Keine Haftung für irreführende Kundenbewertungen bei Online-Handelsplattform

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Amazon und Kundenbewertungen

Neues Urteil des I. Senat beim BGH im Wettbewerbsrecht: Den Anbieter eines auf der Online-Handelsplattform Amazon angebotenen Produkts trifft grundsätzlich keine wettbewerbsrechtliche Haftung für Kundenbewertungen des Produkts. In dem Fall ging es um Äußerungen zu einem Kinesiologie-Tape.

Ein Unterlassungsanspruch des Klägers ergebe sich nicht aus § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 und Satz 2 HWG, die Werbung für Medizinprodukte mit irreführenden Äußerungen Dritter verbietet. 

Kundenbewertungen sind einerseits irreführend

Die Kundenbewertungen stellen nach Feststellungen des I. Senats beim BGH zwar irreführende Äußerungen Dritter dar. Denn die behauptete Schmerzlinderung durch Kinesiologie-Tapes sei medizinisch nicht gesichert nachweisbar. 

Aber keine zurechenbare Werbehandlung

Die Beklagte selbst habe mit der Kundenbewertung aber nicht geworben. Schon nach den vom BGH bestätigten Feststellungen des Berufungsgerichts hat sie weder selbst aktiv mit den Bewertungen geworben oder diese veranlasst, noch hat sie sich die Kundenbewertungen zu eigen gemacht, indem sie die inhaltliche Verantwortung dafür übernommen hat. 

Trennung von Kundenbewertungen und Angebot bei Amazon

Denn die Kundenbewertungen sind als solche gekennzeichnet, finden sich bei Amazon getrennt vom Angebot der Beklagten und werden von den Nutzerinnen und Nutzern nicht der Sphäre der Beklagten als Verkäuferin zugerechnet. 

Keine Haftung für unterbleibende Verhinderung irreführender Bewertungen

Die Beklagte treffe auch keine Rechtspflicht, eine Irreführung durch die Kundenbewertungen gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Fall 2 Nr. 1 UWG zu verhindern. Durch ihr Angebot auf Amazon werde keine Garantenstellung zugunsten der Verbraucher begründet. Von ausschlaggebender Bedeutung sei dabei, dass Kundenbewertungssysteme auf Online-Marktplätzen gesellschaftlich erwünscht sind und verfassungsrechtlichen Schutz genießen. 

Das Interesse von Verbraucherinnen und Verbrauchern, sich zu Produkten zu äußern und sich vor dem Kauf über Eigenschaften, Vorzüge und Nachteile eines Produkts aus verschiedenen Quellen, zu denen auch Bewertungen anderer Kunden gehören, zu informieren oder auszutauschen, werde durch das Grundrecht der Meinungs- und Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. 

Abwägung zwischen öffentlicher Gesundheit und Meinungs- und Informationsfreiheit

Einer Abwägung mit dem Rechtsgut der öffentlichen Gesundheit, die als Gemeinschaftsgut von hohem Rang einen Eingriff in dieses Grundrecht rechtfertigen könnte, bedarf es hier nicht, weil Anhaltspunkten für eine Gesundheitsgefährdung bei dem Angebot von Kinesiologie-Tapes fehlen. 

BGH, Urteil vom 20. Februar 2020 – I ZR 193/18; https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/2020021.html?nn=10690868

Ansprechpartner für Arbeitsrecht und Wettbewerbsverbot

Sie haben Fragen zum Thema Onlinevertrieb und Wettbewerbsrecht? Ansprechpartner bei Brink und Partner hierfür ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtschutz Jochen- P. Kunze



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