Klage vor dem Sozialgericht: wie läuft ein Verfahren ab?

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Widerspruch, Klage und Ermittlung des Sachverhalts - Verfahrensablauf vor dem Sozialgericht

Formelle verfahrensrechtliche Voraussetzung für eine Klage vor dem Sozialgericht ist, dass zuvor ein (administratives, nicht gerichtliches) Verwaltungsverfahren durchlaufen und aus Sicht des Betroffenen erfolglos abgeschlossen wurde. Grundlage ist hier das Einlegen eines Widerspruches gegen einen Bescheid der Behörde, zum Beispiel bei Ablehnung eines Antrags auf eine Pflegestufe oder auf einen Grad der Behinderung (GdB).

In einem sogenannten Widerspruchsverfahren (offiziell auch sozialgerichtliches Vorverfahren) überprüft die zuständige Behörde (zum Beispiel das Versorgungsamt, das Landesamt für soziale Dienste oder die Pflegeversicherung) den Bescheid. Ist der Widerspruch erfolgreich, sendet die Behörde dem Betroffenen einen sogenannten Abhilfebescheid zu.

Wird der Widerspruch hingegen abgelehnt, erhält der Betroffene einen Widerspruchsbescheid. In diesem Fall besteht die Möglichkeit einer Klage vor dem Sozialgericht, wenn der Betroffene die Entscheidung der Behörde nicht akzeptieren und anfechten möchte.

Notwendige Voraussetzungen einer Klage vor dem Sozialgericht

Für eine ordnungsgemäße Klage gelten bestimmte Anforderungen. Grundsätzlich muss die Klage in Schriftform innerhalb einer Frist von einem Monat nach Erhalt des Widerspruchsbescheides erhoben werden. Die Klage bzw. die Klageschrift muss zum einen Angaben zum Kläger (zum Beispiel pflegebedürftige und entsprechend versicherte Personen) und zum Beklagten (zum Beispiel Pflegeversicherung) enthalten. Zum anderen sind Angaben zum Gegenstand bzw. zum Inhalt der Klage erforderlich; es muss genau klar sein, warum der Kläger überhaupt klagt.

Diese genannten Bedingungen müssen bereits bei der Klageerhebung erfüllt sein und sind zwingende Voraussetzung. Weitere, für eine ordnungsgemäße Klage geltende, Anforderungen können gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Um die Klagefrist zu wahren, muss beim Sozialgericht lediglich zunächst die Klage mit der Nennung des beanstandeten Bescheids eingereicht werden.

Ermittlung des Sachverhaltes durch das Sozialgericht

Zur Klärung des Sachverhaltes lässt sich das Gericht alle relevanten Unterlagen zukommen. Speziell bei Klagen mit gesundheitlichem Bezug (zum Beispiel Pflegebedürftigkeit, (Schwer)Behinderung oder Erwerbsminderung) fordert das Gericht auch einen sogenannten medizinischen Klägerfragebogen an. Der Kläger muss hier unter anderem exakte Angaben zu seiner Erkrankung/ seinen Erkrankungen, zur Dauer der Behandlungen sowie zu den behandelnden Ärzten machen. Zudem holt das Gericht gegebenenfalls ein unabhängiges ärztliches Gutachten ein.

Das Verfahren kann hier bereits auf unterschiedliche Weise außergerichtlich beendet werden:

  • durch ein Anerkenntnis des Beklagten (der Pflegeversicherung oder dem Versorgungsamt/ dem Landesamt für soziale Dienste), dass der Anspruch des Klägers berechtigt ist, dieser also im Recht ist; nimmt der Kläger das Anerkenntnis an, ist das Verfahren beendet

  • durch einen Vergleich, wenn sich Kläger und Beklagte einvernehmlich einigen

  • durch eine Rücknahme der Klage durch den Kläger

Wird das Verfahren nicht vorzeitig beendet, kommt es zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht. Hier erläutert das Gericht bzw. der Richter zunächst den vorliegenden Sachverhalt einschließlich der Rechtslage. Anschließend können Kläger und Beklagter (Pflegebedürftiger und Pflegeversicherung usw.) ihre eigene Sicht der Dinge ausführen. Nach abschließender Antragsstellung der beteiligten Parteien (Klageantrag und Klageabweisungsantrag) erfolgt die Urteilsverkündung.

Das endgültige und ausführliche schriftliche Urteil einschließlich einer Rechtsmittelbelehrung, inwieweit bei einer höheren Instanz eine Berufung gegen das Urteil möglich ist, wird erst später zugestellt. Bei einer Berufung gegen das Urteil beginnt die Frist erst mit der Zustellung dieses endgültigen Urteils.

Wer muss für die Kosten des Sozialgerichtsverfahrens aufkommen?

Das ganze gerichtliche Verfahren einschließlich Klageerhebung ist unter anderem für Sozialversicherte, Empfänger von Sozialleistungen sowie für Menschen mit Behinderung gerichtskostenfrei. Voraussetzung ist, dass die genannten Personen auch in ihrer Eigenschaft als Sozialversicherte usw. am Gerichtsverfahren beteiligt sind; es fallen dann für sie keine Gerichtskosten an.

Möchte der Kläger einen Rechtsanwalt hinzuziehen, ist es unter Umständen möglich, einen Antrag auf Prozesskostenhilfe zu stellen. Bei Bewilligung der Prozesskostenhilfe werden die Rechtsanwaltskosten vom Staat übernommen. Abhängig von seinen finanziellen Verhältnissen bzw. seinem monatlichen Einkommen muss sich der Kläger allerdings gegebenenfalls an den Kosten beteiligen (zum Beispiel in Form von Ratenzahlungen).

Ein entsprechender Antrag mit zugehörigen Angaben über persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse ist dabei bereits bei Erhebung der Klage zu stellen.

Warum anwaltliche Hilfe bei einem Sozialgerichtsverfahren sinnvoll ist

Verständlicherweise fühlen sich Betroffene häufig nicht wohl dabei, eine Klage zu erheben bzw. ein Gerichtsverfahren durchzuführen. Allerdings sind Sozialgerichte gegenüber den berechtigten Belangen der Kläger grundsätzlich sehr offen und bemüht, den Kläger soweit wie möglich zu unterstützen. Wenn Sie dabei anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen wollen, raten wir Ihnen unbedingt, dies rechtzeitig zu tun – am besten schon im Rahmen des Widerspruchsverfahrens.

Unsere Anwaltskanzlei ist auf Sozialrecht (Pflege- und Schwerbehindertenrecht) spezialisiert und steht Ihnen gerne zur Seite, wenn Sie eine Klage vor dem Sozialgericht erheben möchten, beispielsweise aufgrund eines abgelehnten Antrages auf einen Pflegegrad oder auf einen Grad der Behinderung (GdB). Wir unterstützen Sie während des gesamten Verfahrens, beginnend mit dem Widerspruchsverfahren und legen für Sie bereits Widerspruch ein.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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