Keylogger-Arbeitnehmer-Überwachung ist in der Regel unzulässig

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Der Einsatz einer Überwachungssoftware, mit der sämtliche Tastatureingaben auf einem dienstlich genutzten Computer aufgezeichnet werden, kann einen Verstoß gegen die informationelle Selbstbestimmung des Arbeitgebers darstellen (vgl. Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 27.7.2017 – 2 AZR 681/16).

Der von uns in den Ausgangsinstanzen vor dem Arbeitsgericht Herne sowie dem Landesarbeitsgericht Hamm (Urteil vom 17.06.2016 – 16 Sa 1711/15) betreute Arbeitnehmer war seit dem Jahre 2011 als Web-Entwickler bei einem Unternehmen beschäftigt. Im April 2015 wandte sich der Arbeitgeber via E-Mail an die Belegschaft und kündigte an, dass ab sofort der gesamte „Internet-Traffic“ und die Benutzung der WLAN- Systeme mitgeloggt werde. Begründet wurde dieser Schritt durch den Arbeitgeber mit der künftigen Bereitstellung eines neuen Netzwerks. Tatsächlich wurde dann einzig auf dem Dienst-PC eines Arbeitnehmers ein Keylogger installiert, mit dem nicht nur die Internetaktivitäten kontrolliert, sondern sämtliche Tastatureingaben erfasst und dauerhaft gespeichert wurden. Zudem wurden in regelmäßigen Abständen Bildschirm-Screenshots erfasst.

Nach Auswertung der mittels Keylogger gewonnenen Daten wurde der Arbeitnehmer im Vorfeld des Ausspruchs einer Kündigung durch den Arbeitgeber angehört. Auf schriftliche Nachfrage gab der Arbeitnehmer an, dass er neben der Programmierung eines Computerspiels auch teilweise den E-Mail-Verkehr für das Transportunternehmen seines Vaters (mit)abgewickelt habe. Die nicht dienstliche Nutzung des PCs sei – so die Darstellung des Klägers – hingegen nur von geringem Umfang gewesen und habe in der Regel während der Pausen stattgefunden.

Aus Sicht des Arbeitgebers hatten die mit der Totalüberwachung erfassten Daten jedoch eine deutlich umfangreichere Privatnutzung des Dienst–PCs während der Arbeitszeit belegt, mit der Folge, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt hat.

Kündigung unwirksam – Der Einsatz des Keyloggers war unzulässig

Die Kündigung war nach Auffassung des Arbeitsgerichts Herne (Urteil vom 14.10.2015- 6 Ca 1789/15) sowie des Landesarbeitsgerichts Hamm (Urteil vom 17.06.2016 – 16 Sa 1711/15) unwirksam. Es wäre dem Arbeitgeber möglich gewesen, seine Erkenntnisse über den Arbeitnehmer durch Einsatz eines milderen Mittels abzuschöpfen. Insbesondere hätte es bereits ausreichend sein können, den Arbeitnehmer im Beisein des Arbeitgebers die auf dem Dienstrechner gespeicherten Daten offen zu legen.

Eine wegweisende Entscheidung des BAG

Das BAG hat diese Auffassung der Vorinstanzen nunmehr bestätigt. Danach sind datenschutzwidrig erlangte Beweise in der Regel nicht verwertbar. Der Einsatz eines Keyloggers, der zur Aufklärung von Compliance-Verstößen und sonstiger Verdachtsmomente bzgl. rechtswidrigen Verhaltens im Beschäftigungsverhältnis erfolgen soll, ist im Regelfall aufgrund des erheblichen Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht eines Arbeitnehmers nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG unzulässig.

Aber Achtung!

Ein durchaus erfreuliches Urteil für alle Arbeitnehmer, die eine Dauerüberwachung durch den Arbeitgeber zu befürchten haben. Jedoch stellt sich nicht immer die Überwachung eines Arbeitnehmers als unzulässig dar. Insbesondere kann eine Totalüberwachung mittels Keylogger dann gerechtfertigt sein, wenn das Interesse des Arbeitnehmers zur Sicherung von Beweismitteln dem Grundrecht des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung überwiegen wird. Dies kann der Fall sein, wenn es einen auf den Arbeitnehmer bezogenen, durch konkrete Tatsachen begründeten Verdacht einer Straftat oder anderer schwerwiegender Pflichtverletzungen gibt und alternative Informationsmöglichkeiten für den Arbeitgeber nicht (mehr) zugänglich sind. Unter diesen Voraussetzungen könnte der „verdächtigte“ Beschäftigte, nicht hingegen die gesamte Belegschaft, heimlich ausgeforscht werden. Bei Beobachtung mehrerer verdächtigter Arbeitnehmer wäre zudem das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 I, Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zu beachten.

RA Philipp Bartholomé, Dortmund

Kanzlei Bartholomé ° Goosmann ° Schwarzhoff

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