wird dann eine so genannte Haushaltsersparnis zur Reduzierung des Selbstbehalts in Ansatz gebracht.

Aber berücksichtigt das Sozialamt z.B. angemessene Kosten für die eigene Altersvorsorge, den Notgroschen, Rücklagen für Ersatzbeschaffungen oder Rücklagen zur Finanzierung einer künftigen Ausbildung der Kinder als Schonvermögen? Allein bei der Berechnung des Vermögens und des Selbstbehaltes besteht somit schon großes – wenn nicht sogar das größte – Streitpotential.

Oft prüft das Sozialamt auch nicht den behaupteten Unterhaltsbedarf des Elternteils. Generell kann das unterhaltspflichtige Kind erwarten, dass ein kostengünstiges Heim ausgesucht wird, denn Maßstab hierfür sind nicht nur Preisvergleiche, insbesondere auch die früheren Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Berechtigten. Dies kann letztlich auch dazu führen, dass der Elternteil in ein billigeres Heim umziehen muss verbunden mit einem niedrigeren Wohnstandard.

Ferner ist zu prüfen, ob der Elternteil alle möglichen Forderungen gegen Dritte, wie zum Beispiel gegen die Pflegeversicherung oder Zahlung der Grundsicherung nach dem SGB XII oder Zahlung von Wohngeld ausgeschöpft hat. Ist dies nicht der Fall, kann daraus ein fiktives Einkommen des Elternteil ermittelt werden.

Und kann auch der Einwand vorgebracht werden, dass die Bedürftigkeit der Eltern von ihnen selbst verschuldet worden ist? – Ja! Sicherlich reicht im Falle von Krankheiten eine vorherige ungesunde Lebensweise noch nicht aus, aber was ist z.B. bei Drogenmissbrauch, Alkoholismus oder auch schwerstem Übergewicht.

Das Sozialamt berücksichtigt oft auch nicht, wenn die Eltern vom in Anspruch genommenen Kind gepflegt werden. Das kann auch noch nach der Unterbringung in einem Pflegeheim der Fall sein. Tatsächlich vermindern Pflegeleistungen die eigene Leistungsfähigkeit. Die konkrete Bewertung ist jedoch immer eine Frage des Einzelfalls.

Nicht außer Acht zu lassen ist auch die Möglichkeit des unterhaltspflichtigen Kindes zur Rückforderung von Geschenken wegen Notbedarf gemäß § 528 BGB.

Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass jeder Einzelfall konkret zu bewerten und anwaltlicher Rat durchaus angebracht ist.

Rechtsanwältin Grit Koschinski


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